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Aktuell Olympia

»Die Politik steht hinter uns«

Auf der Eröffnungs-Pressekonferenz spricht der DOSB-Präsident über Bewerbungen und die Fahnenträger

Anna-Maria Wagner kommt direkt vom Bahnhof und nimmt neben DOSB-Präsident Thomas Weikert Platz.  FOTO: SCHULDT/DPA
Anna-Maria Wagner kommt direkt vom Bahnhof und nimmt neben DOSB-Präsident Thomas Weikert Platz. FOTO: SCHULDT/DPA
Anna-Maria Wagner kommt direkt vom Bahnhof und nimmt neben DOSB-Präsident Thomas Weikert Platz. FOTO: SCHULDT/DPA

PARIS. Thomas Weikert freut sich, dabei zu sein. Es sind seine ersten Olympischen Spiele, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) spricht kurz über Paris, aber schnell über die Zukunft, die bevorstehende deutsche Olympiabewerbung. »Wir wollen uns bewerben«, sagt der Präsident auf der Eröffnungspressekonferenz der deutschen Mannschaft bei den Olympischen Spielen in Paris mit Nachdruck – und lächelt. Er weiß das deutsche Parlament hinter sich, das am Mittwoch in Berlin eine olympische Bewerbungsabsicht durchgewinkt hatte. »Die Politik steht hinter uns. Der Bundeskanzler hat wahr gemacht, was versprochen war. Es war wichtig, dass dieser Beschluss noch vor Beginn von Paris 2024 erfolgt«, sagt Weikert.

Der Leiter der deutschen Delegation macht einen zufriedenen Eindruck, freut sich auf internationale Gespräche. »Wir können 2024 und 2025 unsere Bewerbung vorantreiben, ob das eine, zwei oder drei Millionen kostet, werden wir sehen«, sagt Weikert, nicht weiter wichtig. Die Kooperation mit der Wirtschaft sieht der Präsident auf gutem Weg, keine olympischen Neubauten wird es in Deutschland geben, wenn eine, zwei oder drei Regionen zusammenarbeiten, findet Weikert das gut. In Paris hofft der Präsident auf »sportlich erfolgreiche und vor allem friedliche Spiele.«

»Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Leistungen in anderen Ländern zunehmen«

Das Sportliche erledigt am Tag, wo die Corona-Infektion von Sprinterin Gina Lückenkemper bekannt wird, Olaf Tabor, DOSB-Vorstand Leistungssport und Chef de Mission in Paris: »Wir warten alle sehnlichst darauf, dass es losgeht.« Tabor hofft, dass sich die deutsche Mannschaft unter den ersten zehn der Länderwertung etabliert, idealerweise den neunten Rang von Tokio 2021 als historischen Leistungstiefpunkt überwindet.

»Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Leistungen in anderen Ländern zunehmen, die Konkurrenz um die Medaillenplätze ebenfalls. Wir wollen mit unserer Leistungssportreform wieder an größeren Rädern drehen, aber das wird in Paris und auch in Los Angeles 2028 noch keine wesentliche Rolle spielen, wir müssen einen längeren Atem haben.« Tabor ist sicher, dass Leistungsbereitschaft und Leistungswillen im deutschen Spitzensport noch nicht nachgelassen haben: »Da bin ich ein gnadenloser Optimist.«

Was für eine Freude, dass nach den Funktionären die Athleten sprechen. Judo-Weltmeisterin Anna-Maria Wagner kommt direkt vom Bahnhof Gare du Nord ins Deutsche Haus, sie und Basketball-Weltmeister Dennis Schröder sind die deutschen Fahnenträger in Paris, über 500.000 Menschen haben sich an der Wahl beteiligt, ein Rekord.

»Ich war überwältigt von meiner Wahl, mir ist kurz die Luft weggeblieben, ich war wirklich überwältigt«, sagt sie. Man glaubt ihr jedes Wort. Sie freut sich auf Paris, sie hat in der Metropole schon beim Grand Slam gekämpft, aber »Olympia bleibt für immer, ein Kindheitstraum, ich trenne die deutsche Fahne und meinen Wettkampf«. Und fügt mit ernstem Blick hinzu: »Ich bin vor allem für meinen Wettkampf in Paris.« Die Weltmeisterin will Judo-Gold.

Mit dem anderen Weltmeister hatte sie noch keinen Kontakt, Dennis Schröder meldet sich per Video von der Leinwand aus Lille. Er sieht die Ehre des Fahnenträgers nicht nur als persönliche Auszeichnung, sondern als Botschaft: »Ich repräsentiere Deutschland, das ist wirklich ein wichtiges Statement, das wir setzen.« Die Fahne tragen zu dürfen, ist für den schwarzen Sohn einer gambischen Mutter und eines deutschen Vaters »riesig, aber nicht nur für mich und meine Familie, sondern auch für alle Leute, alle Kinder, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, aber ausländischen Hintergrund haben«. Schröder bedeutet die Wahl sehr viel. »Ich hätte niemals an so einen Moment geglaubt oder gedacht, aber jetzt bin ich in Paris, weil ich eine Vision hatte, in einer Sportart gut zu sein«, sagt Schröder, der schon 2008 den Basketball-Kollegen Dirk Nowitzki als Fahnenträger bei Olympia in Peking begeistert verfolgt habe: »Deshalb sage ich: Nichts ist unmöglich. Alles kannst du schaffen, was du dir in den Kopf setzt.« Am liebsten würde der 30-Jährige die Ehre nicht nur mit Anna-Maria Wagner teilen. »Es wäre cool, wenn ich alle mitnehmen kann und jeder das Gefühl hat, die Fahne zu tragen«, sagt Schröder: »Es ist die größte Anerkennung, die ist es gibt. Ich freue mich auf Freitag, das wird historisch.«

Auch ihm nimmt man wie Anna-Maria Wagner den Ernst seiner Worte ab, die deutsche Sportelite weiß, dass es in Paris zwar vor allem um den Sport und den Erfolg geht. Aber eben am Ende doch nicht nur. Es geht um politische Statements, um Einstellungen und um das Eintreten für Werte. Dennis Schröder verkörpert das wie Anna-Maria Wagner. Olympia in Paris kann beginnen. (GEA)