Berlin (dpa) - Nach 2016 haben Deutschlands Schüler im internationalen Vergleichstest Pisa zum zweiten Mal in Folge Punkte verloren. Sowohl beim Lesen als auch in Mathematik und Naturwissenschaften haben sich die Werte in der aktuellen Pisa-Studie leicht verschlechtert.
Was kam für Deutschland konkret raus?
Im Bereich Lesen erreichten die deutschen Schüler einen Punktwert von 498 (2016: 509), in Mathematik 500 (2016: 506) und in Naturwissenschaften 503 (2016: 509). Zum Vergleich: Die Spitzengruppe mit mehreren chinesischen Regionen und Singapur kam auf Werte zwischen 550 und 590, Länder am Ende der Skala wie die Dominikanische Republik und die Philippinen auf Werte zwischen 325 und 340.
Deutschland liegt weiterhin über dem OECD-Durchschnitt. Allerdings ist das keine Leistung, die »mit Glanz und Gloria vollbracht« wurde, wie Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagt. Deutschland sei auch deshalb überdurchschnittlich, weil der OECD-Durchschnitt gesunken sei. Zudem wurde ein alter Befund erneut bestätigt: Schulerfolg hängt in Deutschland stark von der sozialen Herkunft ab.
Wie werden die Ergebnisse bewertet?
Unterschiedlich. Die deutsche Pisa-Koordinatorin Kristina Reiss vom Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) an der Technischen Universität München stellt das Positive heraus und verweist darauf, dass Deutschland innerhalb einer relativ starken Gruppe mit Ländern wie Belgien und Frankreich liege. Der Chef des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger zeigt sich in der »Neuen Osnabrücker Zeitung« überrascht, dass die Bundesrepublik angesichts von Lehrermangel, Unterrichtsausfall und verstärkter Zuwanderung nicht schlechter abgeschnitten hat. Für Oppositionspolitiker wie den FDP-Abgeordneten Thomas Sattelberger sind die Pisa-Ergebnisse ein »desaströses Zeugnis für die Bildungspolitik hierzulande«.
Warum liegt eigentlich China mit mehreren Provinzen ganz vorn?
China hat sich nicht als ganzes Land an Pisa beteiligt, sondern nur mit einigen großen und eher wohlhabenden Metropolregionen. Im ländlichen Raum ist das Bildungssystem des Landes nicht so gut entwickelt. Das dürfte eine Erklärung sein. Außerdem gibt es in China einen großen Leistungsdruck. Kinder stecken schon früh in einem harten Konkurrenzkampf und müssen extrem viel für die Schule tun.
Wie wird bei Pisa überhaupt getestet?
Alle drei Jahre werden stichprobenartig Schüler ausgewählt - in Deutschland waren es diesmal knapp 5500. Tester gehen mit USB-Sticks an die Schulen, wo sich die Schüler am Computer durch die mitgebrachten Aufgaben in Lesen, Mathe und Naturwissenschaften klicken. Der Test dauert rund zwei Stunden und besteht hauptsächlich aus »Multiple Choice«, also einer Auswahl unter vorgegebenen Antwortmöglichkeiten. Zusätzlich gibt es Fragebögen zum persönlichen Hintergrund, zu Einstellungen und Wertvorstellungen, die die Schüler ausfüllen müssen.
Sind die Tests überhaupt international vergleichbar?
»Defintiv ja«, sagt Deutschlands Pisa-Koordinatorin Kristina Reiss. Die Aufgaben werden ihren Angaben zufolge vorher in einem langwierigen Prozess international abgestimmt, so dass sie überall funktionieren. Zum Beispiel wird dabei auf kulturelle Besonderheiten Rücksicht genommen. Dennoch gibt es auch Kritik. So fragt, der Verband Deutscher Realschullehrer, wie sinnvoll eigentlich Vergleiche mit Staaten wie China sein sollen, die nicht gerade durch demokratische Grundstrukturen glänzten.
Warum spielen Pisa-Studien in Deutschland immer so eine große Rolle?
Das liegt am sogenannten »Pisa-Schock« von 2001. In der ersten Vergleichsstudie hatten damals deutsche 15-Jährige schlecht abgeschnitten, zudem stand ein beschämend enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen im Pisa-Zeugnis. Beides hatte eine heftige Bildungsdebatte ausgelöst. Danach ging es in den Pisa-Studien zwar stetig bergauf mit den Ergebnissen, aber seit 2016 sinken die Werte wieder.