Stockholm (dpa) - Nach einem gemütlichen Schnitzel-Abend im Wiener Team-Hotel flogen Deutschlands Handballer gestärkt zum letzten EM-Kraftakt nach Stockholm.
»Die Schnitzel helfen, dass wir etwas gegenzusetzen haben. Das sind ganz schöne Brocken«, sagte Bundestrainer Christian Prokop mit einem Schmunzeln über den letzten Turniergegner Portugal.
An Bord des Charterfluges in die schwedische Hauptstadt bastelte der 41-Jährige bereits an einem Plan für das Spiel um Platz fünf. Das wird für die DHB-Auswahl am Samstag (16.00 Uhr/ARD One noch einmal zu einem Willenstest. »Sie sind eingespielt, weil die meisten Spieler beim FC Porto zu Hause sind. Das ist eigentlich eine verkappte Vereinsmannschaft«, warnte Prokop vor den Portugiesen. »Und sie spielen sehr gut Sieben gegen Sechs. Für uns ist es ganz wichtig, da Lösungen zu finden, an unser Tempo und unsere Galligkeit zu denken.«
Obwohl das Medaillenziel durch die Niederlagen gegen Spanien und Kroatien verfehlt wurde und die Partie für beide Teams nur statistischen Wert hat, müssen seine Schützlinge noch einmal an ihre Schmerzgrenze gehen. Denn der Auftritt gegen das Überraschungsteam dieser EM, das zu den möglichen Gegnern in der Olympia-Qualifikation zählt, wird als letzter Eindruck von der durchwachsenen XXL-EM bleiben. »Es geht vor allem um die Art und Weise, wie wir spielen«, sagte Prokop. Jeder müsse fighten und viel Power investieren. »Das sind Attribute, die zum Abschluss des Turniers noch einmal ganz wichtig sind.«
Zumal es teilweise nicht nur auf dem, sondern auch neben dem Parkett haperte. »Ich wünsche mir eine einheitlichere Außendarstellung. Hier hatte ich den Eindruck, dass es Schwächen in der internen Absprache gegeben hat«, sagte Bundesliga-Geschäftsführer Frank Bohmann der Deutschen Presse-Agentur und kritisierte vor allem die schrillen Outfits von DHB-Vizepräsident Bob Hanning. »Extravaganzen kommen gerade in den kritischen Phasen, in die man im Laufe der EM geraten ist, nicht bei allen gut an. Im Vordergrund muss immer das Team stehen und die Werte, die diese Mannschaft und der DHB vertreten.«
Das alles muss nach der Rückkehr in die Heimat aufgearbeitet werden. Zunächst gilt der Fokus von Prokop und seinen Schützlingen aber dem Duell mit Portugal. »Das wird ein geiles Spiel und ein richtiger Fight. Wir werden alles reinhauen«, versprach Rückraumspieler Philipp Weber.
Der 24-Jährige, mit fünf Toren bester DHB-Werfer gegen die international höchstens zweitklassigen Tschechen, gehörte neben dem erneut als »Man of the Match« geehrten Torwart-Oldie Johannes Bitter und dem geschonten Rechtsaußen Timo Kastening zu den wenigen Lichtblicken im deutschen Team. »Er hat eine sehr interessante EM gespielt«, sagte Prokop über den Leipziger.
Ein Rätsel bleibt dagegen weiter Kapitän Uwe Gensheimer, der die Mannschaft nicht wie erhofft führen konnte. »Uwe wäre freier ohne Kapitänsbinde«, mutmaßte Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar. Der Frage, ob Gensheimer der große Turnierverlierer sei, wich DHB-Vizepräsident Bob Hanning aus: »Bei mir gibt es keine Verlierer, nur Gewinner.«
Das sehen die Experten und Fans in der Heimat etwas anders. Nach einer Rumpel-Vorrunde steigerte sich das deutsche Team in der Hauptrunde zwar, steht aber dennoch zum vierten Mal nacheinander am Ende eines großen Turniers mit leeren Händen da. Der Kader war selbst in der Breite schlicht nicht gut genug.
Dafür gab es lautstarke Kritik von der alten Garde um Christian Schwarzer, Daniel Stephan und Co. Die bewirkte zumindest, dass die aktuelle DHB-Truppe noch enger zusammengerückt ist. Prokop kam vor dem Schlussakt zu einer anderen Bewertung der Endrunde: »Es ist schon jetzt ein versöhnlicher Abschluss, weil die Mannschaft eine tolle Entwicklung nimmt und eine tolle Einstellung hat.«
Trainer und Mannschaft wissen aber nur zu gut, dass man sich gegen Portugal nicht hängen lassen darf. Es wäre »enttäuschend, wenn unsere Leistung nicht stimmt, unsere Mentalität nicht stimmt«, mahnte Prokop. Schließlich hat er die Partie als Härtetest für den anstehenden Kampf um ein Olympia-Ticket ausgerufen.
Edelmetall in Tokio bleibt das große Ziel in diesem Jahr, dem muss alles untergeordnet werden. »Ich finde, wir dürfen ruhig die Ziele hochhalten in unserem Land. So lange ich dafür verantwortlich bin, bleibe ich dabei, den Druck bei allen Verantwortlichen hochzuhalten«, sagte Hanning und formulierte den Anspruch: »Wenn die Mannschaft in bestmöglicher Besetzung zusammen ist, dann wollen und brauchen wir eine Medaille für den deutschen Handball.«
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