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Metzingerin Kamilla Kantor mit spektakulärem Comeback

Metzingens Torhüterin Kamilla Kantor wird im Pokal-Halbfinale zur entscheidenden Spielerin. Aber auch andere Faktoren tragen zum Sieg gegen Oldenburg bei.

Metzingens Torhüterin Kamilla Kantor (links) vereitelt sage und schreibe sechs Oldenburger Siebenmeter-Chancen.
Metzingens Torhüterin Kamilla Kantor (links) vereitelt sage und schreibe sechs Oldenburger Siebenmeter-Chancen. Foto: Eibner-Pressefoto
Metzingens Torhüterin Kamilla Kantor (links) vereitelt sage und schreibe sechs Oldenburger Siebenmeter-Chancen.
Foto: Eibner-Pressefoto

STUTTGART. Der Sport schreibt spannende, auch kuriose Geschichten. Eine Story, an die in dieser Form nicht einmal die kühnsten Optimisten gedacht hätten, ist die Geschichte von Kamilla Kantors Halbfinal-Auftritt in der Pokal-Endrunde. Mit fast unglaublichen sechs gehaltenen Siebenmetern wurde die Ungarin zur Matchwinnerin gegen den VfL Oldenburg und sorgte auch im Finale gegen Bietigheim (30:28) mit zwei parierten Strafwürfen dafür, dass die TuS am Ende einen sensationellen Pokal-Triumh feierte. Metzingens Kreisläuferin Svenja Hübner brachte es auf den Punkt, als sie über die Teamkollegin sagte: »Das war super. Und es freut uns natürlich sehr für sie nach so einer langen Auszeit.«

Dass Torhüterin Kantor überhaupt im Halbfinal-Spiel eingewechselt werden konnte, war sechs Wochen zuvor noch nicht absehbar. Eine schmerzhafte Sehnenverletzung in der Schulter setzte die 30-Jährige außer Gefecht. Selbst zu Beginn der Woche stand noch ein Fragezeichen hinter ihrem Einsatz. Schließlich wurde sie gerade noch rechtzeitig fit - und dann gegen Oldenburg zu Beginn der zweiten Halbzeit bei einem Siebenmeter für TuS-Stammtorhüterin Marie Weiss eingewechselt. Dass sie ins Spiel kam, überraschte etwas, da mit Anita Polackova eine weitere Torhüterin bereitstand, die vor Kurzem einen Siebenmeter gehalten hatte.

Goldenes Händchen beim Wechsel

Coach Bösch überließ den Wechsel im Tor seinem Torwart-Trainer Axel Strienz. Und der führte nicht das bei Wechseln viel zitierte Bauchgefühl für seine Entscheidung pro Kantor ins Feld, sondern andere Gründe. »Bei Siebenmetern ist Erfahrung auch ein Schlüssel. Kamilla ist die Erfahrenste im Tor, hat ein gutes Auge und in der Vorbereitung die Videos von Oldenburg gut analysiert«, sagte Strienz. Damit bewies er ein goldenes Händchen.

Als es ins Siebenmeterwerfen ging, stand wieder Kantor zwischen den Pfosten. Von acht Oldenburger Versuchen parierte sie die zunächst die Bälle von Merle Carstensen und Toni Reinemann, verhinderte dann gegen Emilia Ronge das vorzeitige Aus und löste in der Verlängerung des Shoot-outs mit der entscheidenden Fuß-Parade gegen Lisa Borutta den Metzinger Freudentaumel aus, als alle auf ihre Heldin einstürmten. »Ich bin selbst überrascht, dass ich so stark war nach der langen Pause«, sagte die Ungarin, die zwar kleiner als manch andere Torhüterin ist, aber sehr reaktionsschnell. Durch ihre vereitelten Siebenmeter während der regulären Spielzeit war Kantor im Kopf der Oldenburgerinnen, als der Shoot-out begann. Das bestätigte VfL-Spielmacherin Merle Carstensen. »Natürlich steht man etwas mehr unter Druck, wenn man vorher ein paar Siebenmeter verworfen hat«, sagte die Rückraumspielerin des späteren Turnier-Dritten.

Siebenmeter-Schützinnen am Vortag bestimmt

Keine Frage, dass die Metzingerinnen auch das nötige Quäntchen Glück hatten. »Was dann passiert ist, war ein Ausnahmezustand, wo das Momentum einfach ein Ticken mehr auf unserer Seite war«, sagte Bösch. Zu einem Happy End gehören aber auch die Schützinnen. Hier zahlte sich die akribische Vorbereitung aus. Am Vortag hatten die »TusSies« ihre fünf Schützinnen schon festgelegt unter den Spielerinnen, die auch im Training die meisten Siebenmeter werfen. Verena Oßwald war die nächste Kandidatin, sollte es erforderlich werden. So kam es dann auch. »Julia Behnke hat mir zugenickt«, berichtete Oßwald vor der Auswahl der Schützinnen in der zweiten Runde. Die Rückraumspielerin erzielte dann mit dem insgesamt 15. Wurf des Krimis den Siegtreffer zum 31:30.

»Das sind Situationen, die kann man nicht trainieren. Die vielen jungen Spielerinnen haben es überragend gemacht«, sagte Mannschaftsführerin Behnke später. In ihrer ganzen Karriere habe sie nur zwei Mal ein Siebenmeterschießen erlebt, ergänzte die 30-Jährige. Beide Male passierte es im Pokal-Wettbewerb des Deutschen Handball-Bundes (DHB). Auch 2017 zog die TuS auf diesem Weg ins Finale ein und wurde letztlich Zweite. Diese Platzierung traf 2024 nicht zu. Geschichte wiederholt sich eben doch nicht ganz. (GEA)