Melbourne (dpa) - Tennisprofis mit Atemproblemen, Spielabbrüche und heftiger werdende Kritik an den Turnierchefs: Kurz vor Beginn der Australian Open bedrohen die Buschbrände auch das größte Sportereignis auf dem Kontinent.
Einen Tag vor den geplanten Benefizspielen mit Roger Federer, Rafael Nadal und Serena Williams (Mittwoch, 9.00 Uhr/Eurosport) behinderte die verrauchte Luft in Melbourne den Auftakt der Qualifikation für das erste Grand-Slam-Turnier des neuen Jahres. Doch während die Bevölkerung in der australischen Metropole aufgefordert wurde, wegen der rekordverdächtig schlechten Luft drinnen zu bleiben und Fenster und Türen geschlossen zu halten, mussten die Spielerinnen und Spieler ungeachtet der schlechten Luftqualität raus auf die Tennisplätze.
»Über Nacht ist die Luft in Melbourne weltweit am schlechtesten geworden«, sagte der zuständige Gesundheitsbehörden-Chef Brett Sutton Reportern. »Das ist eine neue Erfahrung für uns alle«, sagte Turnierdirektor Craig Tiley. Seit Monaten wüten vor allem im Südosten des Kontinents heftige Buschbrände. Nach Angaben der Regierung kamen bislang 28 Menschen ums Leben. Hunderte Millionen Tiere sind nach vorsichtigen Schätzungen von Wissenschaftlern allein im Bundesstaat New South Wales getötet worden.
Am Dienstag musste das Showmatch mit der deutschen Spielerin Laura Siegemund aus Metzingen und der einstigen Weltranglisten-Ersten Maria Scharapowa aus Russland beim Einladungsturnier in Melbournes Stadtteil Kooyong nach knapp zwei Stunden vorzeitig beendet werden. »Ich habe gemerkt, dass ein bisschen Husten hochkam am Ende des zweiten Satzes. Ich dachte, ich bin krank«, sagte Scharapowa.
In der Qualifikation für die Australian Open, die zunächst mit einer Verspätung von anderthalb Stunden begann, gab die Slowenin Dalila Jakupovic in der ersten Runde nach einem Hustenanfall auf. Die 28-Jährige klagte danach, es sei »nicht fair«, dass die Spielerinnen und Spieler unter solchen Bedingungen antreten müssten. »Das ist nicht gesund für uns. Ich war überrascht, ich dachte, wir würden heute nicht spielen, aber wir haben kaum eine Wahl«, sagte Jakupovic.
Im Match gegen die Schweizerin Stefanie Vögele hatte es 6:4, 5:6 gestanden. Vor einem Satzball für Vögele kniete Jakupovic zunächst nieder und wurde dann von einer Betreuerin vom Platz geführt, im Nacken hatte sie ein Handtuch mit Eisbeuteln. »Es war wirklich schlimm. So etwas habe ich noch nie erlebt, ich hatte wirklich Angst, dass ich kollabiere«, sagte Jakupovic. »Darum bin ich runter. Weil ich nicht mehr laufen konnte. Am Boden war es etwas einfacher, Luft zu bekommen. Ich habe kein Asthma und habe nie Atemprobleme.«
Auch die frühere Wimbledonfinalistin Eugenie Bouchard klagte über leichte Atemprobleme und Schwindel. Die Kanadierin nahm sich mehrere Behandlungspausen, hielt aber durch. »Ich hatte das Gefühl, dass sich die Bedingungen während des Matches verschlechtert haben«, sagte Bouchard. Die Spiele des Hauptfeldes sollen am kommenden Montag beginnen - doch die Kritik von Athletinnen und Athleten wird lauter.
»Warum müssen wir darauf warten, dass etwas Schlimmes passiert, um etwas zu unternehmen?«, schrieb die Weltranglisten-Fünfte Jelina Switolina aus der Ukraine in den sozialen Netzwerken. »Tennis ist ein Spiel!! Gesundheit geht immer vor!! Warum um alles in der Welt würdet ihr Spieler/Schiedsrichter/Ballkinder/ .. unter diesen Bedingungen leiden lassen«, schrieb die Belgierin Kirsten Flipkens.
Bereits in den vergangenen Tagen hatte die vielerorts schlechte Luft zu Konsequenzen geführt. So musste ein zweitklassiges Challenger-Turnier bereits von der Hauptstadt Canberra nach Bendigo verlegt werden. Der Weltranglisten-Zweite Novak Djokovic hatte mit Sorge auf die Entwicklungen geblickt und zu Bedenken gegeben, dass eine schlechte Luftqualität gesundheitliche Folgen für die Spieler haben könnte. Er forderte die Veranstalter auf, auch einen späteren Start der Australian Open in Erwägung zu ziehen. Turnierchef Tiley kündigte an, notfalls in den drei mit einem Dach verschließbaren Arenen oder in nahe gelegenen Hallen spielen zu können.
Ein bisschen Hoffnung ist zumindest in Sicht: Am Mittwoch könnte es in den Brandgebieten regnen - und Wind gegen den Qualm helfen.