London (dpa) - Ein Pensionär sieht anders aus: Das Leoparden-Jackett sitzt, die blondierten Haare sind verstrubbelt, und sein Markenzeichen - die Reibeisenstimme - verführt wie eh und je. An diesen Freitag (10. Januar) feiert Rod Stewart seinen 75. Geburtstag.
Einige ereignisreiche Monate liegen hinter ihm: Im September sprach er zum ersten Mal öffentlich über seinen Prostatakrebs, als klar war, dass er die Krankheit besiegt hatte. Im November veröffentlichte er seine Greatest-Hits-Sammlung »You're In My Heart« mit Balladen wie »Sailing« und »I Don't Want To Talk About It«. »Es sind die Originalsongs, veredelt durch das Royal Philharmonic Orchestra«, sagte Stewart der Deutschen Presse-Agentur. Und seither ist Sir Rod der älteste Solokünstler mit einem Nummer-Eins-Album in den britischen Charts.
Geboren wurde Stewart in Nordlondon, mit einem schottischen Klempner und Fußballfan als Vater. Der junge Rod war das Nesthäkchen einer großen Familie und hatte zwei Talente: Singen und Fußball. Seinem Vater zuliebe versuchte er sich sogar an einer Karriere als Profi-Fußballer. »Ich war der letzte (Sohn), also habe ich es versucht, aber ich war nicht gut genug«, sagte er »Rolling Stone«. Stattdessen spielte und sang er in den unterschiedlichsten Bands, bis er schließlich bei der Jeff Beck Group landete und 1969 Leadsänger der (Small) Faces wurde. Im selben Jahr legte er sein erstes Soloalbum »An Old Raincoat Won’t Ever Let You Down« vor. Der große Durchbruch gelang ihm 1971 mit der Single »Maggie May«, Stewarts erstem großen Hit als Solokünstler.
Rod Stewart genoss die 70er Jahre in vollen Zügen, im rosa Satinanzug und Lamborghini. »Frauen warfen sich buchstäblich an The Faces ran, weil wir süß und britisch waren«, erinnerte er sich im Musikmagazin »NME«. »Ich und Ronnie (Wood) hatten nach einer Weile genug vom Sex, und wir waren erst Anfang 20.« Er führte das Rockstar-Leben, von dem andere nur träumten: Partys rund um die Uhr, mit stets blonden und wesentlich jüngeren Supermodels, Schauspielerinnen und Playboy-Häschen am Arm.
Angeblich flog der Celtic-Fan sogar einmal von Los Angeles nach Dublin, um die schottische Fußballmannschaft nicht im Fernsehen zu verpassen. Natürlich nahm er Drogen und trank, aber nie so extrem, dass seine Karriere darunter gelitten hätte. Stewart hält sich seit 30 Jahren mit einem privaten Trainer fit. Er schwimme viel und wiege wieder soviel wie vor zwölf Jahren, sagte er stolz »Women's Own«. Vor vier Jahren schlug ihn die Queen zum Ritter.
Denn inzwischen ist er solide geworden: Rod Stewart genießt mit Ehefrau Nummer Drei, dem Ex-Model Penny Lancaster, und ihren beiden gemeinsamen Kindern seinen Wohlstand, den die »Sunday Times« auf 190 Millionen Pfund schätzt. Er besitzt unter anderem ein Herrenhaus in Essex und ein Anwesen in Beverly Hills. Doch selbst das ist einem englischen Landsitz nachempfunden und heißt - nach seinem Lieblingsverein - Celtic House. Ein gesamtes Stockwerk ist für seine Modelleisenbahn reserviert. Stewart werkelt seit 23 Jahren an der realistischen Szenerie, die an das New York und Chicago von 1945 erinnert: »Ich habe das Bauen mehr genossen als das Fahren«, verriet er der BBC.
Und er behält seine englischen Angewohnheiten bei, selbst im sonnigen Kalifornien: »Jeden Tag um vier Uhr müssen wir unseren Tee trinken«, sagte er »Architectural Digest«. »Wir machen keine Gurken-Sandwiches und so weiter. Aber wir essen einen Keks.« Stewart hat außerdem sechs erwachsene Kinder aus vier weiteren Beziehungen. Da er während deren Kindheit so häufig weg war, tourt er nur noch, wenn seine beiden kleinen Kinder Schulferien haben.
Aufhören? Daran denke er noch lange nicht. »Zu viele Kinder«, erklärte er lachend auf BBC Radio 2. Im Frühjahr und Herbst wird er wieder im Caesar's Palace in Las Vegas auftreten. »Ich mache das jetzt seit sieben Jahren«, sagte er der BBC. »Es ist so intim, dass es keinen schlechten Platz im Haus gibt. Der Sound ist fantastisch und es ist wunderbar. Ich will dort für immer bleiben.«
Anschließend wird er in Australien touren. »Wir müssen uns alle früher oder später zur Ruhe setzen, aber davon bin ich im Moment sicherlich noch weit entfernt«, sagte er »Rolling Stone«. »Ich habe zu viel Spaß!«