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Aktuell VfB Stuttgart

Zwei Schwabenstreiche und ein Derwisch

Gomez wird nach seinem Abschiedsspiel am Sonntag das Trikot mit dem roten Brustring an den Nagel hängen

Stuttgarts Routinier Mario Gomez feierte nach dem Schwabenstreich mit am ausgelassensten den Quasi-Aufstieg seines VfB.  FOTO: D
Stuttgarts Routinier Mario Gomez feierte nach dem Schwabenstreich mit am ausgelassensten den Quasi-Aufstieg seines VfB. FOTO: DPA
Stuttgarts Routinier Mario Gomez feierte nach dem Schwabenstreich mit am ausgelassensten den Quasi-Aufstieg seines VfB. FOTO: DPA

STUTTGART. Der Held bedacht sich nicht zu lang: »Die Streiche sind bei uns im Schwang. Sie sind bekannt im ganzen Reiche. Man nennt sie halt nur Schwabenstreiche.«

Die Heldengeschichte von Ludwig Uhland, die der Tübinger Dichter seinen Landsleuten bereits im 19. Jahrhundert in der Ballade »Schwäbische Kunde« angedichtet hatte, wurde am vergangenen Sonntag in der 2. Fußball-Bundesliga gleich doppelt neu geschrieben. Die tapferen VfB-Schwaben wehrten sich einerseits mit dem haushohen 6:0-Erfolg beim 1. FC Nürnberg überaus heftig gegen die drohende Relegation zum Aufstieg. Auf der Ostalb andererseits stellten die Heidenheimer Schwaben dem Hamburger SV mit dem späten 2:1-Siegtreffer in der 5. Minute der Nachspielzeit ziemlich ausgefuchst ein Bein in Sachen direkter Aufstieg. Damit ist die Stuttgarter Rückkehr in die Bundesliga quasi perfekt.

Mario Gomez freute sich wie ein Derwisch. Der spanische Schwabe feierte mit den anderen Ersatzspielern auf der Tribüne des Max-Morlock-Stadions schon lange vor dem Abpfiff, weil er den K.o. des HSV mit den Kollegen live auf dem Mobiltelefon verfolgt hatte. Die Erleichterung beim mittlerweile 34-Jährigen war überschwänglich. Die Fußball-Karriere des Ex-Nationalspielers erhält damit ein Ende, wie es kein Drehbuchautor besser inszenieren hätte können. Im Anschluss an die Partie am Sonntag (15.30 Uhr) in der Mercedes-Benz-Arena gegen Darmstadt wird Gomez nach seinem »Abschiedsspiel« das Trikot des VfB mit dann wettbewerbsübergreifend 228 Spielen sowie 109 plus x Toren an den Nagel hängen.

Es dürfte sehr emotional zugehen an dem Ort, an dem der gebürtige Riedlinger am 25. September 2004 beim 3:0 gegen Leverkusen als Spieler seine ersten Minuten Cannstatter Stadionluft schnupperte, nachdem er zum Start seiner Profikarriere in der Saison 2003/04 am 9. März 2004 beim 0:0 im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League beim FC Chelsea sein Debüt im Trikot mit dem roten Brustring auf dem grünen Rasen feiern durfte.

Um einen gebührenden Abschied für das Stuttgarter Aushängeschild auf die Beine zu stellen, wird sich Sven Mislintat wegen der leeren Ränge aufgrund der Geisterspiele etwas einfallen lassen müssen. »Es ist natürlich schade, dass ein solcher Spieler nicht vor Zuschauern gehen kann. Das müssen wir aber jetzt einfach akzeptieren«, meinte der Sportdirektor des VfB und ergänzte: »Wir müssen mal sehen, wie wir das in dem gesamten Konstrukt Corona hinbekommen.«

Die Stuttgarter Rückkehr in die Bundesliga wird ohne Gomez sein. Mit dem Youngster Sasa Kalajdzic und dem mittlerweile 14-fachen Torschützen Nicolas Gonzalez stehen Statthalter für die Position an vorderster Front Gewehr bei Fuß. Elf Tore in den zurückliegenden beiden Spielen haben gezeigt, was in der Mannschaft steckt – »wenn sie es schafft, entfesselt zu spielen und sich von diesem Himmelhoch-jauchzend und Zu-Tode-betrübt lösen kann«, schränkte Mislintat ein. Eine erneute große Umstrukturierung schließt der Kaderplaner aus. »Wir haben auch jetzt schon eine sehr, sehr gute Qualität und viel Potenzial.« Die fehlende Erstliga-Erfahrenheit muss das Team mit der notwendigen Energie auf dem Platz wettmachen – oder sich halt weiterer Schwabenstreiche bedienen. (GEA)