München (dpa) - Nach dem nächsten Joker-Märchen von Joshua Zirkzee gab es für Hansi Flick und die mit dem Trainer glücklichen Münchner Fußballstars noch ein weiteres vorgezogenes Weihnachtspräsent.
Knapp 19 Stunden nach dem 2:0 gegen den VfL Wolfsburg verkündeten die Bosse des FC Bayern, dass der ehemalige Niko-Kovac-Assistent »mindestens« bis Saisonende die Profis des deutschen Dauermeisters anleiten darf.
»Ein Verbleib von Hansi Flick als Cheftrainer darüber hinaus ist für den FC Bayern ausdrücklich eine gut vorstellbare Option«, teilte der Verein nach einem finalen Gespräch des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge mit Sportdirektor Hasan Salihamidzic und Flick mit. Der Trainer dankte für das Vertrauen und kündigte für 2020 mit dann wieder »aufgeladenen Akkus« der Profis einen Großangriff in Liga, DFB-Pokal und Champions League an: »Dann werden wir versuchen, so viele Siege und Titel wie möglich nach München zu holen.«
Am Samstagabend hatte die rot-weiße Weihnachtsmann-Mütze keinen der Bayern-Profis beim besinnlichen Schlussbild auf dem Arena-Rasen so passend gekleidet wie Joshua Zirkzee. Mit seiner zweiten famosen Tor-Bescherung sorgte das Sturm-Juwel gegen lange wehrhafte Wolfsburger dafür, dass der Dauermeister mit Flick hoffnungsvoll zur Jagd auf RB Leipzig und den achten Titel am Stück blasen kann.
Mit der abschließenden Neun-Punkte-Woche und dem doppelten Joker-Coup mit Zirkzee lieferte Flick die letzten überzeugenden Argumente für eine Fortsetzung seiner Arbeit. »Unter ihm ist die sportliche Entwicklung hervorragend, sowohl was die Qualität unseres Spiels als auch die erzielten Ergebnisse betrifft«, äußerte Rummenigge.
Die Bayern-Bosse um den zum 1. Januar dazu stoßenden Oliver Kahn können nun die weitere Entwicklung ohne Druck in der Trainerfrage abwarten. Kandidaten für die Zukunft bleiben in München Thomas Tuchel (Paris Saint-Germain) oder Erik ten Hag (Ajax Amsterdam).
In der Gegenwart rettete Joker Zirkzee dem personell dezimierten Bayern-Ensemble mit seinen ersten zwei Bundesliga-Torschüssen beim 3:1 in Freiburg und gegen Wolfsburg insgesamt vier Punkte. Vier Zähler beträgt auch der Rückstand auf die Leipzig Bullen. »Das ist machbar«, urteilte Sportdirektor Salihamidzic. Kapitän Manuel Neuer tönte sogar: »Leipzig ist sehr stark. Aber wenn wir unseren Stiefel runterspielen, sind wir die bessere Mannschaft.«
National und auch international in der Champions League wollen die Bayern nach dem kurzen Weihnachtsurlaub attackieren. »Wir sind wieder eine Mannschaft, vor der der Gegner Angst hat«, prahlte Neuer.
Zum Abschluss der mit 33 Punkten schwächsten Hinrunde seit 2010 benötigten die Münchner aber erneut den 18-jährigen Zirkzee als Matchwinner. »Die Geschichte ist schon sehr verrückt. Er hat uns jetzt zweimal gerettet«, sagte Nationalspieler Joshua Kimmich.
Und wie? Über 80 Minuten waren müde Bayern angelaufen und immer wieder an VfL-Torwart Koen Casteels gescheitert. Dann leuchtete in der Wechselzone die Tafel mit der 35 auf. »Klar, denkt man, geht es nochmal wie in Freiburg aus?«, schilderte Flick seine Hoffnung.
150 Sekunden später war das Münchner Weihnachtsmärchen perfekt. Wie in Freiburg, wo Zirkzee nach 104 Sekunden traf, führte seine erste Ballberührung erneut zum umjubelten Torerfolg. Und wie am Mittwoch legte Serge Gnabry ein weiteres Tor nach. »Es ist einfach eine wunderbare Geschichte für ihn und für uns«, kommentierte Flick.
Das Torjäger-Gen offenbarte sich bei Zirkzees spielentscheidender Aktion. »Er nimmt Serge fast schon den Ball weg«, staunte Kimmich über die »Entschlossenheit« des holländischen Youngsters, der dem ebenfalls schussbereiten Gnabry zuvorkam und mit rechts traf. »Das war schon richtig von ihm. Er kam von der besseren Position her. Da ist es keine Frage des Alters, oder wie viele Spiele man gemacht hat«, sagte Neuer: »Auf dem Platz brennt er und ist sehr präsent.«
Zu Weihnachten dürfen sich die Bayern beglückwünschen, den 1,93 Meter großen Zirkzee schon im September langfristig bis 2023 vertraglich gebunden zu haben. »Mein großes Ziel ist es, irgendwann für die erste Mannschaft zu spielen«, sagte das Talent damals.
Drei Monate später absolvierte Bayerns Weihnachtsmann nicht nur die ersten Liga-Minuten, sondern traf auf Anhieb zweimal. Sprechen durfte Zirkzee darüber aber auch am Samstag nicht. »Wir müssen behutsam mit dem Jungen umgehen«, sagte Flick. Die Bayern schirmen ihre Talente nach ersten Großtaten stets vor den Medien ab, das war schon bei den jungen Bastian Schweinsteiger oder Toni Kroos so.
Ob Zirkzee am Anfang einer ähnlichen Karriere steht, kann niemand voraussagen. Urplötzlich haben die Bayern aber einen Backup für Robert Lewandowski, der sich gleich nach dem Spiel einer Operation an der linken Leiste unterzog, aber nur kurz pausieren muss. Anders Javi Martínez: Der Spanier ist nach einer schweren Muskelverletzung der nächste wochenlange Ausfall in der Abwehr des Rekordmeisters.
Die Winterpause kommt den Bayern gelegen. »Die Jungs sind müde. Man muss ihnen die zwei Wochen gönnen«, sagte Salihamidzic. Am 4. Januar geht es mit dem Trainingslager in Katar wieder los, mit Flick als Chefcoach - und mit dem neuen Bundesliga-Edeljoker Joshua Zirkzee.