Magdeburg (dpa) - Eigentlich ist Dimitrij Ovtcharov einer der wortgewandtesten Profis auf der Tischtennis-Tour. Nach seinem wichtigsten Sieg seit mindestens zwei Jahren stand der 31-Jährige aber vor 3400 jubelnden Zuschauern in Magdeburg und sagte nur: »Ich bin sprachlos.«
Nach der Abwehr von drei Matchbällen besiegte der letzte deutsche Spieler bei den German Open am Samstag noch den Weltranglisten-Ersten Fan Zhendong. 4:3 nach 1:3 Sätzen hieß es am Ende für die Nummer elf der Welt. Ovtcharovs Gegner im Halbfinale ist wieder einer der vermeintlich unbesiegbaren Chinesen: Weltmeister und Olympiasieger Ma Long.
»Dima hat heute ein absolutes Weltklasse-Niveau gezeigt. Vom ersten bis zum letzten Ball«, sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf. Doch dieser Sieg gegen den aktuell besten Spieler der Welt war mehr als »nur« der Halbfinaleinzug der deutschen Nummer zwei bei seinem erklärten Lieblingsturnier vor heimischen Fans. Es war gleich zu Beginn des Olympia- und Team-Weltmeisterschaftsjahres das für jedermann sichtbare Zeichen: Es ist möglich. Diese deutsche Generation um Ovtcharov, Timo Boll und mittlerweile auch Patrick Franziska kann die übermächtigen Chinesen nicht nur ärgern, sondern auch schlagen. Auch wenn Boll noch am Freitagabend gegen Fan Zhendong verlor.
»Das tut mir richtig gut. Ich hoffe, dass mich das bis zu den Olympischen Spielen beflügeln wird«, sagte Ovtcharov, nachdem er in den Kabinengängen der Getec-Arena seine Worte wiedergefunden hatte. Und auch Roßkopf meinte: »Von diesem Sieg bleibt: Vieles ist möglich. Dima wird das viel Selbstvertrauen geben. Wir haben eine Mannschaft, mit der wir angreifen können. Aber das war uns immer bewusst.«
Vom 22. bis 29. März findet in Südkorea die Mannschafts-WM statt. Vom 24. Juli bis zum 9. August folgt dann das Ereignis, auf das alle Spieler seit 2016 warten: Die Olympischen Spiele im tischtennis- verrückten Japan. Die Chinesen haben mehr Potenzial, mehr Erfahrung, ein höheres Trainingsniveau. Aber die Deutschen hoffen wieder, dass im Sommer 2020 noch einmal alles so werden könnte wie im Herbst 2017.
Damals gewann Ovtcharov ebenfalls bei den German Open zum ersten und bis zu diesem Samstag auch einzigen Mal gegen Fan Zhendong. Er schlug den Chinesen im Halbfinale, gewann am selben Tag das Turnier - und war nur zwei Monate später die Nummer eins der Weltrangliste.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere verletzte sich der Profi des russischen Champions-League-Siegers Fakel Orenburg und fiel mehrere Monate aus. Erst jetzt hat er zum ersten Mal wieder annähernd sein Niveau von damals erreicht. In Magdeburg gewann er das einzige deutsche World-Tour-Event bereits 2017 und 2014. »Auf diesem Niveau«, sagte Ovtcharov, habe er am Sonntag in Magdeburg auch eine Chance gegen Ma Long. Das einzige, was er im Moment bedauert, ist: »Schade, dass sich Magdeburg nicht für die Olympischen Spiele bewirbt.«