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Emder Kunsthalle zeigt Künstlerinnenselbstporträts

Im Zeitalter von Selfies sind Selbstdarstellungen allgegenwärtig. Selbstporträts von Künstlerinnen dagegen gibt es überwiegend erst seit dem 20. Jahrhundert. Einige sind in der Kunsthalle Emden zu sehen.

Kunsthalle Emden
Blick auf den gläsernen Eingang zur Kunsthalle Emden im Stadtzentrum und die dazugehörige Malschule am Stadtgraben. Foto: Hauke-Christian Dittrich
Blick auf den gläsernen Eingang zur Kunsthalle Emden im Stadtzentrum und die dazugehörige Malschule am Stadtgraben.
Foto: Hauke-Christian Dittrich

Es sind ausdrucksstarke Selbstbilder von Künstlerinnen, die auch einen Blick auf die Entwicklung der Emanzipation geben: Unter dem selbstbewussten Titel »HIER BIN ICH!« zeigt die Emder Kunsthalle von diesem Samstag an Selbstporträts von 30 Künstlerinnen des 20. und 21. Jahrhunderts - bis Anfang September. Ausgestellt sind Arbeiten unter anderem von Katharina Sieverding, Maria Lassnig, Käthe Kollwitz, Hanna Nagel und Marina Abramović.

Die persönlichen Bilder zeigten, wie die Kulturschaffenden selbst gesehen werden wollen, sagte Lisa Felicitas Mattheis, wissenschaftliche Direktorin und Vorständin der Kunsthalle. Die Porträts gäben aber auch Auskunft über die Rolle der Frauen in ihrer jeweiligen Zeit.

Künstlerinnen fordern ihren Platz in der Kunst ein

Die Schau bietet etwa einen Blick darauf, mit welchen Strategien Künstlerinnen ihren Platz in der Kunst einforderten - zum Beispiel im Spiegel männlicher Repräsentationen. Unter den mehr als 80 ausgestellten Werken ist etwa eine Weiterentwicklung des Motivs »Art is a Criminal Action« von Ulrike Rosenbach zu sehen, mit dem sie Andy Warhols bekanntes Motiv »Double Elvis« aufgreift. Während im Original von Warhol zwei Elvis Presleys mit einem Revolver dem Betrachter entgegen treten, hat sich Rosenbach in ihrer Adaption aus den 1970er Jahren in gleicher Pose neben Elvis ins Bild montiert.

»Wir sehen viele Porträts, die zart und zurückhaltend sind. Wir sehen aber auch viele, in denen eine unglaubliche Chuzpe zu erkennen ist«, sagte Mattheis. In den Selbstporträts gehe es um Status, Rollen, Selbstbehauptungen und Wunschvorstellungen. Dabei greift die Schau verschiedene Perspektiven der weiblichen Selbstdarstellung auf. Es geht unter anderem um Maskeraden, Mutterschaft, Identitätsfragen und das Älterwerden.

Die Idee zur Ausstellung sei aus der Motivation heraus entstanden, mit und aus der Sammlung der Kunsthallen-Stifter Henri und Eske Nannen sowie der Schenkung Otto van de Loos zu arbeiten, sagte Mattheis. Bei den vergangenen Ausstellungen etwa zum »Mythos Wald« und zu »Nolde/Rohlfs« konnten die Kuratorinnen auf zahlreiche Werke der Sammlung zurückgreifen - bei »HIER BIN ICH!« ist das anders.

Etliche Leihgaben in der Schau

Zur Arbeit mit der Sammlung gehöre auch, zu zeigen, was es nicht gebe, sagte die Direktorin - und da gebe es ein deutliches Ungleichgewicht beim Verhältnis der Geschlechter: Nur etwa zehn Prozent der Werke der Sammlung seien von Künstlerinnen geschaffen. In der Schau sind deshalb nun viele Leihgaben zu sehen.

Obwohl Selbstporträts eine lange Geschichte haben und Frauen die Kunstgeschichte als Musen und Modelle seit jeher prägen, blieb ihnen die Rolle der Kunstschaffenden selbst lange Zeit verwehrt. Erst ab dem 20. Jahrhundert seien Künstlerinnen zu Kunstakademien zugelassen worden, sagte Mattheis. Bis dahin sei eine künstlerische Ausbildung meist allein Töchtern wohlhabender Familien vorbehalten gewesen.

Heutzutage gebe es immer mehr Ausstellungen, die gerade das Schaffen von Künstlerinnen in den Blick nähmen, sagte Mattheis. Auch die Kunsthalle plant weitere Schauen mit weiblichen Positionen. »HIER BIN ICH!« ist bis zum 3. September in der Seehafenstadt zu sehen.

© dpa-infocom, dpa:230506-99-582783/2