Köln (dpa) - »Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad« gehört zu den Klassikern der witzigsten Kinderlieder. Nun aber hat der WDR mit einer von seinem Kinderchor gesungenen satirischen Verballhornung des Liedes eine Welle der Empörung ausgelöst.
Stein des Anstoßes ist der Vers: »Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau.« Ein sogenannter Shitstorm im Netz mit mehr als 40 000 Facebook-Kommentaren bis Sonntagvormittag zog über den Westdeutschen Rundfunk hinweg. Der WDR hatte das Video schon am Freitagabend von der WDR2-Facebookseite gelöscht und entschuldigte sich »für die missglückte Aktion«.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) machte auf Twitter seiner Entrüstung über die Umweltsatire Luft. Schließlich rief am Samstagabend sogar WDR-Intendant Tom Buhrow vom Krankenhausbett seines 92-jährigen Vaters in einer Spezialsendung von WDR 2 an. Dort bezeichnete er das »Video mit dem verunglückten Oma-Lied« als Fehler. »Ich entschuldige mich ohne Wenn und Aber dafür.« Sein Vater habe immer hart gearbeitet. »Er ist keine Umweltsau«, sagte Buhrow.
In dem Video sangen rund 30 Mädchen im Studio unter anderem die Zeilen: »Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad. Das sind tausend Liter Super jeden Monat. Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau.« In einer anderen Strophe hieß es: »Meine Oma fährt mit 'nem SUV beim Arzt vor, überfährt dabei zwei Opis mit Rollator.«
»Wir haben mit einem großen Hammer auf einen relativ kleinen Nagel geschlagen«, sagte WDR 2-Programmchef Jochen Rausch reumütig in der Spezialsendung und entschuldigte sich mehrmals. Man habe das Wort »Umweltsau« in Verbindung gebracht mit der »lieben Oma«, die abends Geschichten vorlese. »Das drückt bei vielen Menschen den roten Knopf«, so Rausch. Man habe nicht mit der »nötigen sprachlichen Feinheit« gearbeitet und »nicht lange genug nachgedacht«.
Zwar warfen viele Hörer und Nutzer den Verantwortlichen mangelnden Respekt vor Älteren und eine Instrumentalisierung von Kindern für ein »beschämendes« oder »ideologisches« Video vor. Andere aber lachten darüber. »Scheinbar können es viele Menschen nicht vertragen, wenn man ihnen den Spiegel vorhält«, sagte eine Hörerin in der Sendung.
Das Redaktionsteam bedauere, "dass die Satire die Gefühle eines Teils des Publikums verletzt hat", teilte der WDR mit. Es sei darum gegangen, den Generationenkonflikt, der sich durch die Fridays-for-Future-Bewegung darstelle, mit den Mitteln der Satire aufzugreifen."
Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Frank Überall, sagte dem Deutschlandfunk, er verstehe nicht, warum das Video so polarisieren konnte, weil es klar als Satire gekennzeichnet worden sei.
Laschet und der CDU-Politiker Ruprecht Polenz kritisierten, Kinder würden in der Klimaschutzdebatte von Erwachsenen instrumentalisiert. Der WDR habe mit dem Lied »Grenzen des Stil und des Respekts gegen über Älteren überschritten«, twitterte Laschet.
Den Vorwurf, die beteiligten Kinder seien missbraucht worden, wies der WDR zurück und auch der künstlerische Gesamtleiter des Chors Zeljo Davutovic: Eltern und Kinder hätten frei über die Teilnahme entscheiden können.
»Warum sendet man so einen Unverschämtheit?«, schrieb eine Nutzerin empört auf Facebook über das Lied. »Unterirdisch«, »unterstes Niveau«, meinten andere. Weitere Nutzer aber zeigten Verständnis: »Wenn man das Alter der Kinder beachtet, sind die heute 50-70-Jährigen gemeint (...) Da steckt schon wahres drin.«
Satiriker Jan Böhmermann twitterte: »Wer sich jeden Tag billiges Discounterfleisch aufbrät, ist eine Umweltsau.«