Barcelona (dpa) - Der Aufstieg vom Ruheständler zum neuen Trainer des FC Barcelona binnen 24 Stunden kam auch für Quique Setién selbst überraschend.
»Gestern ging ich noch an Kühen vorbei in meinem Dorf spazieren, und heute bin ich hier, bei den besten Spielern der Welt - das ist einfach das Größte«, sagte er bei seiner Vorstellung in Barcelona: »Das hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausmalen können.«
Zuletzt hatte Setién Betis Sevilla trainiert, seit Sommer 2019 aber eigentlich die Trainer-Pension genossen. Der Vertrag, den der 61 Jahre alte Nordspanier bei den Katalanen unterzeichnete, ist nun aber sogar bis zum 30. Juni 2022 gültig. Und passend für einen auf einem der begehrtesten Trainerstühle im Weltfußball, formulierte Setién im ehrwürdigen Camp Nou sogleich seine großen Pläne mit dem Starensemble um Lionel Messi: »Mein Ziel ist es, alles zu gewinnen, was man gewinnen kann.«
Die Meisterschaft in den vergangenen beiden Spielzeiten, die Copa del Rey und auch den spanischen Supercup gewann Barcelona unter seinem Vorgänger. Dennoch musste Valverde weichen. Am späten Montagabend hatte der Club die Trennung bekanntgegeben vor dem Ende des Vertrags nach dieser Saison. Erstmals seit 2003 - damals hatte es den Niederländer Louis van Gaal ebenfalls im Januar erwischt - entließ der Verein einen Trainer mitten in der Saison.
»Es ist gerade Halbzeit in der aktuellen Saison - und wir wollten vor der zweiten Hälfte eine Veränderung, um neue Impulse zu geben«, sagte Barça-Präsident Josep Maria Bartomeu. Tabellenführer ist der FC Barcelona, in der Champions League geht es im Achtelfinale gegen den SSC Neapel mit dem ehemaligen Leipziger Diego Demme.
Setién will nicht nur alles gewinnen, er muss es auch. Die Vereinsbosse gingen kein kleines Risiko ein. »Barça wählt den Abgrund«, schrieb die Zeitung »El Pais« aus Madrid. Es waren allerdings vor allem die Hauptstadt-Medien, die den Trainerwechsel beim Erzrivalen kritisierten. »Die Schlaftablette geht, der neue Guardiola kommt«, befand hingegen »Mundo Deportivo«. In einer Onlineumfrage der Zeitung bewerteten zunächst rund 80 Prozent von fast 40.000 Teilnehmern den Wechsel als gut.
Die 1a-Wunschlösung war Setién dennoch wohl nicht. Kandidaten wie die ehemaligen Barça-Legenden Xavi oder Thierry Henry konnten und wollten nicht, Messi-Landsmann Mauricio Pochettino war auch nicht zu bekommen.
Umso mehr pries Barcelona den nun Erwählten. Der Coach aus Santander, der mit bürgerlichem Namen Enrique Setién Solar heißt, wird von seinem neuen Arbeitgeber als einer der »erfahrensten« Trainer im spanischen Fußball gepriesen. Setién sei ein Verfechter von angriffsorientiertem Ballbesitzfußball, ganz im Sinne der Fans.
In seiner Heimatstadt gilt er als Legende. Bei Racing Santander war er lange als Profi aktiv und seit 2002 als Trainer. Sein Spitzname dort: »El Maestro«. Weitere Stationen waren unter anderem UD Las Palmas und zuletzt Sevilla. Seine Bilanz in der Ersten Liga: 60 Siege, 60 Niederlagen, 53 Remis. Als Spieler war er in den 1980er Jahren auch für Atlético Madrid aktiv. Er wird der 60. Trainer in der Historie des FC Barcelona sein.
Vorgänger Valverde verabschiedete sich in einem Offenen Brief auf der Vereins-Homepage. »Es waren von Beginn an zweieinhalb sehr intensive Spielzeiten«, schrieb der 55-Jährige. Er habe in der Zeit Siege und Titel mit dem FC Barcelona gefeiert, aber auch schwere Momente durchgemacht. Dass zweimalige Scheitern in der Champions League lastete schwer. »Barcelona ist ein besonderer Ort, an dem der Gewinn der Liga nicht ausreicht. Valverde tut mir sehr leid, er hat das nicht verdient«, kommentierte der ehemalige Erfolgscoach der Katalanen, Pep Guardiola.
Angeblich soll es nach dem 2:2 zu Jahresbeginn im Stadtderby gegen Espanyol in Präsident Bartomeu mächtig gebrodelt haben. Ihm schwante: So wird es wieder nichts mit der Champions League, die die Blaugrana zuletzt 2015 gewonnen hatten. Das 2:3 und damit das Aus im spanischen Supercup am vergangenen Donnerstag gegen Atlético Madrid forcierte dann den Trainerrauschmiss.
10 Dinge, die man über Setién wissen sollte
Bericht Marca zu Pep Guardiola