PARIS. Ein Glas Rotwein als Seelentröster nach der verpassten Halbfinal-Premiere kam für Laura Siegemund nicht infrage.
»Ich trinke keinen Alkohol, also muss es kein Glas Rotwein sein«, sagte die letzte verbliebene deutsche Tennisspielerin nach ihrer Viertelfinal-Niederlage bei den French Open auf die Frage, ob sie sich trotz der Enttäuschung über das Ausscheiden für ihre insgesamt tollen Leistungen in den vergangenen Wochen doch noch belohnen würde.
Bei den US Open gewann die deutsche Nummer drei den Titel im Doppel, bei den French Open kam sie weiter als all ihre nationalen Konkurrentinnen: Angelique Kerber scheiterte in der ersten Runde, gegen Julia Görges gewann Siegemund in Runde zwei. Nun aber sind in den Einzel-Wettbewerben des Sandplatz-Turniers in der französischen Hauptstadt keine deutschen Profis mehr vertreten. Im Doppel kämpfen Kevin Krawietz und Andreas Mies um den Einzug in das Endspiel. Die Vorjahressieger bekommen es mit den US-Open-Finalisten Wesley Koolhof/Nikola Mektic (Niederlande/Kroatien) zu tun.
Für Siegemund jedoch war auf dem ersehnten Weg in ihr erstes Halbfinale bei einem der vier wichtigsten Turniere die zweimalige Wimbledonsiegerin zu stark. »Ich meine, es war Petra Kvitova, gegen die ich gespielt habe«, sagte Siegemund. Das soll heißen: Im Vollbesitz ihrer Kräfte und bei einer wirklich herausragenden Leistung könnte sie die Nummer sieben der Setzliste vielleicht schlagen.
Aber nicht an diesem Tag, an dem Siegemund von Rückenproblemen geplagt wurde und sich behandeln lassen musste. Und an dem Kvitova »sehr gut gespielt hat, sehr gut serviert hat und sehr wenig leichte Fehler gemacht hat«, wie es Siegemund lakonisch analysierte.
Im Moment sei sie »maßlos enttäuscht«, sagte die 32-Jährige aus Metzingen nach der klaren 3:6, 3:6-Niederlage. Doch die Schwäbin mit dem abgeschlossenen Psychologie-Studium wusste auch schon zu dem Zeitpunkt das jüngste Geschehen realistisch einzuordnen. In New York gewann sie an der Seite der Russin Vera Swonarewa als erste Deutsche seit Claudia Kohde-Kilsch im Jahr 1985 den Titel im Doppel.
Dabei hatte Siegemund, die früh als Wunderkind geadelt und mit Steffi-Graf-Vergleichen bedacht wurde, ihre Karriere 2012 schon einmal beendet. Sie kam zurück, feierte 2016 im Mixed an der Seite des Kroaten Mate Pavic den Titel in New York. 2017 gewann sie das Heim-Turnier in Stuttgart, wenig später zog sie sich in Nürnberg einen Kreuzbandriss zu und musste lange pausieren. Doch sie kämpfte sich zurück. In der Weltrangliste wird sie sich den Top 50 nähern.
»Ich habe eine schwere Verletzung gehabt und mich zurückgearbeitet. Die Ergebnisse muss ich für mich mitnehmen, ich habe mich für die Arbeit der letzten zwei, drei Jahre belohnt«, sagte Siegemund, als sie am Ende ihres Arbeitstages dann doch ein versöhnliches Fazit zog und sich vor allem auf ein paar Tage zu Hause freute. »Ich werde auf alle Fälle das Ganze rückblickend als großen Erfolg wahrnehmen können«, sagte sie. »Wenn ich zur Ruhe komme und den Rücken auskurieren kann, werde ich im Herzen bissle stolz darauf sein.« (dpa)