London (dpa) - Nach ihrem geschichtsträchtigen Triumph für die Darts-Welt freute sich Fallon Sherrock auf ein kühles Guinness.
Der erste Sieg einer Frau rührte die 25 Jahre alte Engländerin auf der ganz großen Bühne von London zunächst zu Tränen, dann wühlte er sie komplett auf. Erst kurz vor Mitternacht endete ihr Interviewmarathon, am Morgen war sie dann schon wieder Gast beim Radio und in mehreren Morgenmagazinen. Dazwischen lagen die wohl turbulentesten Stunden ihrer Sport-Karriere. »Ich werde jede Zeitung kaufen«, kündigte die gelernte Friseurin an. Der Tag, an dem sie die Darts-Historie veränderte, will gut dokumentiert sein.
Ihren 3:2-Sieg über Landsmann Ted Evetts sah Sherrock nicht nur als persönlichen Triumph, sondern widmete ihn allen weiteren Frauen auf der Tour. »Es gibt Spielerinnen, die so spielen können wie ich - oder sogar besser. Wir müssen nur die Chancen haben, uns zu beweisen. Dieser Sieg wird uns helfen. Sie können jetzt nichts mehr sagen, weil wir die Männer besiegt haben«, sagte Sherrock. Auch Rekord-Champ Phil Taylor gratulierte. »Was für eine fantastische Leistung gestern Abend. Das ist großartig für das Spiel. Jetzt auf zur nächsten brillanten Leistung«, schrieb »The Power« bei Twitter.
Fest umarmt von ihrem Papa Steve stand sie in der Mitte des Alexandra Palace und rang nach Worten. »Ich kann nur «wow» sagen. Oh mein Gott! Ich bin einfach froh, was ich für den Darts-Sport erreicht habe«, sagte sie, während das Publikum jubelte und johlte. Ihr fünfjähriger Sohn Rory saß vor dem Fernseher. »Ich bin sehr glücklich und freue mich, wenn er stolz ist. Er kann jetzt sagen: Meine Mama hat das geschafft.«
Sherrock ist jung, schlank und blond und damit der Gegenentwurf vieler Darts-Spieler, die ihre Plauze an die Scheibe schleppen. Boss Barry Hearn hatte wohl genau solche Bilder im Kopf, als er vor einem Jahr mit dem Weltverband PDC die beiden Qualifikationsplätze für Frauen einführte. »Es ist eine Leistungsgesellschaft, es zählen also nur die Ergebnisse. Wenn die Frauen das Level der Männer erreichen, können sie eine Menge Geld verdienen«, sagte Hearn der Deutschen Presse-Agentur in London. Wie Sherrock, für die schon die 15.000 Pfund für einen Erstrundensieg ein echter Quantensprung sind.
Das Duell zwischen Frau und Mann elektrisierte die Zuschauer so sehr, dass sie Evetts von Anfang an ausbuhten. »Ich habe jede Minute genossen«, sagte Sherrock zum Ally-Pally-Spektakel. »Super Ted« dankte sie explizit für sein faires Verhalten auch in der Stunde der Niederlage. »Danke für die lieben Worte nach dem Match, er hatte 3000 Menschen gegen sich und ich habe mit ihm gefühlt. Aber ich musste meinen Job machen.« Evetts zollte am Tag danach noch einmal seinen Respekt: »Das ist mehr als verdient.«
Sherrock kommt aus Milton Keynes und trainiert normalerweise erst abends, wenn Sohn Rory nach 19.00 Uhr im Bett liegt. »Ich kann es wagen zu träumen«, sagte sie auf die Frage, ob jetzt auch der ganz große Wurf möglich sei. Am Samstagabend (22.00 Uhr/Sport1 und DAZN) wartet das Zweitrundenduell mit Österreichs Mensur Suljovic auf Sherrock. Die 3000 Fans werden auch dann auf ihrer Seite sein.
»Was für ein Tag für Fallon Sherrock! Was für ein Tag für Darts! Was für ein Tag für den Frauen-Sport! Was für ein Tag für den Sport!«, fasste Ex-Profi und Experte Wayne Mardle das Geschehene zusammen. Die eigene Frauen-WM sei zwar nett, sagte Sherrock: »Aber ich spiele eigentlich lieber gegen Männer. Insofern würde ich es begrüßen, wenn man uns bei der nächsten WM mehr Startplätze geben würde. Mindestens vier.« Die besten Argumente für so eine Ausweitung hat Sherrock dem Weltverband mit ihrem Sieg schon geliefert.