VALENCIENNES. Vielleicht ist der Kleiderwechsel von Martina Voss-Tecklenburg am besten geeignet, um diesen Abend im nordfranzösischen Valenciennes für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft zusammenfassen. Einmal in der Regenjacke, dann später im Blazer bewegte sich die Bundestrainerin mit ihren patschnassen Haaren im Stade du Hainaut an der Seitenlinie. Regen und Sonne bildeten die passenden Begleitumstände des zweiten WM-Gruppenspiels, das die DFB-Frauen gegen Spanien letztlich glücklich, aber nicht völlig unverdient mit 1:0 (1:0) gewannen.
»Wir sind an unsere Grenzen gegangen«, konstatierte Voss-Tecklenburg. »Wir wissen auch, dass wir besser Fußball spielen können, aber diese sechs Punkte nimmt uns keiner mehr.« Die 51-Jährige schob den teils sehr unrunden deutschen Auftritt auf den Druck, der auf den Spielerinnen gelastet hätte. »Das sind Erfahrungswerte. Wir haben jetzt selber alles auf den Füßen, um uns durchzusetzen.«
Reichlich Schwachpunkte
Das Tor von Sara Däbritz (43.) übertünchte einige Schwächen auf Seiten des Olympiasiegers. Was die Matchwinnerin bestätigte, die nach einem abgewehrten Kopfball von Kapitänin Alexandra Popp die Kugel über die Linie gegrätscht hatte. »Fußballerisch war das bestimmt nicht das Beste, aber eine absolute Willensleistung mit hoher Lauf- und Kampfbereitschaft. Wir haben alles gegeben.« Auch Voss-Tecklenburg weiß nur zu gut, dass der Minimalisten-Modus gegen zielstrebigere Gegner in der K.o.-Phase kaum reichen wird, gab aber zu bedenken, »dass andere Team hier einen leichteren Einstieg ins Turnier hatten.« Titelverteidiger USA und Gastgeber Frankreich ganz gewiss.
Deutschland ist der Achtelfinaleinzug bereits jetzt nur noch theoretisch zu nehmen, in der letzten Partie gegen Südafrika (Montag 18 Uhr/ ARD) soll ein Haken an den Gruppensieg gemacht werden. Die Bundestrainerin hatte Verena Schweers, Lena Sophie Oberdorf und Lena Goeßling für Carolin Simon, Melanie Leupolz und die verletzte Dzsenifer Marozsan in die Startelf beordert. Doch ohne den fußballerischen Fixpunkt missriet der Mannschaft anfangs fast alles, vor allem spielerisch blieben viele Wünsche offen.
Der Gegner zeigte sich handlungsschneller, gewann fast alle wichtigen Zweikämpfe und beeindruckte mit einer durchdachten Spielanlage. Teilweise hinterließ die deutsche Elf in vielen Szenen einen fast hilflosen Eindruck. Nahikari Garcia verzog freistehend, als die ansonsten viel Sicherheit ausstrahlende Torhüterin Almuth Schult mit dem Herauslaufen zögerte (14.). »Wir haben andere Ansprüche an uns. Kein schönes Spiel, aber wenn wir jedes Spiel 1:0 gewinnen, werden wir Weltmeister«, sagte die spät eingewechselte Leupolz hinterher. Sie müsse die Rückversetzung auf die Bank hinnehmen, ganz nachvollziehen konnte die Mittelfeldspielerin des FC Bayern die Maßnahme aber nicht.
Schwachpunkte bei den DFB-Frauen gab es reichlich: Die Außenverteidigerinnen Kathrin Hendrich und Schweers wirkten überfordert, Leupolz-Vertreterin Goeßling im Mittelfeld zu langsam und selbst Kapitänin Popp fand im Sturm nicht ins Spiel. Voss-Tecklenburg hatte zur Halbzeit auf die schläfrige Vorstellung von Hendrich mit der Einwechslung der auch erst 18-jährigen Stürmerin Klara Bühl, für die Huth und Giulia Gwinn jeweils eine Position nach hinten rotierten. Die Chefin stellt eben hohe Anforderungen an die Flexibilität. (GEA)
SPIELSTATISTIK
Deutschland – Spanien 1:0 (1:0) Deutschland: Schult – Hendrich (46. Bühl), Hegering, Doorsoun, Schweers – Goeßling (80. Leupolz), Oberdorf (64. Magull) – Huth, Däbritz, Gwinn – Popp Spanien: Panos – Torrejon, Paredes, Leon, Corredera – Meseguer (66. Guijarro), Torrecilla – Caldentey (59. Lucia Garcia), Hermoso, Putellas (77. Bonmati) – Nahikari Garcia Tor: 1:0 Däbritz (42.) – Schiedsrichterin: Kateryna Monsul (Ukraine) – Zuschauer: 20 761