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Trauer um den Kaiser: Beckenbauer hinterlässt »großes Vermächtnis«

Der Fußball trauert um seinen Kaiser: Auf den Tod von Franz Beckenbauer reagieren zahlreiche Stars geschockt. Auch der Bundeskanzler kondoliert.

Foto: Gebert/dpa
Foto: Gebert/dpa

MÜNCHEN. Der Fußball trauert um seinen Kaiser: Franz Beckenbauer ist tot. Die größte deutsche Sport-Legende starb am Sonntag im Alter von 78 Jahren, wie seine Familie am Montag der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Auch weltweit gehörte Beckenbauer zu den Allergrößten im Fußball, er wurde Weltmeister als Spieler und Trainer, holte die WM 2006 nach Deutschland. Er war die viel gerühmte Lichtgestalt. »In tiefer Trauer teilen wir mit, dass mein Mann und unser Vater Franz Beckenbauer am gestrigen Sonntag im Kreise seiner Familie friedlich eingeschlafen ist«, teilte die Familie mit. »Wir bitten, in Stille trauern zu können und von allen Fragen abzusehen.«

Seine sportliche Familie reagierte mit Bestürzung. »Franz Beckenbauer ist die größte Persönlichkeit, die der FC Bayern jemals hatte«, sagte Bayern Münchens Ehrenpräsident Uli Hoeneß, der zusammen mit Beckenbauer Welt- und Europameister wurde. »Als Spieler, Trainer, Präsident, Mensch: unvergesslich. Niemand wird ihn jemals erreichen. Die Menschen können sagen, sie haben Fußball gesehen zu Zeiten von Franz Beckenbauer. Er war mir ein Freund, ein einzigartiger Weggefährte – und ein Geschenk an uns alle. Lieber Franz, Ruhe in Frieden!«

Bayerns ehemaliger Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge sagte, Beckenbauer habe »die Geschichte des deutschen Fußballs neu geschrieben und nachhaltig geprägt«: »Als Persönlichkeit beeindruckte er mit seinem großen Respekt vor allen Menschen - denn vor Franz waren alle gleich. Der deutsche Fußball verliert die größte Persönlichkeit in seiner Geschichte.«

Anerkennende Worte fand Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): »Franz Beckenbauer war einer der größten Fußballer in Deutschland und für viele «der Kaiser» - auch, weil er über Generationen für den deutschen Fußball begeistert hat«, schrieb Scholz am Montag beim Kurznachrichtendienst X, früher Twitter. »Er wird uns fehlen. Meine Gedanken sind bei seiner Familie und Freunden.« 

Auch Bundespräsident Steinmeier kondolierte Heidrun Beckenbauer zum Tod ihres Mannes. Dieser sei »eine Ausnahmeerscheinung« gewesen, »das Wort Libero in seiner ganzen Bedeutung scheint für ihn erfunden zu sein«, schrieb Steinmeier und würdigte Beckenbauer als »herausragenden Botschafter unseres Landes«.

Groß ist die Trauer auch in der restlichen Fußball- und Sportwelt. »Der Kaiser war ein großartiger Mensch, ein Freund des Fußballs, ein Champion und eine wahre Legende. Wir werden Dich niemals vergessen, lieber Franz, Danke für alles«, sagte FIFA-Präsident Gianni Infantino.

»Einer der großartigsten Fußballer der Vereinsgeschichte des FC Bayern hat uns leider verlassen. Ruhe in Frieden, Kaiser Franz«, teilte Bayern-Star Thomas Müller mit. »Der Schock sitzt tief, obwohl ich wusste, dass es Franz nicht gut ging«, sagte Lothar Matthäus der »Bild.« Matthäus war 1990 Kapitän der Mannschaft, die unter Teamchef Beckenbauer in Italien die Weltmeisterschaft gewonnen hatte.

Bernd Neuendorf bezeichnete Beckenbauers Tod als »echte Zäsur«. Dieser habe mit seiner Leichtigkeit, seiner Eleganz und seiner Übersicht »auf dem Spielfeld Maßstäbe gesetzt«, erklärte der DFB-Präsident. »Franz Beckenbauer hinterlässt ein großes Vermächtnis für den DFB und den Fußball insgesamt.« 

Sportdirektor Rudi Völler, wie Matthäus 1990 Weltmeister unter Beckenbauer, sagte: »Ich bin unendlich traurig, die Nachricht seines Todes nimmt mich sehr mit. Ich betrachte es als eines der großen Privilegien meines Lebens, Franz Beckenbauer gekannt und erlebt zu haben.« Und Bundestrainer Julian Nagelsmann meinte: »Für mich war Franz Beckenbauer der beste Fußballer der deutschen Geschichte.«

Thomas Weikert, Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), sagte: »Franz Beckenbauer hat als Spieler, Trainer und Persönlichkeit die Fans rund um den Globus begeistert und beeindruckt. Der deutsche Sport verneigt sich zum Abschied vor dem Kaiser.«

Beckenbauer kam als Junioren-Spieler zum FC Bayern und stieg schnell zum Leistungsträger bei den Münchnern auf. Der Bub aus dem Stadtteil Giesing holte unter anderem vier nationale Meistertitel, wurde dreimal Sieger im Europapokal der Landesmeister und Weltpokalsieger.

Mit seiner Eleganz und Leichtigkeit auf dem Spielfeld definierte er die Rolle des Liberos neu und krönte seine Karriere mit dem Gewinn der Heim-Weltmeisterschaft 1974. Zwei Jahre zuvor führte er bereits die deutsche EM-Siegermannschaft an.

Nach einigen Jahren in den USA bei Cosmos New York, wo er mit Pelé in einem legendären Team spielte, kehrte Beckenbauer nach Deutschland zurück und gewann mit dem Hamburger SV 1982 noch einen Meistertitel. Nach dem Vorrunden-Aus bei der EM 1984 wurde er beim DFB auch ohne Trainerschein Teamchef und führte die Nationalmannschaft gleich ins WM-Finale 1986 gegen Argentinien (2:3). Vier Jahre später gelang mit dem WM-Triumph von Rom die Revanche gegen Diego Maradona & Co.

Beckenbauer trat zurück - nicht ohne seinem Nachfolger Berti Vogts mit der Vorgabe der Unbesiegbarkeit eine schwere Hypothek mit auf den Weg zu geben. Als Trainer kehrte Beckenbauer noch zum FC Bayern zurück, als seine Münchner Mitte der 1990er-Jahre kriselten. 

Sein Charisma und seinen polyglotten Glanz nutzte der DFB bei der WM-Bewerbung für 2006. Das Sommermärchen wurde Beckenbauers Glanzstück als Funktionär - und zugleich für ihn persönlich schwierig. Es gab Vorwürfe, als dubiose Zahlungen publik wurden. Ehemalige deutsche Spitzenpolitiker nahmen Beckenbauer im Skandal um die WM 2006 in Schutz. 

Bei Beckenbauers imposantem Lebenswerk sorgen die Anschuldigungen um die WM-Vergabe mit dubiosen Millionenzahlungen für einen späten Beigeschmack. Im Sommer 2019 trennte die Schweizer Bundesanwaltschaft das Verfahren wegen des Verdachts des Betrugs gegen ihn von dem der Mitbeschuldigten ab. Letztlich verjährte es wie auch das gegen drei enge Wegbegleiter aus der Sommermärchen-Zeit.