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Die Tücken des Wohnzimmers: Beschenkter Geiger im Fokus

Wie »Yin und Yang« beschreibt Dreifach-Weltmeister Eisenbichler sich und seinen Zimmerkollegen Geiger. Der will nach bisher eher schwachen Tournee-Resultaten endlich beim Traditionsevent in die Spitze. Mit der Konstanz aus den vergangenen Wochen hat er da gute Chancen.

Karl Geiger
Skispringer Geiger will die Tournee-Enttäuschungen der vergangenen Jahre endlich hinter sich bringen. Foto: Daniel Karmann/Archivbild
Skispringer Geiger will die Tournee-Enttäuschungen der vergangenen Jahre endlich hinter sich bringen. Foto: Daniel Karmann/Archivbild

Oberstdorf (dpa) - Reich beschenkt und bestens erholt von den Weihnachtstagen grinste Skispringer Karl Geiger bei seinem letzten großen Presse-Auftritt vor der Vierschanzentournee.

In seiner Heimat Oberstdorf will der 26 Jahre alte Allgäuer die Tournee-Enttäuschungen der vergangenen Jahre endlich hinter sich lassen. »Ich bin ganz gut in Schuss, von daher kann ich es ganz frech und locker angehen. Egal, wie es kommt, sie werden hinter mir stehen«, sagte Hoffnungsträger Geiger, der am Sonntag (17.30 Uhr/ARD und Eurosport) im Fokus der 27.000 Anhänger an der heimischen Schattenbergschanze stehen wird.

Auf große Sprüche oder Kampfansagen wird man bei Geiger aber lange warten müssen. Zum Heim-Publikum beim erwartet stimmungsvollen Start sagte er mit tief ins Gesicht gezogener pinker Sponsorencap: »Die Leute stehen hinter mir, auch wenn ich verkacken sollte. Ich bin da echt entspannt.« Schon in Engelberg vor einer Woche wirkte er ganz locker und kündigte mit einem Augenzwinkern an, er bekomme zu Weihnachten »ja einen Haufen Geschenke«.

Bundestrainer Stefan Horngacher sagte zum aufstrebenden Geiger: »Wir wussten bei ihm, dass er ein wettkampfstarker Athlet ist. Das Ziel war, dass er bei Platz zehn beginnt und bei Platz eins aufhört - das wäre das Ziel des Ganzen.« Konkret gearbeitet habe man in den vergangenen Monaten an der Anfahrtshocke, der Streckbewegung und der Verbindung in den Flug. Im besten Fall soll Geiger in den kommenden zehn Tagen die Rolle von Markus Eisenbichler einnehmen, der in der Vorsaison sogar um den Tournee-Gesamtsieg kämpfte und am Ende Zweiter wurde.

Geiger, der wie im Vorjahr als größte deutsche Hoffnung in die Tournee startet, kennt aber auch die Tücken des Wohnzimmers in seiner Heimat. Ausgerechnet auf der nur wenige Meter entfernten Anlage tat sich »Karle« immer besonders schwer: Die Ränge 12, 17, 27 und 26 standen in den vergangenen vier Jahren zum Start. So ein Auftakt wäre diesmal definitiv eine Enttäuschung, wenn man auf die Konstanz des besten deutschen Adlers blickt, der in jedem Saisonspringen mindestens einen Top-7-Rang belegt hat.

Die Vorzeichen sind ganz ähnlich wie vor zwölf Monaten: Geiger steht im Fokus und gilt teamintern aktuell als Lehrbeispiel dafür, wie Skispringen funktioniert. »So konstant und so gut war ich noch nie. Es macht mir unheimlich viel Freude gerade«, analysierte Geiger seine derzeitige Form. Der Superlativ ist bemerkenswert, schließlich hat der zurückhaltende Bayer erst im Februar drei WM-Medaillen in Seefeld und im abgelaufenen Winter dazu zwei Weltcup-Springen gewonnen.

Die Zimmerkollegen Geiger und Eisenbichler sind schon länger Freunde und halfen sich gegenseitig aus sportlichen Krisen. Wie »Yin und Yang« seien sie, beschrieb »Eisei« - sportlich so verschieden, aber charakterlich auf einer Wellenlänge. »Karl ist eher so der Denker, er muss alles gut durchdenken. Ich bin eher der Gefühlsspringer. Der eine kann vom anderen was lernen und andersrum. Ich denke schon viel nach, aber ich brauche das innerliche Gefühl, wo ich hin muss«, sagte Eisenbichler. Derzeit funktioniert Geigers Weg deutlich besser.

Mit ihm als Trumpfkarte sowie vielen sportlichen Fragezeichen und Wundertüte Eisenbichler zählen die DSV-Adler diesmal nicht zum engsten Anwärterkreis auf den goldenen Adler und die Siegerprämie von 20 000 Schweizer Franken. »Favoriten sind andere, wir wollen positiv überraschen«, sagte Bundestrainer Horngacher, der auf zwei Athleten unter den besten Zehn sowie einem Gesamt-Podestplatz hofft - das war in den beiden vergangenen Tournee-Jahren mit Andreas Wellinger (Zweiter 2017/18), Eisenbichler (Zweiter 2018/19) und Stephan Leyhe (Dritter 2018/19) gleich drei Sportlern gelungen.

Als Favorit startet Titelverteidiger Ryoyu Kobayashi. Der Japaner kommt im Gelben Trikot ins Allgäu und verfügt nach seinem Vierfachsieg aus dem Vorjahr erneut über das beste Komplettpaket. Kobayashi katapultiere sich bei einem guten Absprung »in ein anderes Stockwerk«, analysierte Geiger. Als seine härtesten Widersacher gelten neben Lokalmatador Geiger auch der Österreicher Stefan Kraft und der Pole Kamil Stoch, der 2017/2018 alle vier Wettbewerbe in Serie gewonnen hatte.

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