Diese Stars sind beim Läufermeeting in Pliezhausen dabei

PLIEZHAUSEN. Schon bevor der erste Startschuss fällt, ist klar, wie schade es ist, dass an diesem Samstag keine Zuschauer im Schönbuch-Stadion sein können. Trotzdem freuen sich die zum 30. Internationalen Meeting des LV Pliezhausen zugelassenen Leichtathleten, dass sie überhaupt starten dürfen (livestream: www.gea.de). Besonders die Spitzen-Leichtathleten nehmen mit Blick auf die von ihnen sehnlich erwarteten Olympischen Spiele zum Start in die Freiluftsaison in Pliezhausen nun Fahrt auf. Schließlich gilt es gerade für sie, zum diesjährigen Saisonhöhepunkt und dazu individuellem Karrierehöhepunkt nach einem Jahr Corona-Pause topfit zu sein.

Traditionell sind die »krummen Strecken« für die Athleten der erste Härtetest, der ihnen in einem für sie wichtigen Jahr Hinweise gibt, an welchen Stellschrauben sie noch zu drehen haben. So ist auch zu erklären, dass Deutschlands Vorzeigeathletin, die Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo – wie mehrfach berichtet dabei sein wird. Auf ihrem Weg zu Olympia-Gold in Tokio will die 27-Jährige statt in Tempoläufen allein im Training »in einem schönen Wettkampf« ihre Spritzigkeit und Schnelligkeit im direkten Duell mit den Spezialistinnen über 150 Meter messen.

Ob die prominenteste deutsche Leichtathletin dann auch noch – wie von Bundestrainer Ulrich Knapp für sie geplant hat – anschließend über die 300 Metern rennen wird, lässt er der Sieben-Meter-Springerin offen. »Das ist eine harte Strecke und wäre eine weitere Grenzerfahrung für Malaika, sodass wir abwarten müssen, wie es ihr nach den 150 Metern geht.« Schließlich soll Malaika Mihambo vom Test in Pliezhausen einen erfrischenden Schub für die weitere Saison mitnehmen.

800-Meter-Läuferin Christina Herig

Auf diesen Schub setzt seit zig Jahren schon erfolgreich Deutschlands zurzeit beste 800-Meter-Läuferin Christina Hering. »Pliezhausen ist für mich jedes Jahr, ohne allzu weit fahren zu müssen, hartes Training unter Wettkampfbedingungen, wo ich mit viel Spaß meine beste Leistung abrufen kann«, erklärt die zehnfache deutsche Meisterin. »Das motiviert ungemein.«

Da Christina Hering im Vorjahr ihr Masterstudium der Sportwissenschaften abgeschlossen hat, will sie sich noch mindestens bis zur Europameisterschaft 2022 in ihrer Heimatstadt München voll auf den Sport konzentrieren. Weil sie auch schon im Vorjahr die Olympianorm unterboten hat und ihre Bestzeit seit 2019 bei 1:59,41 Sekunden steht, arbeitet sie hart daran, »regelmäßig Ausreißer nach oben« zu haben. Das heißt, konstanter unter zwei Minuten zu laufen. Deshalb beginnt Christina Hering in diesem Jahr damit in Pliezhausen über die Unterdistanzen von 600 Metern mit der starken Polin Angelika Sarna und der Irin Claira Mooney und dann neben Malaika Mihambo auch noch über die 300 Meter »zu knüppeln«. So formuliert es auch ihre Vereins- und Trainingspartnerin Katharina Trost. Die begabte Mittelstrecklerin ist über 800 Meter ihre stärkste nationale Konkurrentin, hat aber auch Stärken über die 1 500 Meter und startet im Schönbuchstadion über 1 000 Meter.

Pavel Maslak und Jakub Holusa aus Tschechien

Die Saison klug aufzubauen, ist aber auch das Ziel von weiteren prominenten Athleten in Pliezhausen. So hat sich für die 300 Meter der Männer der dreimalige Welt- und Europameister über 400 Meter in der Halle Pavel Maslak aus Prag/Tschechien angemeldet und für die 3 000 Meter sein Landsmann, der zweifache Hallen-Vizeweltmeister Jakub Holusa.

