STUTTGART. Er würde das wahrscheinlich niemals tun. Aber Tayfun Korkut hätte sagen können, dass er sie alle eines Besseren belehrt hat. Die zahlreichen Fans des VfB Stuttgart, die ihn von Anfang an mit großer Skepsis empfangen hatten.
Auch diejenigen, die ohnehin an seiner Arbeit als Trainer zweifeln. Aber Korkut ist auch nach dem frühzeitig gesicherten Klassenerhalt mit dem VfB sachlich geblieben. »Es war für mich einfach nur wichtig, sich auf das zu fokussieren, was ich beeinflussen konnte«, sagte er im ZDF-»Sportstudio«. »Ein dickes Fell, das hab' ich.«
Was im Rückblick so simpel klingt, dürfte für den 44-Jährigen trotz seines dicken Fells nicht immer so einfach gewesen sein. Dass die Fans des VfB drei Spieltage vor Saisonende nach einem hochverdienten 2:0 gegen Werder Bremen den Klassenerhalt feiern würden, war bei Korkuts Verpflichtung nicht zu erwarten gewesen. Als die Schwaben Ende Januar bekanntgegeben hatten, dass der Deutsch-Türke auf den beurlaubten Hannes Wolf folgen würde, gab es zur Begrüßung wütende Kommentare in den sozialen Netzwerken. Form und Inhalt waren vielfach alles andere als angemessen, der Tenor aber immer gleich: Was hat dieser Korkut in seiner Trainerkarriere denn bisher geleistet?
Nicht viel, lautete das Ergebnis der Analyse der VfB-Anhänger. Tatsächlich war die jüngere Trainerlaufbahn des ehemaligen türkischen Nationalspielers nicht von Erfolgen gekrönt. Knapp eineinhalb mäßige Jahre bei Hannover 96 mit anschließender Beurlaubung, ein kurzes Intermezzo beim Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern sowie ein paar Spiele im Endspurt der vergangenen Saison mit Bayer Leverkusen. In Stuttgart aber hat er die wütenden Anhänger schnell zum Schweigen gebracht. Korkut startete mit acht Spielen ohne Niederlage und verlieh einer verunsicherten Mannschaft Stabilität.
»Wir haben sofort einen guten Draht zueinander gefunden. Was er macht, kommt sehr, sehr gut in der Mannschaft an«, sagte Kapitän Christian Gentner. »Die Entwicklung ist die logische Konsequenz.« Dabei macht Korkut alles andere, aber keine Wunderdinge. Er vertraut fast immer derselben Startelf, setzt auf defensive Stabilität und Ordnung. Der VfB unter Korkut sei eine »sehr gute, kompakte, clevere Einheit«, sagte Werder-Coach Florian Kohfeldt. Gegen die Bremer überzeugte Korkuts Mannschaft erstmals in der Rückrunde auch offensiv.
Für Korkut wird es in der kommenden Spielzeit darauf ankommen, dieses Angriffsspiel weiterzuentwickeln. VfB-Sportvorstand Michael Reschke hatte vor einigen Tagen bereits Verpflichtungen von interessanten, jungen Spielern angekündigt. Sein bisher gelungenster Transfer aber dürfte der von Korkut im Winter gewesen sein. Auch wenn Korkut selbst das niemals so sehen würde und stattdessen seinem Team den größten Anteil am Klassenerhalt zuspricht. Er müsse der Mannschaft daher ein »großes, großes Kompliment machen«, sagte er. »Dass sie bedingungslos hinter der Idee stand.« Und hinter ihm. (dpa)