Melbourne (dpa) - Unter dem tropfenden Hallendach der Rod-Laver-Arena sorgte Jan-Lennard Struff kurzzeitig für Kopfschütteln bei Titelverteidiger Novak Djokovic. Der Rekordsieger der Australian Open war für den mutig aufspielenden Sauerländer aber zu stark.
Anders als Julia Görges und Philipp Kohlschreiber musste sich Struff am verregneten, aber nicht von schlechter Luftqualität beeinträchtigten Eröffnungstag in Melbourne verabschieden. Görges und Kohlschreiber spielen dagegen am Mittwoch um den Drittrunden-Einzug.
Auf Kohlschreiber wartet dann ein reizvolles Duell mit dem griechischen Tennis-Shootingstar und Vorjahres-Halbfinalisten Stefanos Tsitsipas. »Er ist Favorit, ich haue mich rein und gebe einfach alles«, kündigte der 36-Jährige nach dem 7:5, 6:1, 6:2 gegen den weitgehend unbekannten US-Amerikaner Marcos Giron an.
Tsitsipas feierte im November als Sieger der ATP-WM seinen bislang größten Triumph. »Ich glaube, dass ich auf jeden Fall gute Chancen habe. Vielleicht bin ich auch ein unangenehmer Gegner«, sagte Kohlschreiber. Zweimal hat er gegen den Weltranglisten-Sechsten schon verloren. Der 21-jährige Tsitsipas zählt zu den aufstrebenden Topspielern, denen zugetraut wird, als künftige Grand-Slam-Sieger die Nachfolge von Roger Federer, Rafael Nadal und Djokovic anzutreten.
Gegen den serbischen Weltranglisten-Zweiten Djokovic schaffte Struff im dritten Vergleich seinen ersten Satzgewinn, musste sich am Ende aber mit 6:7 (5:7), 2:6, 6:2, 1:6 geschlagen geben. Vor fast 15 000 Zuschauer beeindruckte phasenweise auch Struff. Als er im ersten Satz ein 2:5 wettmachte und einen grandiosen Passierball spielte, schüttelte Djokovic mit dem Kopf.
»Lob für seinen großen Kampf«, sagte der Topfavorit im Siegerinterview anerkennend. 2019 war Struff bei den French Open im Achtelfinale von Djokovic entzaubert worden. Nun hatte er Pech mit der Auslosung, gleich gegen den Titelverteidiger und siebenmaligen Melbourne-Champion ran zu müssen: »Ich wollte derjenige sein, der ihn hier schlägt«, bekannte die deutsche Nummer zwei: »Trotzdem bin ich mit der Art und Weise, wie ich gespielt habe, zufrieden.«
Hinter der Grundlinie in der Rod-Laver-Arena waren Ballkinder auch damit beschäftigt, Regen wegzuwischen, der durch das Dach tröpfelte. Statt verrauchter Luft infolge der Buschbrände wirbelte heftiger Regen den Spielplan durcheinander. Von schlechter Luftqualität, die während der Qualifikation Stoff für Kritik und Diskussionen geliefert hatte, war dagegen »gar nichts« zu merken, wie Görges nach ihrem 6:1, 6:2 gegen die Slowakin Viktoria Kuzmova berichtete.
Die 31-Jährige will ihren Melbourne-Aufenthalt noch möglichst lange verlängern und an ihrem freien Dienstag dem ganzen Trubel im Melbourne Park lieber fernbleiben. »Ich glaube nicht, dass wir hier auf der Anlage trainieren, sondern woanders«, sagte die Bad Oldesloerin nach ihrem überzeugenden Auftakt. Einen entspannten Dienstag wolle sie sich in der Millionen-Metropole gönnen. Am Mittwoch geht es für die deutsche Fed-Cup-Spielerin dann mit der Zweitrunden-Herausforderung gegen die Kroatin Petra Martic weiter.
Görges will sich auch im erfahrenen Tennis-Alter weiterentwickeln und hatte sich für den nächsten Neuanfang entschieden. Nach einer Testphase zum Ende der vergangene Saison entschloss sie sich zur Zusammenarbeit mit dem vorherigen Fed-Cup-Trainer Jens Gerlach, der die Russin Anastasia Myskina 2004 zum French-Open-Titel führte.
Martic dürfte eine schwierigere Prüfung werden, die Bilanz gegen die Nummer 13 der Setzliste spricht mit zwei Siegen in zwei Spielen aber für Görges. Mit einem weiteren starken Auftritt würde sie auch den Betroffenen der Buschbrände helfen. Die einstige Nummer neun der Welt schloss sich der Sammelaktion auf der Tour an und spendet für jedes Ass 100 australische Dollar. Gegen Kuzmova gelangen ihr neun. »Ist doch super. Wir hoffen mal, dass es noch weitergeht«, sagte sie. Die Buschbrände in Australien mit den verheerenden Folgen für Menschen, Tiere und Natur sind für sie ein viel wichtigeres Thema als Tennis.