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Nationalmannschaft: Nach der Krise ist vor der Krise

Bundestrainer Joachim Löw. FOTO: GAMBARINI/DPA
Bundestrainer Joachim Löw. FOTO: GAMBARINI/DPA
Bundestrainer Joachim Löw. FOTO: GAMBARINI/DPA

Noch einmal kann Joachim Löw machen was er will. Seit seiner Rücktrittsankündigung geht es nur noch um ein Turnier. Das hat der Bundestrainer gewollt. Jetzt kommt es nur noch auf ihn an, bei der Europameisterschaft den optimalen Erfolg anzupeilen – unabhängig von Niederlagen gegen ambitionierte Formationen wie die von Nordmazedonien.

Löw muss mit dieser Nationalmannschaft keine perspektivischen Entwicklungen mehr im Auge haben, er muss nur noch dafür sorgen, dass die beste deutsche Mannschaft an den Start gehen kann. Diese beste deutsche Mannschaft kann nach den Erfahrungen der ersten Qualifikationsspiele nicht ohne Thomas Müller und Mats Hummels auskommen. Das kann man drehen und wenden wie man will, diese Mannschaft besteht aus überragenden Einzelkönnern, aber weder Ilkay Gündogan noch Leon Goretzka, allenfalls vielleicht Joshua Kimmich waren gegen Nordmazedonien in der Lage, in entscheidenden Phasen der Mannschaft Richtung zu geben. Das ist bitter, weil es enttäuschend ist.

Aber jetzt, wo nur noch wenig Zeit ist, kommt es darauf an, dass Löw die richtigen Konsequenzen zieht. Wenn er jetzt stur und unbelehrbar bleibt, auf Müller und Hummels verzichtet, geht er das Risiko ein, am Ende seiner Amtszeit die Selbstzerstörung einer großen Trainerkarriere in Kauf zu nehmen. Noch einmal kommt es auf Löw an, auf seine Kraft, nicht mehr dogmatisch an einmal getroffenen Entscheidungen festzuhalten sondern pragmatisch den Weg einzuschlagen, der bei der Europameisterschaft Erfolg verspricht.

Das hat mit Freiheit zu tun. Mit Größe und mit Verantwortung. Löw muss erkennen, dass er auf dem Spielfeld einen wie Müller braucht, der laut wird und seine Leute mitreißt. Hummels kann das auch. Andere können es nicht. Auch Löw nicht, er ist und bleibt kein Lautsprecher. Andere Trainer wären im zweiten Durchgang in Duisburg auf die Palme gegangen.

Nach der Krise ist vor der Krise. Aber zementiert ist das nicht. Bewegen muss sich Joachim Löw. Und nur er. Man darf gespannt sein.

 

christoph.fischer@gea.de