KÖLN. »Das nächste Spiel könnte das Finale sein, sogar ein Weltmeisterschaftsfinale«, aber »ich glaube, wir haben die besten Spieler der Welt, wir sind ein großartiges Team, und jeden Tag werden wir noch besser«. Was jedem anderen Trainer als Arroganz ausgelegt werden würde, Luis de la Fuente kann das vor dem Viertelfinale gegen die deutsche Nationalmannschaft am Freitag gelassen aussprechen. Überzeugt von der eigenen Stärke bei der Europameisterschaft geht de la Fuente vom vierten Titel aus. Ohne es wörtlich zu sagen: »Man kann ein Spiel nicht 90 Minuten lang kontrollieren, das Einzige, was wir kontrollieren sollten, ist unsere Emotionalität. Wir hoffen auf drei weitere Spiele in Deutschland«, sagt Spaniens Trainer nach dem 4:1 (1:1) im Achtelfinale gegen Georgien.
»Wir haben hart gearbeitet, niemand hat damit gerechnet, dass wir die Vorrunde überstehen, ich bin sehr stolz auf das, was wir erreicht haben.« Auch der ehemalige Profi des FC Bayern München, Willy Sagnol, seit Februar 2021 Nationaltrainer Georgiens, legte nach dem Spiel seine Zurückhaltung ab: »Wir sind nicht enttäuscht, aber wir sind traurig. Spanien ist fantastisch, aber wir waren nicht ohne Chance.« 20.000 georgische Fans hatten in Köln auf das Fußball-Wunder gehofft.
Als die Mannschaft durch das unglückliche Eigentor von Robin LeNormand in der 18. Minute nach dem ersten Erfolg versprechenden georgischen Angriff in Führung ging, erbebte das Stadion, das Wunder war für kurze Zeit fast Realität. Nächstes Ziel ist die Weltmeisterschaft, ob Sagnol bleibt, ist offen.
»Das nächste Spiel könnte das Finale sein, sogar ein Weltmeisterschaftsfinale«
Als Rodri, das Zentrum des spanischen Spiels und in Köln »Man of the Match«, sechs Minuten vor der Halbzeit den Ausgleich erzielte, jubelten die Spanier, als hätten sie den Titel schon gewonnen. Wer weiß, was passiert wäre, hätte der georgische Superstar Khwischa Kwaratschelia vom SSC Neapel, genannt »Kwaradona«, in der 49. Minute aus 50 Metern die erneute Führung erzielt? Kein Thema für de la Fuente: »Wir wussten, dass sie im Umschalten zu den Besten der Welt zählen, aber wir haben das Spiel bestimmt, am Ende hätten wir auch acht Tore erzielen können.« Das war nach den Treffern von Fabian Ruiz (51.), Nico Williams (75.) und Dani Olmo (83.) keineswegs übertrieben. Luis de la Fuente rotierte zur Anfangsformation zurück, die zum Auftakt des Turniers mit 1:0 gegen Italien gewonnen hatte. »Ich habe niemanden gesehen, der besser gespielt hat, als Team gibt es in diesem Turnier niemand, der besser ist als wir«, sagt Jungstar Nico Williams wenig zurückhaltend.
»Sie sind unsere Zukunft. Sie müssen nur auf dem Boden bleiben«
Spaniens Angriffsschwung ist faszinierend, die Mannschaft lässt in den ersten Minuten die Georgier nicht über die Mittellinie. Angriff auf Angriff rollt auf das Tor des überragenden Giorgi Mamardaschwili, immer wieder rettet er bei über 30 Angriffen in höchster Not, aber stets souverän. Nach der überraschenden georgischen Führung reagieren die Spanier beeindruckt, aber nicht geschockt, weiter rollt Angriff auf Angriff auf das gegnerische Tor. Blitzschnell kombinieren sie auf engstem Raum, aber unmittelbar vor dem Tor fehlt der letzte entscheidende Zug. Erst in der 39. Minute nimmt sich Rodri von der Strafraumgrenze ein Herz, der Ball schlägt unhaltbar in der rechten unteren Torecke ein, die Erleichterung der spanischen Mannschaft ist bis auf die Tribüne zu greifen, aber der georgische Anhang in Köln treibt seine Mannschaft immer wieder zu gefährlichen Kontern.
Der zweite Durchgang ist dann aber fast durchgehend eine spanische Demonstration. Alles läuft über den überdimensionalen Rodri, de la Fuente sagt: »Er ist die Achse unseres Spiels, er ist das Zentrum, er ist großartig, meine größte Hilfe.« Großartig aber auch Außenverteidiger Marc Cucurella vom FC Chelsea, vermutlich der beste Defensivakteur der Euro 2024, und die beiden Jungstars Lamine Yamal vom FC Barcelona, der Junge ist 16 Jahre jung, und Nico Williams von Athletic Bilbao, auch erst 21.
Luis de la Fuente: »Sie sind unsere Zukunft, sie sind selbstbewusst, scheuen das Risiko nicht, sie müssen nur auf dem Boden bleiben.« Spaniens Trainer will in Deutschland beweisen, dass er in der Lage ist, den Weltmeister von 2010 neu auszurichten. Der dreifache Titelträger will den vierten Titel, der Trainer versäumte nicht, dem Gegner, der sich bei seiner ersten Euro-Teilnahme sofort für das Achtelfinale qualifizierte, »höchsten Respekt« zu zollen. Zweifel am Sieg hatte er nie: »Wir haben nach dem 0:1 kurz gelitten, es hat ein paar Minuten gedauert, bis wir einen Plan hatten, dann haben wir das Spiel kontrolliert.«
Das Viertelfinale gegen die deutsche Mannschaft (»Wir treffen auf eine Macht, entscheidend sind die Details«) ist der vorweggenommene Höhepunkt dieses Turniers, unabhängig davon, wer am Ende im Finale steht. (GEA)