Stockholm (dpa) - Wie ein Feldherr stand Christian Prokop mit verschränkten Armen in der riesigen Tele2-Arena von Stockholm und gab den deutschen Handballern letzte Anweisungen für das Spiel um EM-Platz fünf gegen Portugal.
Nach der verpassten Medaille bei der von einigen Misstönen begleiteten Endrunde fordert der Bundestrainer von seinen in Kopf und Beinen müden Schützlingen in der bedeutungslosen Partie an diesem Samstag (16.00 Uhr/ARD One) noch einmal volles Engagement, um Selbstvertrauen für die anstehenden Aufgaben zu tanken.
»Für uns ist das ein ganz wichtiger Abschluss im Hinblick auf das Olympia-Qualifikationsturnier«, sagte Prokop mit Bestimmtheit. »Wir wollen uns noch mal aufraffen und die letzten Körner raus schießen für ein gutes Gefühl in den nächsten zweieinhalb Monaten.«
Ganz entscheidend für das Gesamtbild dieser EM wird sein, ob sich die deutsche Mannschaft trotz der befürchteten Geisterkulisse in der 22.000 Zuschauer fassenden Fußball-Arena noch einmal pushen kann. Das war in der Vorrunde in Trondheim nicht gelungen. »Natürlich werden mehr Zuschauer zum Finale kommen. Aber wir spielen ja nicht, um uns die Stockholmer Arena anzugucken. Es ist ein Spiel für unsere Investition in die Zukunft. Da werden wir sehen, wo wir stehen und welche Aufgaben wir noch mitkriegen auf dem Weg nach Tokio«, sagte Prokop. Verzichten muss er erneut auf Abwehrstratege Patrick Wiencek vom Bundesliga-Spitzenreiter THW Kiel, der mit Knieproblemen ausfällt.
Bereits nach der Ankunft in der schwedischen Hauptstadt am Donnerstag hatte Prokop seine Truppe mit deutlichen Worten auf die letzte EM-Herausforderung gegen die aufstrebenden Portugiesen eingeschworen. »Wir haben ganz offen unseren Zustand angesprochen. Ich verlange, dass wir vom Kopf voll da sind und alles dafür tun, bei hundert Prozent zu sein«, berichtete der 41-Jährige. »Da habe ich ein gutes Gefühl. Alle haben das verstanden.«
Im Hinterkopf ist dabei schon der Mitte April in Berlin anstehende Kampf um das Olympia-Ticket. »Dafür wollen wir uns wappnen«, betonte Prokop, »denn da geht es nicht um Platz fünf oder sechs. Wir wollen bereit sein, diese K.o.-Spiele zu gewinnen.« Uwe Gensheimer ließ daran keinen Zweifel aufkommen - unabhängig vom Ausgang des Portugal-Spiels. »Alles, was wir wollen, ist, zu den Olympischen Spielen zu kommen«, bekräftigte der bei der EM unter seinen Möglichkeiten gebliebene DHB-Kapitän.
Ein Scheitern würde den Deutschen Handballbund enorm zurückwerfen und die während der EM geführte Trainerdebatte sofort wieder aufflammen lassen, auch wenn Prokop in der Heimat viel Rückhalt genießt. »Ich glaube, dass die gesamte Handball-Bundesliga zu hundert Prozent hinter dem Trainer und dem sportlichen Team steht«, bekräftigte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann.
Für Jürgen Schweikardt, Trainer und Geschäftsführer des TVB Stuttgart, macht der Bundestrainer »seine Sache gut«. Er nahm viel mehr die Verbandsführung ins Visier: »Wenn nur ein Titel zählt, werden wir ziemlich oft enttäuscht sein in den nächsten Jahren.« Meistertrainer Maik Machulla von der SG Flensburg-Handewitt machte sich ebenfalls für Prokop stark und forderte in einer Kolumne für die Zeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages: »Lasst ihn in Ruhe arbeiten!«
Genau das schwebt auch Prokop vor, der sich von dem Duell mit Portugal erste Aufschlüsse erhofft. Denn die Südeuropäer könnten bei der Olympia-Ausscheidung erneut den Weg der DHB-Auswahl kreuzen. »Nach dem Spiel hat man erste Ansätze, was passt und was nicht«, sagte der Bundestrainer.