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»Die Gesundheit des Volkes verkauft«

Athletinnen und Athleten außerhalb des Profifußballs kritisieren die Entscheidung der Bundeskanzlerin

Kompromiss »mehr als vertretbar«:  Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. FOTO: DPA
Kompromiss »mehr als vertretbar«: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. FOTO: DPA
Kompromiss »mehr als vertretbar«: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. FOTO: DPA

BERLIN. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält den Kompromiss für eine Fortsetzung der Bundesliga-Saison für »mehr als vertretbar« und hat die Beteiligten zur Vernunft aufgerufen. »Ich kann nur appellieren. Es sollten auch Spieler, die sich unvernünftig verhalten, mit Konsequenzen rechnen müssen. Es war von dem einen Spieler von Hertha BSC schon ein schweres Eigentor«, sagte Söder nach dem Politikgipfel der 16 Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin. Es hätten sich »alle an die Hygienemaßnahmen zu halten«, stellte Söder klar.

Der Beschluss sei »einstimmig und einvernehmlich« erfolgt, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Er verwies auf die »große Fangemeinde« der Bundesliga, die auf den Neustart der Saison warte. Es sei Kanzlerin und Länderchefs aber bei der Entscheidung wichtig gewesen, neben dem Profibetrieb auch den Amateursport nicht zu vergessen, versicherte Tschentscher. Im Breiten- und Freizeitsport wurde der Trainingsbetrieb unter freiem Himmel wieder erlaubt.

Gegen die Sonderrolle des Fußballs. Kugelstoßerin Christina Schwanitz. FOTO: DPA
Gegen die Sonderrolle des Fußballs. Kugelstoßerin Christina Schwanitz. FOTO: DPA
Gegen die Sonderrolle des Fußballs. Kugelstoßerin Christina Schwanitz. FOTO: DPA

Deutsche Spitzenathleten kritisierten die Sonderrolle des Profifußballs bei der Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Mit dem grünen Licht der Bundeskanzlerin »verkauft der Staat die Gesundheit des Volkes und des leidenden Menschen an den Fußball. Das ist pervers«, sagte Weltklasse-Speerwerfer Johannes Vetter der Sächsischen Zeitung.

Auch die frühere Kugelstoß-Weltmeisterin Christina Schwanitz sieht eine Ungleichbehandlung zwischen Fußballern und anderen Athleten. »Ich finde es nicht schön, dass der Fußball eine Sonderrolle einnimmt und sich über alles hinwegsetzt, nur weil die Reibung zwischen dem Daumen und Zeigefinger stimmt«, sagte Schwanitz.

Karl Schulze, zweimaliger Ruder-Olympiasieger und Fan des Zweitligisten Dynamo Dresden, sieht die Geisterspiele als klaren Beleg für die Entfremdung des Profifußballs vom normalen Sportfan: »Dass es der Fußball nicht einmal mehr nötig hat, vor Fans zu spielen, zeigt, in welcher dekadenten Welt die leben.«

Bob-Olympiasieger Francesco Friedrich bemängelte die seiner Meinung nach unzureichende Solidarität der Fußballprofis: »Und die es finanziell am wenigsten kratzt, tun sich dann noch schwer, auf ein paar Prozente ihren Gehalts zu verzichten. Das finde ich menschlich schwach.«

Zweitligist VfB Stuttgart reagierte erleichtert auf die Erlaubnis der Politik. »Wir haben immer betont, welche Bedeutung die Fortsetzung der Saison für den Fußball hat. Dementsprechend froh sind wir über die getroffene Entscheidung«, sagte der Vorstandsvorsitzende Thomas Hitzlsperger in einer Vereinsmitteilung. »Gleichzeitig wissen wir, welche Verantwortung mit der Wiederaufnahme des Spielbetriebs einhergeht«, sagte Hitzlsperger. »Dieser Verantwortung werden wir gerecht werden und weiterhin sehr genau auf die Einhaltung der vorgegebenen Richtlinien achten.« (SID/GEA/dpa)