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Echo-Veranstalter wollen Preis überarbeiten

Die Echo-Verleihung an die Rapper Kollegah und Farid Bang hat einen Sturm der Empörung ausgelöst. Nun will der Bundesverband Musikindustrie Konsequenzen ziehen.

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Wie geht es weiter mit dem Echo? Foto: Wolfgang Marx Foto: DPA
Wie geht es weiter mit dem Echo? Foto: Wolfgang Marx
Foto: DPA

Berlin (dpa) - Wegen des Proteststurms nach der Echo-Verleihung an die Rapper Kollegah und Farid Bang will der Veranstalter das Konzept erneuern.

»Als Konsequenz daraus wird der Preis auf Entscheidung des Vorstandes vom heutigen Tag nun überarbeitet werden«, erklärte Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie, am Sonntag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Das schließe die »umfassende Analyse und die Erneuerung der mit der Nominierung und Preisvergabe zusammenhängenden Mechanismen« ein. Details nannte Drücke noch nicht.

Die beiden Rapper waren am Donnerstag für ihr als antisemitisch kritisiertes Album »Jung, Brutal, Gutaussehend 3« in einer Sparte mit dem wichtigsten deutschen Musikpreis ausgezeichnet. Es enthält die Textzeilen »Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen« und »Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm' an mit dem Molotow«.

Empörung gab es auch, weil die Ehrung für die Rapper am 12. April war: dem Tag, an dem besonders in Israel an die sechs Millionen ermordeten Juden erinnert wird. Die Kritik an der Verleihung riss auch am Wochenende nicht ab.

»Im Zuge der aktuellen Debatte mussten wir erkennen, dass wir uns in einem Umfeld wiederfinden, das den Preis in ein falsches Licht rückt«, betonte Drücke. »Das darf nicht ohne Konsequenzen bleiben.« Er betonte, der Verband und Veranstalter des Echo lehne jede Art von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Homophobie und Gewaltverherrlichung ab. »Die Art und Weise der öffentlichen Befassung mit der Auszeichnung des Albums führte zu einer Welle der Betroffenheit, die uns sehr bestürzt und die den Preis überhöht und zugleich überfordert.«

Der Verband werde die vom Echo-Beirat angeregte Diskussion um die Kunstfreiheit und ihre Grenzen mit den verschiedenen Beteiligten innerhalb und außerhalb der Branche wie angekündigt weiterführen. »Dies in der Überzeugung, dass die mediale Befassung und die Vielfalt der Betroffenheit auf besondere Weise verdeutlicht hat, wie tief das Thema gesellschaftlich sitzt.«

Die Verleihung der Echo-Trophäen richtet sich in den meisten Kategorien nach dem Ergebnis der Verkäufe und einer darauf folgenden Juryabstimmung. In strittigen Fällen wird ein Beirat angerufen. Im Fall des Rap-Albums hieß es vor der Verleihung, die künstlerische Freiheit sei in dem Text »nicht so wesentlich übertreten«, dass ein Ausschluss gerechtfertigt wäre.

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) erklärte, das Album der Rapper stehe bei dem Sender auf dem Index. Demnach wird in den WDR-Radioprogrammen - auch im Jugendradio 1Live - keine Musik daraus gespielt. Dies habe schon vor der Echo-Verleihung gegolten, sagte eine WDR-Sprecherin am Sonntag und bestätigte damit einen Bericht des »Handelsblatt«.

Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) nahm die Gesellschaft und die Musikindustrie in die Pflicht. »Der eine Satz der Rapper, der jetzt überall zitiert wird, ist krass und dumm«, sagte er auf einem Parteitag in Berlin. Dass die beiden Rapper aber ein Weltbild transportierten, das vor Verschwörungstheorien, Sexismus und Ungleichheitsvorstellungen nur so triefe, und dass sich das offenbar prächtig kommerzialisieren lasse, dem werde »weder in der Musikindustrie aber auch im öffentlichen Diskurs« begegnet. »Sondern wir erleben massive Ignoranz. Das ist ein Zeitgeistproblem«, sagte Lederer.

Der jüdische Comedian Oliver Polak schrieb in der »Welt«: »Ich weiß, was Satire ist, ich weiß, was Stand-up ist, und ich verstehe auch die künstlerische Funktionsweise von Battle-Rap. Ich weiß auch, was Antisemitismus ist, das Protegieren von Judenhass. Dass der Echo diese beiden 'Künstler' am Holocaustgedenktag auftreten lässt, ist an Zynismus und Rohheit nicht zu übertreffen.« Es sei eine makabre Doppelmoral, sich von den Inhalten zu distanzieren und diese gleichzeitig live und zur Primetime ausstrahlen zu wollen.

Polak weiter: »Menschen wie Kollegah sind der Grund dafür, dass jüdische Jugendliche auf Schulhöfen gejagt und krankenhausreif geschlagen werden. Dafür, dass sie in Angst leben müssen. Und ihr schaut stillschweigend zu, auch beim Echo, beim Begräbnis der Moral.«

Der Sender Vox, der die Preisverleihung ausgestrahlt hatte, verwies erneut auf die Einschätzung des Echo-Beirats, ein Ausschluss der Rapper sei nicht gerechtfertigt gewesen. »Diese Entscheidung akzeptieren wir«, erklärte der Sender auf Anfrage. »Und da es aufgrund der Entscheidung des Beirats keine Grundlage dafür gab, die beiden nicht auftreten zu lassen, haben wir den Auftritt auch ausgestrahlt.« Ob Vox nächstes Jahr wieder die Show übertragen wird, ist noch offen. Die Entscheidung werde noch eine Weile dauern.

Echo 2018