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Walter beim VfB Stuttgart nach nur 175 Tagen am Ende

Zweitliga-Drittplatzierter trennt sich am Tag vor Heiligabend erwartungsgemäß von seinem Cheftrainer

Nach nicht einmal einem halben Jahr ist Tim Walter als Cheftrainer des VfB Stuttgart bereits Geschichte.  FOTO: EIBNER
Nach nicht einmal einem halben Jahr ist Tim Walter als Cheftrainer des VfB Stuttgart bereits Geschichte. FOTO: EIBNER
Nach nicht einmal einem halben Jahr ist Tim Walter als Cheftrainer des VfB Stuttgart bereits Geschichte. FOTO: EIBNER

STUTTGART. Es war eine keineswegs frohe Botschaft, die Tim Walter da unmittelbar vor Heiligabend ereilte. Der VfB Stuttgart hat sich von seinem Cheftrainer getrennt. Und das nach nur 175 Tagen. Der Coach war mit einer neuen Spielidee beim Fußball-Zweitligisten angetreten – und ist damit nun krachend gescheitert. »Wir haben in den letzten Wochen und zuletzt nach dem Spiel in Hannover viele intensive Gespräche geführt. Dabei wurde zunehmend deutlich, dass unterschiedliche Ansichten über die Entwicklung des Kaders zur Realisierung unserer sportlichen Ziele bestehen.« Mit diesen Worten wurde der Vorstandsvorsitzende Thomas Hitzlsperger in eine Pressemitteilung des Vereins zitiert. »Bezüglich eines Nachfolgers haben wir noch keine Entscheidung getroffen« hieß es weiter.

Ständige Positionswechsel, extrem hochstehende Abwehrspieler, viel Ballbesitz und noch mehr Laufarbeit. Die von Walter propagierte Fußballphilosophie hat durchaus ihren Charme – und war für Hitzlsperger und Sportdirektor Sven Mislintat deshalb auch verlockend. Bei der Umsetzung stieß die Mannschaft allerdings bis zuletzt an ihre Grenzen, weil die meistens tief stehenden Gegner den »Walter-Code« schnell entschlüsselt hatten. Der gebürtige Bruchsaler justierte daraufhin mehr und mehr nach, wodurch von seiner ursprünglichen Vorstellung am Ende kaum noch etwas übrig war.

»Der Aufstieg sowie die Weiterentwicklung unserer Spieler und der Spielidee sind in Gefahr«

»Die umfangreiche Analyse der Hinrunde ergab, dass wir unsere kurz- und mittelfristigen Zielsetzungen, aufzusteigen und unsere Spieler und unsere Spielidee gemeinsam konsequent weiterzuentwickeln, gefährdet sehen«, ließ Mislintat verlauten. Letztendlich habe man die Entscheidung »im Sinne unserer Ziele getroffen«. Der VfB überwintert – punktgleich (31) hinter dem HSV – auf Tabellenplatz drei, der am Rundenende bekanntlich die Relegation bedeuten würde.

Zu Beginn der Saison hatte sich die Mannschaft noch komplett mit Walters Spielidee identifiziert. Doch nach einem makellosen Rundenauftakt mit neun Pflichtspielen ohne Niederlage bröckelte mit den ausbleibenden Erfolgserlebnissen das Vertrauen. Die gewöhnungsbedürftigen Umgangsformen des Übungsleiters mit seinen Spielern und seine für den Profi-Fußball eher unkonventionelle Außendarstellung trugen ihr Übriges zum erwartungsgemäßen Ende nach nicht einmal ganz einem halben Jahr bei.

Schlussendlich waren es aber mit drei personellen Neuerungen wohl auch ein bisschen zu viel Experimente, mit denen der Bundesliga-Absteiger ins Rennen gegangen war: Ein unerfahrener Sportvorstand Hitzlsperger, der seit Mitte Oktober sogar Vorstandsvorsitzender ist, ein beim VfB noch recht neuer Sportdirektor Mislintat sowie ein neuer Trainer Walter, der noch nie an einem viel beachteten und im Profibereich höchsten Ansprüchen verpflichteten Standort gearbeitet hat. Gepaart mit einer Mannschaft, die nahezu komplett neu zusammengestellt wurde.

VON CHRISTIAN GROSS BIS TIM WALTER

Die 17 Trainer des VfB Stuttgart der vergangenen zehn Jahre

Der VfB Stuttgart hat in den vergangenen zehn Jahren 17 Mal den Trainer gewechselt. Bruno Labbadia war bislang der letzte Chefcoach des Fußball-Zweitligisten, der mehr als zwei Jahre lang beim VfB arbeiten durfte:

Christian Gross (Dezember 2009 bis Dezember 2010), Jens Keller (Oktober 2010 bis Dezember 2010), Bruno Labbadia (Dezember 2010 bis August 2013), Thomas Schneider (August 2013 bis März 2014), Huub Stevens (März 2014 bis Juni 2014), Armin Veh (Juli 2014 bis November 2014), Huub Stevens (November 2014 bis Juni 2015), Alexander Zorniger (Juli 2015 bis November 2015), Jürgen Kramny (November 2015 bis Juni 2016), Jos Luhukay (Juli 2016 bis September 2016), Olaf Janßen (September 2016), Hannes Wolf (September 2016 bis Januar 2018), Tayfun Korkut (Januar 2018 bis Oktober 2018), Andreas Hinkel (Oktober 2018), Markus Weinzierl (Oktober 2018 bis April 2019) Nico Willig (April 2019 bis Mai 2019) Tim Walter (Juli 2019 bis Dezember 2019). (dpa/GEA)

Verbunden mit dem klaren Ziel, nach einem Jahr im Unterhaus wieder in die Beletage des deutschen Fußballs aufsteigen zu müssen, wurde das fragile Konstrukt überfordert. Am Ende musste Walter als Trainer und damit quasi schwächstes Glied in der Kette gehen. Hitzlsperger soll dem Vernehmen nach schon vor einiger Zeit mit dem Ex-VfB-Coach Bruno Labbadia über eine Walter-Nachfolge gesprochen haben. Aber auch der im November in Mainz entlassene Sandro Schwarz sowie Markus Anfang, der im April beim 1. FC Köln trotz Aufstiegskurs gehen musste, sind Kandidaten. (GEA)