London (dpa) - Nach einem Vierteljahrhundert Pause ist sie wieder an den Broadway zurückgekehrt, als Professor Higgins’ Mutter in dem Musical »My Fair Lady«. Damals - 1994 - erhielt sie einen Tony Award für die Titelrolle in Euripides’ Medea; auch dieses Jahr wurde sie wieder nominiert.
Eine kleine Rolle, aber sie liebt die Live-Erfahrung - meistens jedenfalls: »Ich war dankbar, dass ich nicht singen musste«, scherzte Diana Rigg in »Entertainment Tonight«. »Und das Publikum sollte es auch sein.« Auch am Freitagabend (20. Juli), ihrem 80. Geburtstag, wird sie wieder auf der Bühne stehen.
Ihre Kindheit verbrachte sie zwar im indischen Jodhpur, sie fühlte sich aber immer mehr in Yorkshire zu Hause, im Norden Englands. Ihre Eltern lobten sie selten: »Sie zeigten ihre Zuneigung, indem sie dir sagten, wo du falsch lagst.« Mit 17 wurde sie an der berühmten Schauspielschule RADA in London zugelassen und spielte danach in der Royal Shakespeare Company. Doch 1965 warf sie zum Entsetzen ihrer Kollegen alles hin und verließ die Theatergruppe fürs Fernsehen - was für ein Abstieg!
Sie liebe Shakespeare, erklärte Rigg der Fachzeitschrift »American Theatre« später, »aber ich hatte mich selbst als klassische Schauspielerin in diese Ecke getrieben und musste ausbrechen.« Seither nutzt sie ihre Popularität von Film und Fernsehen, um Sitzplätze bei ihren Theaterauftritten zu füllen.
Ihre Rolle als Agentin Emma Peel in der Fernsehserie »Mit Schirm, Charme und Melone« machte sie zum weltweiten Sexsymbol der Sixties: »Weil sie ihrer Zeit voraus war«, erklärte Rigg dem US-amerikanischen Sender »CBS News«. »Weil sie sehr intelligent, fähig, witzig, sexy, unabhängig war.« Es schadete nicht, dass sie hautenge Leder- und Vinyl-Outfits trug und mit Karate und Sex-Appeal die Bösewichte zur Strecke brachte.
Doch Dame Diana - seit ihrer Ehrung durch die Queen 1994 liebt sie diesen Titel - fand den Grad an Begierde ihres Publikums etwas erschreckend. »Ich war keineswegs naiv«, erinnerte sie sich in der »NY Post«. »Aber diesen Bekanntheitsgrad zu haben, war ein kleiner Schock.«
Trotz ihrer Berühmtheit verdiente sie weniger als die Kameramänner der Serie. Als sie das herausfand, protestierte sie - aber niemand unterstützte sie, selbst nicht Patrick Macnee, der die männliche Hauptrolle spielte und mit dem sie sich gut verstand. »Er lehnte sich nicht aus dem Fenster. Er verdiente vermutlich Geld wie Heu und war sehr zufrieden mit seinem Gehalt.« Nach zwei Staffeln stieg sie aus.
In der »NY Post« erinnerte sie sich an ihren Kampf gegen diese Diskriminierung: »Das galt als schlechtes Benehmen, als unverblümt, unweiblich, geldgierig. Niemand sagte etwas. Ich freue mich jetzt so zu sehen, wie Frauen sich gegenseitig unterstützen.«
1969 wurde sie zum ersten und einzigen Bond-Girl erkoren, das den Spion jemals unter die Haube brachte. Der unerfahrene Dressman George Lazenby spielte den Schwerenöter in »James Bond 007 - Im Geheimdienst Ihrer Majestät« - ebenfalls zum ersten und einzigen Mal. Diana Rigg schien laut »NY Post« nicht viel von ihm zu halten: »Ich wurde an Bord geholt, um ihm zu helfen und ihm Würde zu geben.«
In den 70er und 80er Jahren stand sie abwechselnd auf der Bühne und vor der Kamera: Unter anderem spielte sie in der Agatha-Christie-Verfilmung »Das Böse unter der Sonne« sowie die weibliche Hauptrolle - Eliza Doolittle, das Blumenmädchen - in der Bühnenversion von »My Fair Lady« und George Bernard Shaws »Pygmalion«. In den 90ern erlebte sie wie ihre Schauspielkolleginnen Judi Dench, Helen Mirren und Maggie Smith ein Comeback.
Doch erst 2013 stand die 75-Jährige wieder weltweit im Rampenlicht - diesmal als scharfzüngige Meisterin der Intrige mit Augenbrauen wie Waffen: Sie verwandelte sich in die zynische Dornenkönigin Lady Olenna Tyrell im Fantasy-Epos »Game of Thrones«. Sie wurde dieses Jahr zum vierten Mal für einen Emmy nominiert. »Ich bin begeistert, dass junge Leute sich mit dieser ungezogenen alten Schachtel identifizieren«, sagte sie CBS News.
Bis Weihnachten wird Dame Diana am Broadway auf der Bühne stehen und dann den Amazonas entlang stromaufwärts reisen. Mit 80 ist sie besser im Geschäft als noch vor 20 Jahren. »Es hat mich einfach erst im hohen Alter getroffen - eins nach dem anderen, zack, zack, zack«, amüsierte sie sich in CBS News. »Und ich sitze nur da und sage mir: 'Na vielen Dank. Wieso hat das solange gedauert?'«