Warum eine Genossenschaft?
Metzingen.Die Form einer Genossenschaft, bei der jedes Mitglied – unabhängig von der Anzahl seiner Geschäftsanteile – eine Stimme in der Generalversammlung hat, überzeugt durch ihre demokratische Struktur und ihren Solidaritätsgedanken, ohne den eine Energiewende für den Vorstand nicht denkbar ist. Die Generalversammlung wählt den Aufsichtsrat; dieser bestimmt den Vorstand, der für die Geschäftsführung zuständig ist. Aktuell engagieren sich 312 Einzelpersonen und Körperschaften in der EENA, darunter auch die Stadtwerke Tübingen, die Gemeinde Kusterdingen und die FairEnergie.
Bereits mit einem Geschäftsanteil von 100 Euro kann jeder sein Scherflein zu einer Energiewende in der Region beitragen; 200 Geschäftsanteile sind das Maximum. Da die Anteile sowohl einzeln kündbar als auch übertragbar sind, fällt es leicht, sich für diese Anlageform zu entscheiden: »Genossenschaften bieten sehr sichere Geldanlagen«, unterstreicht Klaus Digel. Denn Rücklagen unterliegen gesetzlichen Bestimmungen; die Geschäftsführung prüft der Genossenschaftsverband. Allerdings sind diese Anlagen nichts für Ungeduldige: »Wir sind auf langfristige Prosperität angelegt, nicht auf einen kurzfristigen Gewinn«.
Was ist bisher geschehen?
Am 9. Februar 2012 schlossen sich 52 Mitglieder in der Gründungsversammlung zur EENA eG zusammen. Bereits im Monat darauf – am 15. März 2012 – ging die erste EENA-Photovoltaikanlage in Betrieb. Diese befindet sich auf dem Dach der Reutlinger Dietweg-Sporthalle. Im August erfolgte der Eintrag der EENA ins Genossenschaftsregister des Amtsgerichts Stuttgart.
Noch im selben Jahr – am 18. Dezember 2012 – ging die zweite Photovoltaikanlage in Betrieb: Sie befindet sich auf dem Dach der Reutlinger Stadthalle. Für die dritte Eigenanlage stellte der Bauhof Kusterdingen seine Dachfläche zur Verfügung (seit April 2013), für die vierte der Rohstoffhandel MBärs in Ofterdingen (seit Juli 2013). Sowohl die Stadt Reutlingen als auch die Gemeinde Kusterdingen waren vom regionalen Konzept der EENA eG und der Bürgerbeteiligung überzeugt und entschieden sich unter mehreren Alternativen für die Genossenschaft als Betreiber der PV-Anlagen auf den öffentlichen Dächern. Mit der Beteiligung am Solarpark Engstingen-Haid (seit April 2016) wurde erstmals eine neue Leistungsdimension erschlossen (2,7 Megawatt-Peak), mit einer Beteiligung am geplanten Windpark Länge nahe Donaueschingen eine neue Form der Stromerzeugung ins Portfolio integriert.
Warum sind Dächer so dringend gesucht?
Vorrangig ist der Vorstand jedoch auf der Suche nach weiteren Dachflächen. Sowohl Kommunen, Unternehmen, Mittelständler, Händler, Dienstleister, (landwirtschaftliche) Betriebe als auch Eigentümer oder Vermieter von Mehrfamilienhäusern und natürlich private Hausbesitzer dürfen sich gerne melden, wenn sie ihr Dach für eine nachhaltige Form der Energieerzeugung zur Verfügung stellen wollen. Gerade für Gewerbetreibende ist das eine interessante Option – sie können ohne eigenen Aufwand ihr Klimaschutz-Engagement verbessern und profitieren tagsüber während ihrer regulären Arbeitszeit selbst von verbilligtem Strom.
Es muss übrigens weder ein Steildach noch eine starre Ausrichtung nach Süden sein: »West- und Ostseiten liefern sogar gleichmäßiger Energie als die reine Südseite«, versichert der Physiker Schöfthaler, der wie seine Vorstandkollegen Digel und Lohbeck einen fundierten beruflichen Background für diese Aufgabe hat und zudem ein »Überzeugungstäter« in Sachen Energiewende ist. Gerne lässt er »Nachahmer« an seinen eigenen jahrelangen Erfahrungen mit Strom vom Dach teilhaben.
Welche Vorteile haben die PV-Anlagen-Verpächter?
Bei einem völlig unverbindlichen und selbstverständlich kostenlosen Erstgespräch erörtern die Vorstandmitglieder offen mögliche Alternativen der Vertragsgestaltung für die Verpachtung der Dachflächen an die EENA. Zum einen wird eine individuell maßgeschneiderte PV-Anlage von einem Fachhandwerker aus der Region installiert. Diese liefert nicht nur Strom für die Region Neckar-Alb, sondern der Verpächter bekommt ebenfalls Energie daraus zu einem Sonderpreis. Alternativ erhält er eine jährliche Pachtgebühr. Er muss sich weder um den Verwaltungskram kümmern, der mit dem Betrieb einer PV-Anlage einhergeht, noch Kontrollaufgaben wahrnehmen: »Wir können die Anlagen auch problemlos fernüberwachen und beheben Probleme zusammen mit einem Fachmann direkt vor Ort«, versichern die EENA-Experten. Und sie haben noch eine gute Nachricht an alle Interessenten: »Nach Ablauf der Dachnutzungsverträge – das ist nach 20 Jahren – kann die PV-Anlage auf Wunsch in den Besitz des Pächters übergehen«. (gw)