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»Glückwunsch zum Überleben«: Neues Libertines-Album

Die Libertines um Pete Doherty sind längst so etwas wie die Elder Statesmen des britischen Indie-Rock. Kaum zu glauben eigentlich, dass ihr neues Album erst ihr viertes ist.

The Libertines
Pete Doherty (l) und Carl Barrat von den Libertines beim Glastonbury Festival 2022. Foto: Yui Mok/DPA
Pete Doherty (l) und Carl Barrat von den Libertines beim Glastonbury Festival 2022.
Foto: Yui Mok/DPA

2015 legten die Libertines mit »Anthems for Doomed Youth« ihr Comeback-Album hin. Neun Jahre hat es gedauert bis zum nächsten: An diesem Freitag (5. April) kommt »All Quiet On The Eastern Esplanade« auf den Markt, die zweite Studio-Platte der Band seit ihrer Wiedervereinigung und erst ihre vierte überhaupt.

Kaum vorstellbar eigentlich bei der legendären, zeitweise sagenumwobenen Band, deren Mitglieder inzwischen so etwas wie die Elder Statesmen des britischen Indie-Rock geworden sind.

Nach Jahren voller Eskapaden wurde es ruhiger

Zu sehr haben die Eskapaden von Frontmann Pete Doherty, seine Beziehung zu Kate Moss, seine Affären und Drogenabstürze und die Auseinandersetzungen mit seinem Bandkollegen Carl Barât die britische Popkultur über Jahre geprägt.

Inzwischen ist es vergleichsweise ruhiger geworden - vor allem um Doherty, das ewige enfant terrible, der inzwischen auch als Maler arbeitet, clean geworden sein soll und sich mit Frau und Kind in ein ruhiges Familienleben in Frankreich zurückgezogen hat. Dort futterte der Musiker sich - nach eigenen Angaben mit viel Käse - eine ganz neue Figur an und womöglich auch Diabetes.

Bei Doherty wurde Diabetes diagnostiziert

»Ich bin ein Vielfraß. Das ist kein Scherz. Bei mir wurde Typ-2-Diabetes diagnostiziert«, sagte der 45-Jährige kürzlich in einem Interview mit dem britischen »Guardian«. Momentan fehle ihm aber die Disziplin, seinen Cholesterinspiegel in den Griff zu bekommen.

Zu sagen, das neue Libertines-Album klinge eher nach Altersdiabetes als nach Heroin-Rausch, wäre gemein und träfe auch nicht zu, aber es klingt deutlich älter als noch »Anthems for Doomed Youth« vor neun Jahren. Harmonischer, irgendwie gesünder, hat kurzstreckenweise sogar Lounge-Charakter.

Albumtitel erinnert an Studio-Adresse

»A mellowing of The Likely Lads« (etwa: The Likely Lads in einer milderen Form) überschrieb die Musikzeitschrift »Rolling Stone« die Album-Kritik. Es sei zwar ein klassisches Libertines-Album - »aber aus der neuen Perspektive von vier mittelalten Typen«. Im vorab als Single ausgekoppelten Song »Run Run Run« heißt es: »You’d better run, run, run boy - Faster than the past« (Du rennst, rennst, rennst besser, Junge - schneller als die Vergangenheit.) Barât sagte dem »Rolling Stone«: »Wir sind zurzeit in der besten Verfassung, in der wir sein könnten.«

Der Albumtitel soll an Erich Maria Remarques Antikriegsroman »Im Westen nichts Neues« erinnern - auf Englisch »All Quiet on the Western Front« - und an die Adresse des Studios und Hotels der Band im englischen Küstenort Margate, wie die Nachrichtenagentur PA meldete.

Bei den Aufnahmen gab es keinen Alkohol

Und bei den Aufnahmen herrschte offenbar ein strenges Regiment: »Carl hat darauf bestanden, dass es dabei nichtmal Alkohol gibt«, sagte Doherty dem »Guardian«. »Er wollte, dass es rein ist.« Und das ist es auch geworden. Die elf Songs klingen rund, das Lachen am Ende von Song Nummer zwei, »Mustang«, ehrlich gelöst. In dem Song »Merry old England« über das gute, alte England geht es um Chipspackungen in Pfützen und es fällt ein Satz, den man vor allem Doherty zurufen möchte: »my my my my congrats on staying alive« - Glückwunsch zum Überleben.

© dpa-infocom, dpa:240403-99-551381/5