Außerdem unterziehen sich – wie bereits berichtet – die besten deutschen Langhürdler bei den Frauen wie Männern am Schönbuchrand einem echten Härtetest und wollen zugleich über die klassische 400-Meter-Hürden-Strecke die Olympianorm unterbieten. Nicht nur in den bereits aufgelisteten Disziplinen wird man aber wie immer von den Namen des ein oder anderen Läufers, der in Pliezhausen aufhorchen lässt, künftig dann auch wieder bei internationalen Großereignissen hören.

Homiyu Tesfaye trainert auf eigene Faust

Genau das erhofft sich in naher Zukunft auch wieder Homiyu Tesfaye. Der gebürtige Äthiopier, der 2010 als Flüchtling nach Frankfurt kam, inzwischen eingebürgert wurde und mit der früheren 1 500-Meter-Weltmeisterin Maryam Jamal verheiratet und Vater von zwei Töchtern ist, will sich unbedingt für die Olympischen Spiele qualifizieren. Dafür hat sich der 27-Jährige, der in den vergangenen zwei Jahren auf Straßenläufe und den Marathon umgeschwenkt war, wie eine Wundertüte jetzt wieder auf seine ursprünglichen Mittelstrecken-Stärken konzentriert. Doch Widersprüchlichkeiten begleiten sein ganzes Leben. Somit bleibt es um ihn, der »auf eigene Faust trainiert«, wie er sagt, spannend.

Für die Norm für die Spiele in Tokio muss das Mitglied des TSV Pfungstadt über die 1 500 Meter 3:35,00 Minuten laufen. Die physischen Voraussetzungen dafür und das Leistungsvermögen dazu besitzt er. Das hatte er schon 2016 bewiesen, auch wenn er bei den Spielen in Rio im Halbfinale ausschied. Jagen werden ihn in Pliezhausen über die 1 000 Meter Christoph Kessler aus Karlsruhe und Lokalmatador Robert Baumann von der LAV Stadtwerke Tübingen.

Lokalmatadorin Elena Burkard aus Tübingen

Über die traditionsreiche Strecke der 2 000 Meter Hindernis der Frauen, die in Pliezhausen 2001 ihre Geburtsstunde erlebte, nimmt die in Tübingen lebende Chemiestudentin Elena Burkard die Rolle der Lokalmatadorin an. Die 29 Jahre alte deutsche Meisterin von 2020 hofft wie die deutsche Topläuferin Gesa Felicitas Krause auf ein Finaleinzug bei den Olympischen Spielen. Doch der Weg dorthin ist weit. Während Krause, die 2008 in Pliezhausen ihr erstes Hindernisrennen lief, heuer fehlt, startet Elena Burkard beim Meeting der »krummen Strecken«.

Für sie ist es so etwas wie ein Ritual, denn 2018 war sie erstmals dabei und drei Monate später erreichte sie mit Bestzeit von 9:29,76 Minuten über 3 000 Meter Hindernis bei der EM in Berlin schon Platz sechs. »Geschmeidig und mit dem rechten Maß an Belastung und Entlastung« will sie nach einigen gesundheitlichen Einschränkungen seit 2019 nun die aktuelle Saison bestreiten. Außerdem will sie ihre Technik über die Hindernisse und Wassergräben verbessern, um die Olympianorm von 9:30 Minuten, die nur knapp über ihrer Bestzeit von 2018 liegt, zu schaffen.

Da sie über die 3 000 Meter flach im Jahr 2020 trotz Corona-Bedingungen mit 8:44 Minuten eine neue Bestzeit aufgestellt hat, sagte Bundestrainer Enrico Aßmus schon: »Ich traue Elena über die Hindernisse absolut eine Zeit um 9:20 Minuten zu. Sie ist eine Kämpferin und geht jede Aufgabe hoch motiviert an.« Elena Burkard selbst meinte: »Mein Kindheitstraum Olympia ist plötzlich realistisch. Er kann wahr werden.« Der Weg dorthin führt über Pliezhausen. (GEA)