Logo
Aktuell Fussball

VfB Stuttgart bestraft doppelten Mainzer-Kollektivschlaf und feiert Sieg Nummer 14

Der VfB Stuttgart bezwingt den FSV Mainz 05 nach einer reifen Leistung mit 3:1 und hat nun bereits 16 Zähler Vorsprung auf den ersten nicht-europäischen-Platz. Gibt es irgendein vorstellbares Szenario, dass das Hoeneß-Team in der kommenden Saison nicht international unterwegs sein wird?

Stehen auf diesem Zettel von VfB-Kapitän Waldemar Anton die Koordinaten für den Weg in Richtung Europa?
Stehen auf diesem Zettel von VfB-Kapitän Waldemar Anton die Koordinaten für den Weg in Richtung Europa? Foto: Eibner-Pressefoto/Michael Weber
Stehen auf diesem Zettel von VfB-Kapitän Waldemar Anton die Koordinaten für den Weg in Richtung Europa?
Foto: Eibner-Pressefoto/Michael Weber

STUTTGART. Favorit sticht Underdog. Individuelle Qualität sticht einen technisch limitierten Gegner. Das Blatt des VfB Stuttgart ist derzeit einfach zu stark, als dass es gegen eine Mannschaft wie den FSV Mainz 05 ernsthaft in Probleme gerät und geschlagen wird. Mit 3:1 (2:0) setzte sich das Team von VfB-Coach Sebastian Hoeneß am Sonntagnachmittag gegen den Tabellenvorletzten durch und feierte damit den 14. Sieg im 21. Bundesliga-Spiel. Trumpf im Aufeinandertreffen mit den Rheinhessen war dabei ein schneller Doppelschlag kurz vor der Halbzeitpause. »So kann man nur gewinnen, wenn man den Gegner ernst nimmt und respektiert. Da hat die Mannschaft eine ganz besondere Klasse bewiesen«, lobte VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth.

Die Hände tief in der Hosentasche vergraben, stand Gäste-Trainer Jan Siewert nach dem Treffer zum 2:0 durch Jamie Leweling in der fünften Minute der Nachspielzeit der ersten Hälfte fast 60 Sekunden lang wie versteinert in seiner Coaching-Zone. Mit ungläubigen Blicken schaute er in Richtung seiner Spieler auf dem Rasen und fragte sich: War das gerade wirklich passiert? Hatte seine Mannschaft das Spiel binnen drei Minuten komplett aus der Hand gegeben, nachdem man dem Favoriten aus Stuttgart zuvor eine Halbzeit lang das Leben schwer gemacht hatte? Ja, das war die aus seiner Sicht bittere Realität.

»Da hatten wir Glück, dass wir nicht in Rückstand geraten sind«

Die Mannen um VfB-Kapitän Waldemar Anton, die anders als am Dienstag im DFB-Pokal gegen Leverkusen wieder im 4-2-3-1-System agierten, hatten gegen die extrem hoch anlaufenden und mannorientiert verteidigenden Mainzer über große Teile der ersten Hälfte keine zündende Idee. "Wir haben das erwartet schwierige Spiel gesehen", betonte Stuttgarts Trainer Sebastian Hoeneß. Seine Elf bekam keine Tiefe in das Spiel. Die Mainzer hingegen kamen durch Umschaltmomente und zwei Ecken zu den besseren Gelegenheiten. »Da hatten wir Glück, dass wir nicht in Rückstand geraten sind«, ergänzte der 41-Jährige.

Ein eigener Eckball flog den Gästen in der 43. Minute dann aber beinahe um die Ohren. Wenige Sekunden nach der Ausführung von Nadiem Amiri stand VfB-Flügelspieler Chris Führich auf der anderen Seite des Feldes alleine vor FSV-Torwart Robin Zentner. Führich hätte den Ball zur Führung lediglich quer zum mitgesprinteten Enzo Millot passen müssen. Doch stattdessen entschied sich der 26-Jährige dazu, die Kugel technisch fein mit der Sohle an Zentner vorbeizuziehen. Am Ende klärte der zurückgeeilte Merveille Papela zwar noch ins Aus, doch irgendwie mutierte diese Aktion zum Knackpunkt im Mainzer Spiel.

In den folgenden Minuten standen die Gäste völlig neben sich. Erst segelte in der zweiten Minute der Nachspielzeit eine Flanke von Pascal Stenzel quer durch den Strafraum an fünf schlafenden Mainzer Spielern vorbei zu Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt, der am langen Pfosten keine Mühe hatte, den Ball per Aufsetzer ins lange Eck zu donnern und damit seinen zweiten Bundesliga-Treffer in Folge erzielte. »So langsam habe ich Gefallen daran gefunden«, sagte Mittelstädt und lachte. Wiederum nur drei Minuten später leisteten die Gäste erneut nur Begleitschutz und ließen Jamie Leweling unbedrängt zum 2:0 einschieben.

Das war nicht bundesligawürdig, was die Mainzer in diesen Situationen zeigten. Besser gesagt nicht zeigten. Beide Assists lieferte übrigens Rechtsverteidiger Stenzel, der den Vorzug vor Nationalspieler Josha Vagnoman bekam und wieder einmal zeigte, dass ihn Coach Hoeneß jederzeit ins kalte Wasser werfen kann. Für den 27-Jährigen waren es bereits die Torvorlagen Nummer vier und fünf. Nur Führich steuerte noch mehr Assists bei (sechs).

»Protestkultur ist wichtig, aber die Unterbrechungen machen den Job für beide Mannschaften nicht einfacher«

Was bleibt noch von dieser Partie? Dass es auch in der mit 52.500 Zuschauern im Heimbereich ausverkauften MHP-Arena nach neun Minuten zu der inzwischen üblichen Tennisball-Pause kam. Die Fan-Proteste der Stuttgarter Fankurve gegen die Investoren-Pläne der Deutschen-Fußball-Liga (DFL) sorgten für eine insgesamt 14-minütige Unterbrechung. »Protestkultur ist wichtig, aber die Unterbrechungen machen den Job für beide Mannschaften nicht einfacher«, betonte Wohlgemuth. Trainer Hoeneß wurde indes sogar noch deutlicher: »Die Spieler leiden gerade darunter, weil sie Pausen haben, runterfahren und wieder hochfahren müssen. Das ist kein Zustand. Es muss ein Dialog her. Ich hoffe, dass es sich bald ändert.«

Ach ja, und was ist mit Europa? Nach diesem Spieltag sind es nun bereits sage und schreibe 16 Zähler, die den VfB von Rang acht und damit vom vermutlich ersten nicht-europäischen-Platz trennt. Gibt es wirklich irgendein rational vorstellbares Szenario, wonach die Stuttgarter in der kommenden Saison nicht international unterwegs sein werden? Nein. Dass die Verantwortlichen weiter nicht gewillt sind, das Thema in den Mund zu nehmen, verkommt mehr und mehr zu einer kleinen Provokation. Doch an dieser Stelle sticht schwäbische Zurückhaltung europäische Träumereien. Mal schauen, wie lange noch. (GEA)