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Ungewissheit bei Deutschen in Wuhan

Rund 90 Deutsche stecken in Wuhan fest. Die Metropole ist von der Außenwelt abgeschottet, um eine Ausbreitung des neuen Coronavirus zu verhindern. Außenminister Maas erwägt eine Rückholaktion - zum Ende der Woche?

Coronavirus in China
Rettungskräfte in Wuhan entsorgen ihre Ausrüstung. Foto: CHINATOPIX/AP/dpa
Rettungskräfte in Wuhan entsorgen ihre Ausrüstung. Foto: CHINATOPIX/AP/dpa

Peking/Wuhan (dpa) - »Ich weiß ja nicht, wie sich das entwickelt«, sagt ein deutscher Ingenieur, der nach dem Ausbruch der neuartigen Lungenkrankheit in Wuhan darauf wartet, die schwer betroffene chinesische Metropole verlassen zu können.

Bei einer Inkubationszeit von bis zu zwei Wochen könnten die Zahlen der Infizierten noch drastisch steigen. »Das ist dann schon sehr beunruhigend.«

Über Nacht erhielt der 32-Jährige wie auch andere Deutsche in der nach außen abgeschotteten Provinzhauptstadt eine Email vom Auswärtigen Amt: »Angesichts der schwierigen Lage in Wuhan plant die Bundesregierung derzeit Optionen für eine organisierte Rückführung der ausreisewilligen deutschen Staatsbürger aus Wuhan«, heißt es darin. Berlin stehe »im engen Kontakt mit den chinesischen Behörden, um die Möglichkeit und Modalitäten zu klären«.

Andere Länder wie USA, Japan und Frankreich haben eine Rückholaktion für ihre Staatsbürger bereits in die Wege geleitet. Ein deutsches Konsularteam ist am Montag in der Provinzhauptstadt im Herzen Chinas eingetroffen, arbeitet jetzt aus dem französischen Konsulat heraus. Möglicherweise Freitag könnte ein deutsches Flugzeug kommen, wird unter den rund 90 Deutschen vor Ort erzählt. »Es ist aber noch nichts entschieden«, berichtet der Ingenieur. Er hat die Nachricht von einem Freund, der direkten Kontakt zu dem Team hatte.

»Ich werde auf jeden Fall mit dem Flugzeug ausreisen«, sagt der 32-Jährige, der aus der Nähe von Köln stammt und seit zweieinhalb Jahren in einem deutsch-chinesischen Joint Venture in Wuhan arbeitet. Seine Eltern machten sich große Sorgen. Er selber habe keine Angst vor einer Ansteckung. In zwei Wochen habe er sein Hotel in einem Vorort von Wuhan, wo er als Dauergast lebt, nur einmal verlassen. Das war vor zwei Tagen, als das Hotel für Gäste eine Fahrt zum Metro-Markt organisiert hat, um einzukaufen - »einen kleinen Hamsterkauf«, sagt er. Der Markt sei noch gut bestückt gewesen.

»Es gab nur wenige Regale, die leer waren«, berichtet der Ingenieur. »Es war alles noch im Überfluss da. Bis auf frisches Gemüse und Fertigsuppen, aber sonst war alles da.« In seinem Vorort sei die Lage nicht so angespannt. Zwar seien die Straßen leer, aber anders als im Zentrum der Stadt dürften auch private Autos dort noch fahren.

Auch die deutsche Lehrerin Sarah Heintze berichtet, dass die Versorgungslage »unproblematisch« sei. Die 32-Jährige, die seit sieben Jahren in Wuhan lebt, wurde in der Nacht ebenfalls von der Email des Auswärtigen Amtes überrascht. »Ich weiß noch nichts genauer.«

Heintze hat sich noch nicht entschieden, ob sie ausfliegen will. Es sei schwierig: So habe sie gerade Besuch von einer Freundin aus Rumänien. Auch wisse sie nicht, wohin mit ihrem Kater. »Wenn ich meine Freundin und meinen Kater mitnehmen darf, dann gerne.«

»Ich warte mal, was die deutsche Botschaft dazu sagt«, meint die Koblenzerin. »Wenn die irgendwie dazu raten, dass es Sinn macht, dann werde ich das noch mal überlegen.« Vor der Lungenkrankheit habe sie nicht so große Angst. »Vor dem Virus will ich nicht wegrennen«, sagt die 32-Jährige. »Panik mache ich mir da nicht.« Schließlich gehe sie auch nicht ins Krankenhaus. Ohnehin gehe niemand vor die Tür. »Ich wüsste jetzt nicht, wo man sich anstecken sollte.«

Die Straßen seien menschenleer. Auch könne sie sich schützen: »Mit Gesichtsmaske und Händewaschen geht das schon in Ordnung.« Sie kenne auch niemanden, der sich angesteckt habe. »Alle Freunde sind brav zuhause.« Sie will sich nicht verrückt machen lassen. »Mittlerweile wird mir das ein bisschen zuviel mit den Nachrichten«, sagt die Lehrerin, die Englisch an einer Grundschule unterrichtet. »Ignorance is a bliss«, sagt sie auf Englisch. Ignoranz ist ein Segen. Es gebe einen Überfluss an Nachrichten: »Das geht einem auf die Nerven, wenn man da alle fünf Minuten reinschaut.«