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Einigung: Rechtsanspruch auf Ganztag in der Grundschule kommt

Einschulungen in Sachsen-Anhalt
Ein Erstklässler mit Schultüte. Foto: Bein/dpa
Ein Erstklässler mit Schultüte.
Foto: Bein/dpa
BERLIN. Der geplante bundesweite Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab dem Schuljahr 2026/2027 kann kommen. Bund und Länder einigten sich am Montagabend im Streit um die Finanzierung des Vorhabens im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat buchstäblich in letzter Minute auf einen Kompromiss. Regierungs- und Ländervertreter begrüßten die Einigung und sprachen von einem guten Tag für Kinder und Familien.

Beide Häuser müssen dem nun formal noch zustimmen. Das soll an diesem Dienstag bei der letzten in dieser Legislaturperiode angesetzten Bundestagssitzung passieren und voraussichtlich am Freitag im Bundesrat. Ohne Einigung im Vermittlungsausschuss hätte das Gesetz vor der Bundestagswahl voraussichtlich nicht mehr verabschiedet werden können und wäre verfallen: Gesetze, die nicht abschließend in einer Legislaturperiode behandelt werden, unterliegen der sogenannten Diskontinuität. Sie müssen in einem neu gewählten Bundestag noch einmal ganz neu eingebracht und verhandelt werden.

Vermittlungsausschuss unter Zeitdruck

Der Vermittlungsausschuss stand zusätzlich unter Zeitdruck: Eine Einigung bis Mitternacht war nach Angaben von Verhandlungsteilnehmern nötig, um formale Fristen für die Befassung im Bundestag am Tag darauf einzuhalten.

Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: »Heute ist ein guter Tag für die Familien in Deutschland. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsplätze an Grundschulen ist ein Meilenstein für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.« Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), die an den Verhandlungen teilnahm sprach von einem »sehr guten Abend« für Familien und Kinder. »Mit dem Kompromiss, den Bund und Länder gefunden haben, wird nun doch noch eines der ganz großen, wichtigen Vorhaben dieser Regierung und dieser Legislaturperiode realisiert.«

Lambrecht: Wichtige Weichenstellung für Bildungsgerechtigkeit

Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, der Ganztagsanspruch im Grundschulalter sei eine wichtige Weichenstellung für mehr Bildungsgerechtigkeit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. »Mit ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangeboten sorgen wir dafür, dass alle Kinder gute Chancen haben, unabhängig von ihrer Herkunft und dem Geldbeutel ihrer Eltern.« Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sprach von einem großen Fortschritt für Kinder und Familien, die gerade in den letzten Monaten der Pandemie erhebliche Lasten getragen hätten.

Der Rechtsanspruch ist ein letztes große Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD, das die scheidende große Koalition noch umsetzt. Geplant ist, dass jedes Kind, das ab dem Schuljahr 2026/2027 eingeschult wird, in den ersten vier Schuljahren Anspruch auf einen Ganztagsplatz bekommt. In einigen Bundesländern - vor allem im Osten - gibt es schon eine dichte Ganztagsbetreuung. In anderen Ländern müssen noch viele neue Plätze geschaffen werden. Geschätzt wird, dass ein Bedarf von 600 000 bis 800 000 Plätzen besteht.

Bund beteiligt sich mit 3,5 Milliarden Euro

Die Bundesländer hatten vom Bund eine deutlich stärkere Beteiligung an den Investitions- und den späteren Betriebskosten gefordert, das Vorhaben vor dem Sommer im Bundesrat gestoppt und in den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat verwiesen. Zuletzt hatte vor allem Baden-Württemberg Druck gemacht und auf mehr Geld vom Bund gepocht.

Der Bund wird sich nun wie vorher bereits zugesagt mit bis zu 3,5 Milliarden Euro an Investitionskosten beteiligen - also etwa für Baumaßnahmen an den Grundschulen. »Eine Schippe draufgelegt«, wie es hieß, wurde vor allem bei der Beteiligung an den laufenden Kosten für den Betrieb der Ganztagsplätze. Hier will der Bund die Länder nun langfristig mit 1,3 Milliarden Euro pro Jahr unterstützen. Das sind gut 300 Millionen mehr pro Jahr, als zuletzt zugesagt. (dpa)