Berlin (dpa) - Kraftpaket Georg Grozer und die deutschen Volleyballer dürfen sich keinen Fehltritt leisten. Bei einer hochkarätig besetzten Mini-EM will sich die Mannschaft von Bundestrainer Andrea Giani, angetrieben von ihrem Star-Angreifer, den Traum von Tokio erfüllen.
Vier Jahre nach der schmerzlich verpassten Olympia-Chance für Rio wird wieder die Berliner Max-Schmeling-Halle zum Schicksalsort für den EM-Zweiten von 2017. »Ich habe in mir die tiefe Überzeugung, dass wir es schaffen können«, verkündete Zuspieler und Kapitän Lukas Kampa (33) vor dem deutschen Auftakt in Gruppe A am Sonntag (19.30 Uhr/Sport1) gegen den vermeintlich leichtesten Vorrundenkontrahenten Tschechien.
Der Verdrängungswettbewerb in der Hauptstadt ist gnadenlos. Nur der Gewinner des Achterturniers sichert sich das Ticket für Japan. »Es ist schwieriger sich zu qualifizieren, als eine Medaille bei Olympia zu gewinnen«, meinte Giani vor dem Start. »Viel hängt vom Willen und der Bereitschaft ab, sich zu opfern und alles zu geben.«
Fünf Spiele in nur sechs Tagen inklusive des Endspiels am Freitag warten im besten Fall auf Deutschland. »Man kann sich keinen Fehltritt erlauben«, räumte Kampa vor dem dichten XXL-Programm ein. »Die Dauerspannung begleitet uns.«
Berlin ist zum dritten Mal nacheinander das Sprungbrett zu Olympia. 2012 schafften es die Deutschen nach London, 2016 verspielten sie in einem dramatischen Duell gegen Weltmeister Polen die Chance auf Rio. Als eine der »schmerzhaftesten Niederlagen« seiner Karriere bezeichnete Kampa die Partie. Angesichts der Vorrundengruppe mit Tschechien, Belgien und dem EM-Zweiten Slowenien ist er aber »sehr, sehr überzeugt«, dass die Olympia-Qualifikation möglich ist. Die Konstellation gebe der Mannschaft außerdem die »Chance, zu wachsen und uns zu steigern«, befand Giani.
Olympia kann nur mit Grozer (35) in Topform gelingen. Bei der durchwachsenen EM im Herbst vergangenen Jahres hatte der wegen seiner Schlagkraft als »Hammerschorsch« titulierte Athlet noch Trainingsrückstand. Diesen hat der Russland-Legionär von Zenit St. Petersburg längst hinter sich gelassen. Grozer hat schon mehrfach klar gemacht, dass Tokio sein letztes großes Ziel als Nationalspieler ist. Sollte die Qualifikation in Berlin nicht gelingen, ist seine Karriere auf internationaler Bühne beendet.
Mittelblocker Marcus Böhme (34) sieht seine Laufbahn ebenfalls auf der Zielgeraden, Kampa wähnt sich auch im »Herbst oder Winter« seiner internationalen Karriere. Seine Gedanken kreisen indes nur »um das, was jetzt kommt.« Und der Kapitän weiß selbst um die Bedeutung Grozers für den Erfolg der Mannschaft. »Georg wird uns nicht alleine durch die Qualifikation prügeln«, sagte Kampa, »er kann aber auf Topniveau den Unterschied machen und uns extra Energie geben.«
Einen neuen Reiz hat Giani mit der Nominierung von Libero Markus Steuerwald (30) gesetzt. Mehr als zweieinhalb Jahre nach seinem letzten Länderspiel wurde der Routinier vom VfB Friedrichshafen für das Turnier berufen. Steuerwald soll nicht zuletzt den Druck auf die etatmäßige Nummer eins Julian Zenger (22) von Meister Berlin Volleys erhöhen. »Ich bin da, um zu helfen«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. »Ich kenne die ganze Situation und den Druck.« Steuerwald war auch schon 2012 und 2016 dabei.
Die härtesten Konkurrenten der Deutschen für die Tokio-Teilnahme werden neben Slowenien noch aus Gruppe B Europameister Serbien und der EM-Vierte Frankreich sein. Spätestens ab dem Halbfinale müssen die Deutschen Top-Leistungen abrufen. »Herz und Kopf müssen funktionieren«, sagte Grozer.
DVV-Mitteilung zum vorläufigen Kader