Miami (dpa) - Auf einem »Acker« in der fränkischen Provinz startete Mark Nzeocha seine Football-Karriere - nun steht er staunend auf der größten Bühne der Welt.
Der 30-Jährige hat beim Super Bowl mit den San Francisco 49ers die große Chance, als erst dritter Deutscher den Triumph im Finale der National Football League perfekt zu machen.
»Es ist super cool«, schwärmte Nzeocha diese Woche in Miami vor dem Showdown mit den Kansas City Chiefs in der Nacht zu Montag (0.30 Uhr/ProSieben und DAZN). »Ich versuche alles mitzunehmen, es ist für mich einzigartig, ich weiß nicht, ob ich hier nochmal sein werde.«
Dass Nzeocha sich überhaupt im bedeutendsten Einzelsport-Ereignis der Welt beweisen darf, ist ein sportliches Märchen. »Der Mark sollte eigentlich Fußballspieler werden, aber durch einen dummen Zufall ist er beim Flag Football gelandet«, erinnert sich Jörg Seybold, Coach von Nzeochas erstem Club Franken Knights, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Von der körperlosen Variante kam Nzeocha zum Kontaktsport, spielte sein erstes Jahr noch als Quarterback auf einer Art »Acker« (Nzeocha) und schaffte den Sprung als Defensivspieler über eine US-Universität bis in die beste Liga der Welt.
Seit fünf Jahren spielt Nzeocha dort. In der Verteidigung ist er dafür verantwortlich, den Gegner zu stoppen und steht zudem in sogenannten Special Teams auf dem Feld, wenn der Ball durch die Luft gekickt wird. »Man muss ihm absolut Respekt zollen, und seine Karriere ist noch lange nicht vorbei«, sagte der zweimalige Super-Bowl-Champion Sebastian Vollmer der dpa. »Er ist noch am Anfang, ich sehe noch viele gute Dinge für ihn kommen, eine rosige Zukunft. Ich hoffe für ihn persönlich, dass er gewinnt.«
Von Vollmer erhielt Nzeocha Glückwunsche zum Finaleinzug und auch sonst quillt sein Handy über. »Ich habe so viele Nachrichten bekommen, ich hab irgendwann den Überblick verloren«, erzählte Nzeocha lachend bei Ran. Die 13 Tickets, die jeder Spieler für die Partie im Hard Rock Stadium kaufen darf, gehen an seine Eltern, Frau Taylor mit Sohn Cameron James, seine drei Brüder und Freunde. Stolzer Stückpreis: 2900 US-Dollar - selbst für sein knapp neun Monate altes Söhnchen.
Die Anspannung wächst langsam. »Ich versuche es ein bisschen chillig zu nehmen, Sonntag werden die Nerven schon da sein«, sagt er. Auf der Tribüne wird auch sein jüngerer Bruder Eric sitzen, der bei den Tampa Bay Buccaneers bis zum Vorjahr ebenfalls nah an seinem NFL-Traum war. »Beim Football muss man viel Filmstudium machen, das macht er sehr gut«, charakterisiert der frühere Profi seinen Bruder Mark. »Er bereitet sich immer sehr gut und akribisch vor.«
Vor allem in der Woche vor dem Super Bowl wird dies jedoch zur Herausforderung. Jeden Tag stehen Medientermine an, die Partystadt im Sonnenstaat Florida bietet reichlich Verlockungen. »Ich musste lernen, dass du jemanden brauchst, der dir alles abnimmt, ob das deine Frau oder deine Eltern sind«, berichtet Ex-Profi Vollmer von seinen Erfahrungen. »Du kannst nicht Partyplaner und Reiseagent für andere sein. Ich habe zwei Wochen lang mein Handy ausgemacht und meiner Frau gesagt, dass sie sich um alles abseits des Sports kümmern soll.«
Alles für den großen Traum. Nur Vollmer (2015 und 2017) und Markus Koch (1988 und 1992) holten bislang den begehrten Ring für den NFL-Sieger. Das Leben würde dies aber nicht groß verändern, berichtet der letzte deutsche Champion. »Es kann dir keiner mehr nehmen, dass du Super-Bowl-Champion bist«, sagte der Rheinländer Vollmer. »Aber du gehst mit dem Riesenklunker nicht zum Bäcker, holst dir ein Käsebrötchen und sagst: Hey, ich bin Super-Bowl-Champion.«