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»Queen of the Palace«: Sherrocks modernes Sport-Märchen

Die Sport-Welt ist beeindruckt. In der seit Jahrzehnten von Männern dominierten Kneipen-Sportart Darts verblüfft Fallon Sherrock alle. Die junge Engländerin würde am liebsten sofort wieder auf die Bühne.

Fallon Sherrock
Könnte ihren nächsten Coup kaum fassen: Fallon Sherrock. Foto: Steven Paston/PA Wire/dpa
Könnte ihren nächsten Coup kaum fassen: Fallon Sherrock. Foto: Steven Paston/PA Wire/dpa

London (dpa) - Das nächste Kapitel ihres modernen Sport-Märchens nannte Fallon Sherrock ganz spontan »ihr schönstes Weihnachtsgeschenk überhaupt«.

Die 25 Jahre alte Engländerin schreibt bei der Darts-WM weiter eifrig Geschichte und wird nach dem furiosen 3:1-Sieg über Österreichs Weltklassespieler Mensur Suljovic nach den Feiertagen erneut im Londoner Partytempel die Bühne betreten. Am späten Samstagabend strahlte Sherrock so sehr, dass man das Gefühl bekam, auf diese drei Tage Weihnachtspause könnte sie gerade sehr gut verzichten. »Ich will einfach nur wieder auf die Bühne und wieder spielen«, sagte die Mama eines fünfjährigen Sohnes.

Dem Publikum im Alexandra Palace geht es wohl genauso, sie können das Match gegen Englands Chris Dobey am Freitag (14.45 Uhr/Sport1 und DAZN) schon jetzt kaum noch erwarten. Minutenlang und mit unfassbarer Lautstärke besangen die 3000 Fans ihre neue Heldin und stellten sie gar auf eine Stufe mit Rekord-Weltmeister Phil Taylor. »There's only one Fallon Sherrock«, schallte es in maximalem Pegel durch die Arena. Die schon als »Queen of the Palace« bezeichnete Sherrock wirkte etwas verlegen ob dieser grenzenlosen Zustimmung.

Und auch »The Power« Taylor ließ sich nicht lange bitten und gratulierte umgehend. »Das war absolut brillant, Fallon Sherrock. Jetzt auf zur nächsten Aufgabe. Super gemacht, ich freue mich sehr für dich«, schrieb der 16-malige Weltmeister auf Twitter. Das Phänomen Sherrock begeistert nicht nur Fans und Experten, sondern auch zahlreiche Spieler, die den aus verqualmten Kneipen kommenden Sport jahrzehntelang für eine reine Männer-Domäne hielten.

Was Sherrock sportlich auf der Bühne bot, war eine gewaltige Leistung und eine deutliche Steigerung zum historischen Erstrundensieg gegen Landsmann Ted Evetts. Überragende 67 Prozent aller Würfe auf die Doppelfelder fanden ihr Ziel und sorgten dafür, dass sie auch den hoch favorisierten Ranglistenelften aus dem Turnier warf. »Wir können die Männer schlagen, wir haben das bewiesen!«, rief Sherrock. Die Forderung, die da an den Weltverband mitschwang, war überdeutlich: Gebt uns noch mehr Chancen!

Wie sich die Männer-WM der PDC (Professional Darts Corporation) und die Frauen-WM der BDO (British Darts Organisation) unterscheiden, lässt sich am besten über das Preisgeld verdeutlichen. Sherrock hat nach zwei Siegen und dem Einzug in die dritte Runde bereits 25.000 Pfund eingespielt - dafür hätte die gelernte Friseurin das Turnier der Frauen zweimal gewinnen müssen. Schafft sie gegen Dobey eine weitere Überraschung, würde Sherrock alleine mehr Preisgeld gewinnen, als für alle Teilnehmerinnen der Frauen-WM ausgeschüttet wird.

Sherrock steht jetzt im Darts-Geschichtsbuch als erste siegreiche Frau bei einer WM und als erste Frau in Runde drei. »Ich bin immer noch sprachlos, weil ich nicht glauben kann, was da passiert ist«, sagte sie. Schon nach dem ersten Sieg waren der mediale Rummel und das öffentliche Interesse beinahe ins Unermessliche gestiegen. Sherrock absolvierte einen 24-stündigen Pressemarathon, auch diesmal war an Ruhe nicht zu denken. »Ich weiß gar nicht, wie ich heute Nacht schlafen soll«, sagte sie auf der Bühne, nachdem sie sich ungläubig die Hand vors Gesicht hielt und wieder mit den Tränen kämpfte.

Weitgehend emotionslos und cool präsentierte sich die junge Sherrock über das ganze Match, während der deutlich ältere Suljovic sich in einer Tour den Schweiß aus dem Gesicht wischte und nie ein gutes Gefühl zu kriegen schien. Es war ein intensives Duell, das mehrere überraschende Wendungen und richtige Darts-Dramatik bot.

Sherrock, die aus dem englischen Milton Keynes kommt, wird nun mit ihrem Sohn Weihnachten feiern, während die PDC und Sky Sports die Gunst der Stunde für eine weitere riesige PR-Offensive nutzen werden. »Ich habe einen der besten Spieler der Welt geschlagen und das gibt mir das beste Gefühl überhaupt«, sagte Sherrock. Dieses Gefühl hätte sie auch nach dem Match gegen Chris Dobey gerne wieder.

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