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Aktuell EM

Das Risiko des Gruppensiegs für die deutsche Nationalmannschaft

Die deutsche Elf will unbedingt Gruppensieger werden. Dazu reicht bereits ein Unentschieden am Sonntag gegen die Schweiz

Innenverteidiger Nico Schlotterbeck (Zweiter von links), hier als Tribünen-Besucher,  könnte gegen die Schweiz in die Startforma
Innenverteidiger Nico Schlotterbeck (Zweiter von links), hier als Tribünen-Besucher, könnte gegen die Schweiz in die Startformation rücken. Foto: Christian Charisius/dpa
Innenverteidiger Nico Schlotterbeck (Zweiter von links), hier als Tribünen-Besucher, könnte gegen die Schweiz in die Startformation rücken.
Foto: Christian Charisius/dpa

REUTLINGEN. Das Zwischenziel ist erreicht, aber bekanntlich geht ja immer noch mehr. Nach der vorzeitigen Qualifikation für das Achtelfinale bei dieser Fußball-Europameisterschaft soll nun der Gruppensieg folgen - unbedingt, wenn man die Aussagen aus dem deutschen Lager hört. »Wir wollen jedes Spiel gewinnen«, sagte Bundestrainer Julian Nagelsmann vor der Partie am Sonntag (21 Uhr, ARD und MagentaTV) gegen die Schweiz.

Mit angezogener Handbremse zu spielen oder einige Wechsel vorzunehmen, um dem einen oder anderen Stammspieler eine Pause zu gönnen, sind nicht die Philosophie Nagelsmanns. Erst, wenn der dritte Sieg im dritten Spiel unter Dach und Fach ist, hat das Team die Vorgabe ihres Coachs erfüllt. Warum ihm die makellose Bilanz so wichtig ist, begründet er mit den Worten: »Wenn du Gruppenerster bist, hat das eine Wirkung nach innen und außen.« Soll heißen: Mit jedem Sieg baut sich das Selbstvertrauen der Spieler weiter auf, die Ergebnisse beflügeln und der Rückhalt und die Begeisterung der Fans im Land nehmen weiter zu. Schon vor der Ungarn-Partie war Nagelsmann tief beeindruckt vom Auftritt der Anhänger. Er hob die »geniale Stimmung« bereits vor dem Spiel hervor und dass sehr viele Fans das Einsteigen des Teams vor dem Hotel in den Mannschaftsbus begleitet hatten: »Das gibt uns ein sehr gutes Gefühl.«

Im Viertelfinale in Dortmund?

Auch Ilkay Gündogan nennt als Ziel für das letzte Vorrundenspiel den Gruppensieg: »Natürlich«, sagt der Offensivspieler. Platz eins hätte noch einen Nebeneffekt, der das Achtelfinale vor allem für den Ex-Borussen Ilkay Gündogan und die derzeitigen BVB-Akteure Niclas Füllkrug, Nico Schlotterbeck und Emre Can zu einem besonderen Spiel machen würde. Wäre doch Dortmund am 29. Juni der Spielort. Über den Gegner wollte Nagelsmann bereits nach dem 2:0 gegen Ungarn nicht spekulieren. Man könne es nicht beeinflussen. Das mag für das Achtelfinale zutreffen. Aber im Fall des Vorstoßes ins Viertelfinale würde vermutlich ein ganz dicker Brocken auf Gündogan & Co. warten. Dann müsste man mit Spanien rechnen. Die Iberer haben bisher einen mindestens genau so starken Eindruck wie die Nagelsmann-Schützlinge hinterlassen.

Als Gruppenzweiter könnte ein Duell mit Titelverteidiger Italien in der Luft liegen. Aber Platz zwei, den man nur bei einer Niederlage gegen die Schweiz einnehmen würde, wäre alles andere als in Nagelsmanns Sinne. Daher gilt es, weiter auf Erfolgs-Kurs zu bleiben. Die Frage ist, mit welcher Aufstellung man gegen die Eidgenossen, die bei der EM 2021 unglücklich im Viertelfinale gegen Spanien, ausschieden, zum Erfolg kommen will. »Es wird jetzt keine sieben Wechsel geben«, sagte der Bundestrainer. Keine sieben, gewiss, aber vielleicht ein oder zwei?

Chance für Ersatzspieler

Denn es gibt ja noch die gelben Karten. Im deutschen Team sind Robert Andrich, Maximilian Mittelstädt, Antonio Rüdiger und Jonathan Tah vorbelastet und laufen damit Gefahr, bei einer weiteren Verwarnung ein Spiel aussetzen zu müssen. Erst nach dem Viertelfinale wird »Gelb« gestrichen. Gerade der Umstand, dass mit Rüdiger und Tah beide Innenverteidiger aufpassen müssen, spricht dafür, dass Nagelsmann vielleicht doch etwas ändert. Nico Schlotterbeck wäre wohl erster Nachrücker auf dieser Position. Robin Koch, Waldemar Anton, David Raum und Maximilian Beier, vier der bisher noch nicht eingesetzten Akteure, könnten Einwechsel-Kandidaten sein. Andere sind fast schon wunschlos glücklich wie der Stuttgarter Chris Führich, für den mit seinem Kurz-Einsatz gegen Ungarn im heimischen Stadion »ein Traum in Erfüllung gegangen« ist.

Der Gegner kennt die deutsche Elf in jedem Fall sehr gut. Yann Sommer, der Stuttgarter Leonidas Stergiou, Nico Elvedi, Denis Zakaria, Ricardo Rodriguez und Granit Xhaka sind nur einige der Namen, die schon in der Bundesliga gespielt haben oder noch spielen. Die Schotten hatten zuletzt Xhaka stark zugestellt, so dass die Schweizer sichtlich Mühe hatten, ihr Spiel aufzuziehen. Ihr Selbstvertrauen und ihre Vorfreude auf die Partie hat durch das 1:1 aber nicht gelitten. »Wir sind bereit«, sagt Rodriguez. (GEA)