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Ein Jahr Mislintat beim VfB: Was soll jetzt noch kommen?

Vor einem Jahr fing Sven Mislintat als Sportdirektor beim VfB Stuttgart an. Nach diesen turbulenten zwölf Monaten kann ihn kaum noch etwas erschüttern.

Sven Mislintat
Sven Mislintat. Foto: Guido Kirchner/dpa/Archivbild
Sven Mislintat. Foto: Guido Kirchner/dpa/Archivbild

STUTTGART. Am 1. Mai 2019 fing alles an. Vor einem Jahr hatte Sven Mislintat die Arbeit beim VfB Stuttgart aufgenommen. Für seine ersten zwölf Monate als Sportdirektor beim anfangs noch Fußball-Erst- mittlerweile allerdings Zweitligisten eigentlich nicht zu beneiden. Als er bei den »Roten« antrat, stand noch nicht mal fest, in welcher Liga der Club künftig spielen wird. Kurz darauf musste Mislintat dann tatsächlich den Absturz ins Unterhaus miterleben. Nur kurze Zeit später, am 15. Juli 2019, folgte der Rücktritt des von einigen Mitgliedern heftig kritisierten Präsidenten Wolfgang Dietrich. Am Tag vor Weihnachten noch die Trennung vom erfolglosen Cheftrainer Tim Walter und in der Folge die Verpflichtung seines Nachfolgers Pellegrino Matarazzo. Nun schließlich noch die Coronakrise.

»Was soll jetzt eigentlich noch kommen, was einen extremer fordern kann?«, sagt Mislintat milde lächelnd ins Telefon. An seine Grenzen hat den Mann aus dem Ruhrgebiet diese turbulente Zeit nicht gebracht. Man hat den Eindruck, das Gegenteil ist der Fall: »Das erste Jahr war alles andere als langweilig. Aber ich möchte nicht einen Tag davon missen«, sagt der 47-Jährige. »Gerade in solchen Phasen lernt man das Meiste und wächst an den Herausforderungen.«

Als Chefscout von Borussia Dortmund hatte sich Mislintat über viele Jahre hinweg einen guten Ruf aufgebaut. Der gebürtige Kamener spielte eine entscheidende Rolle bei zahlreichen Toptransfers des BVB. So entdeckte er unter anderem Ousmane Dembélé, Pierre-Emerick Aubameyang, Shinji Kagawa oder Robert Lewandowski. Auch deshalb wurde der FC Arsenal später auf ihn aufmerksam. Als das »Diamantenauge«, so sein Spitzname, dann beim ins Trudeln geratenen VfB anheuerte, sprachen nicht wenige von einem Coup.

Rückendeckung von Hitzlsperger

Ex-Präsident Dietrich lobte Mislintat in den höchsten Tönen, sprach über ihn von einem »absoluten Experten mit hohem Renommee«. Vorstandschef Thomas Hitzlsperger schwärmte vom »Wissen, seinem Netzwerk und seiner Art, Fußball zu denken«, die den ausgebildeten Fußballlehrer ausmachten. Der ehemalige Mittelfeldspieler des damaligen westfälischen Oberligisten Lüner SV begründete seinen Schritt zum VfB damit, dass ihm die Atmosphäre bei Traditionsclubs sehr wichtig sei.

Mit Hitzlspergers Rückendeckung krempelte Mislintat die Mannschaft fast komplett um. Knapp 20 Spieler haben der Verein unter ihm verpflichtet – fast alle gehen auf Mislintats Expertise zurück. »Er lässt mir in meinen Kernkompetenzen meine Freiheit und vertraut mir«, sagt Mislintat über die Zusammenarbeit mit Hitzlsperger. Und weiter: »Thomas weiß ganz genau, was er will und was er kann, und wo er auf die Expertise anderer zurückgreifen möchte.« Das Team könne sich mit dem Vorstandschef »permanent spiegeln und reflektieren«.

Mislintat weiß aber auch, dass nur der Aufstieg über Wohl oder Wehe seiner Arbeit entscheiden wird. Wird die sofortige Rückkehr in die Beletage des deutschen Fußballs verpasst, gerät auch der von ihm zusammengestellte Kader in die Kritik. Und damit auch er selbst. Er ist ein Freund des Leistungsprinzips. Wenn wieder gespielt wird, lässt er sich auch gern wieder an seiner Arbeit messen. (GEA)