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Welcher Tigers-Spieler gegen Hamburg den schönsten Karriere-Moment erleben durfte

Die bereits vor dem Spiel abgestiegenen Tigers Tübingen verlieren das letzte Heimspiel in dieser Bundesliga-Saison gegen die Hamburg Towers mit 78:93. Warum sich das am Donnerstagabend völlig zweitrangig angefühlt hatte.

Freude trotz Niederlage im letzten Heimspiel: Tigers-Eigengewächs Joshua Schwaibold (Mitte) erzielte gegen Hamburg seine ersten
Freude trotz Niederlage im letzten Heimspiel: Tigers-Eigengewächs Joshua Schwaibold (Mitte) erzielte gegen Hamburg seine ersten Punkte in der Bundesliga. Foto: Eibner-Pressefoto/Oliver Schmidt
Freude trotz Niederlage im letzten Heimspiel: Tigers-Eigengewächs Joshua Schwaibold (Mitte) erzielte gegen Hamburg seine ersten Punkte in der Bundesliga.
Foto: Eibner-Pressefoto/Oliver Schmidt

TÜBINGEN. Das Licht im Keller war für die Tigers Tübingen in der Basketball-Bundesliga (BBL) bereits am Mittwochabend endgültig ausgegangen. Nachdem die Hakro Merlins Crailsheim ihre Auswärtspartie gegen die Rostock Seawolves überraschend deutlich gewonnen hatten, wurde es stockdunkel. Denn damit war klar: Das BBL-Abenteuer des Aufsteigers aus der Neckarstadt endet nach einem Jahr. Kommende Saison werden die Besucher der Paul-Horn-Arena wieder zweitklassigen Basketball in der Pro A zu sehen bekommen.

Das hielt 2.286 Zuschauer am Vatertag nicht davon ab, den Tigers im letzten Heimspiel dieser Saison gegen die Hamburg Towers noch einmal die Ehre zu geben. Zwar unterlagen die Tübinger den Norddeutschen am Ende mit 78:93, doch das fühlte sich am Donnerstagabend zweitrangig an. Einerseits weil Erfolgsmanager Jascha Maus in der Halbzeitpause nach fünf Jahren unter großem Applaus gebührend verabschiedet wurde. Andererseits, weil die Tigers-Fans nach der Partie ganz genau wussten: Das war das letzte Mal, dass ihre Mannschaft, die über die vergangenen Jahre in ihrem Kern stets zusammengeblieben war und für eine im schnelllebigen Basketball-Business ungewöhnlich starke Identifikation gesorgt hat, in dieser Zusammensetzung aufgelaufen ist. Es wird im Sommer einen gewaltigen Umbruch geben. Einzig Till Jönke besitzt neben Trainer Danny Jansson einen gültigen Vertrag für die kommende Saison.

General Manager Jascha Maus (rechts) von den Tigers Tübingen wird verabschiedet. Links: der Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Micha
General Manager Jascha Maus (rechts) von den Tigers Tübingen wird verabschiedet. Links: der Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Michael Bamberg. In der Mitte: Vorständin Sandra Ebinger. Foto: Eibner-Pressefoto/Oliver Schmidt
General Manager Jascha Maus (rechts) von den Tigers Tübingen wird verabschiedet. Links: der Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Michael Bamberg. In der Mitte: Vorständin Sandra Ebinger.
Foto: Eibner-Pressefoto/Oliver Schmidt

Doch die emotionale Geschichte des Spiels gegen die Towers schrieb ein echtes Tigers-Eigengewächs. Der 25-jährige Joshua Schwaibold, der am vergangenen Wochenende in Oldenburg zu seinem zweiten BBL-Einsatz kam, wurde von Jansson bereits im dritten Viertel völlig überraschend auf das Parkett geschickt. Vorausgegangen war ein 13:0-Lauf der Gäste direkt nach der Halbzeit, der die Hausherren auf die Verlierstraße gebrachte hatte. Doch das interessierte nur noch die Wenigsten. Das Scheinwerferlicht war nun voll auf den gebürtigen Tübinger gerichtet, der unter Standing Ovations das Feld betrat.

Zur Erklärung: Schwaibold, der mit 14 Jahren beim SV 03 Tübingen mit dem Basketball begann, ist seit dieser Saison fester Bestandteil des Profi-Teams und bekleidet die Rolle des klassischen Trainingsspielers. Er ist in jedem Training dabei, kommt im regulären Spielbetrieb jedoch für die zweite Mannschaft in der Regionalliga zum Einsatz. Im Dezember stellte der GEA den 25-Jährigen in einem ausführlichen Porträt vor und titelte: »Der Liebling bei den Tigers Tübingen.« Trainer und Mitspieler schwärmten von Schwaibold in den höchsten Tönen. Sein täglicher Fleiß, Einsatz und Wille wurden vom finnischen Coach nun mit dem Debüt vor heimischer Kulisse belohnt.

»Man weiß, dass in diesem Moment alle Scheinwerfer auf einen gerichtet sind. Beim ersten Freiwurf war die Hand zittrig«

»Die Einwechslung kam für mich ein bisschen unerwartet. Es war aber ein richtig schönes Gefühl, vor dieser großartigen und coolen Kulisse zu spielen. Man sieht, dass die Fans hinter dem Club stehen: Egal, ob Bundesliga oder nicht«, sagte Schwaibold nach der Partie freudestrahlend. 42 Sekunden vor Ende des dritten Viertels war es dann soweit. Das Tigers-Eigengewächs wurde von Lukas Meisner gefoult und durfte an die Freiwurflinie treten. Die ersten Punkte in der Bundesliga waren zum Greifen nahe. Oder wie es der Tübinger auf den Punkt brachte: »Man weiß, dass in diesem Moment alle Scheinwerfer auf einen gerichtet sind.«

Es wurde still in der Paul-Horn-Arena. Alle schauten gebannt in Richtung Korb. Schwaibold prallte den Ball ein paar Mal auf dem Boden, nahm tief Luft, holte zum Wurf aus und: Zack, daneben. »Die Hand war zittrig«, berichtete er. Eine Chance hatte er aber noch. Wieder gleiches Ritual, wieder die gleiche Wurfbewegung und: »Jetzt ist es passiert.« Zack, da waren sie: die ersten BBL-Zähler für Schwaibold. Insbesondere Mitspieler und Dreierspezialist Erol Ersek, mit dem er privat viel unternimmt und der zu seinen engsten Freunden im Team zählt, hatte es von seinem Stuhl auf der Bank gerissen und jubelte lautstark. »Wir sind sehr eng miteinander. Ich glaube niemand hat es sich so verdient wie Joshi. Das war mein Highlight heute«, freute sich der österreichische Nationalspieler mit Schwaibold, der in neun Minuten Einsatzzeit zudem drei Vorlagen gab.

»Ich würde es auf jeden Fall wollen, denn darauf arbeitet man ja hin«

Nicht ausgeschlossen, dass Schwaibold in der 2. Bundesliga mehr als nur Trainingsspieler sein wird und beispielsweise eine Rolle auf den hinteren Bankpositionen einnimmt. »Ich würde es auf jeden Fall wollen, denn darauf arbeitet man ja hin«, betonte der Tübinger. Doch das ist Zukunftsmusik. Zunächst einmal wollte er »den schönsten Moment in meiner Karriere«, genießen. Im letzten Heimspiel schreibt nun also ausgerechnet ein Eigengewächs eine der schöneren Tigers-Geschichten in dieser turbulenten und von vielen Auf und Ab's geprägten Saison. Diesen Moment hat sich Schwaibold mehr als verdient. (GEA)