TÜBINGEN. Till Jönke war auch knapp eine halbe Stunde nach der Partie noch völlig aus dem Häuschen. »Die Energie, die die Paul-Horn-Arena haben kann, ist unglaublich. Diese Halle so zu spüren, das ist einfach unfassbar geil. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich das jetzt erzähle«, sagte der Kapitän der Tübinger Zweitliga-Basketballer nach dem 92:84-Heimerfolg gegen die Art Giants Düsseldorf vor 1.960 Zuschauern. Dass die favorisierten Tigers gegen die Rheinländer den dritten Saisonsieg im vierten Spiel holen würden, schien Mitte des dritten Viertels noch undenkbar. Denn die Headline dieser packenden Begegnung lag bereits ausformuliert auf dem Tisch.
Ade Ajare Iliyan Sanni. Ein klangvoller Name. Und ein noch spektakulärerer Spieler, der am Samstagabend lange Zeit auf dem besten Weg war, sämtliche Rekorde in der zweitklassigen Pro A zu sprengen. Der von den Düsseldorfern erst Ende September nachverpflichtete US-Amerikaner zeigte vor allem im ersten Durchgang kaum menschliche Züge und macht das Spiel seines Lebens. Wie eine Maschine setzte der 24-Jährige einen Wurf nach dem anderen durch die Reuse. Unfassbare 17 Zähler hatte Sanni bereits nach den ersten zehn Minuten auf die Anzeigetafel gebracht. Zehn weitere Punkte sollten bis zur Pause folgen. Das alles bei einer absurden Dreierquote (siehe Box) von sechs Treffern bei acht Versuchen aus der Distanz.
Kuriose Dreier-Statistik
Kurios: Düsseldorfs Ade Sanni nahm in der Begegnung zwölf Würfe aus der Distanz. Das gesamte Tübinger Team kam nur auf 14 Dreier-Versuche, von denen nur vier verwandelt wurden. Drei davon gingen auf das Konto von Spielmacher Kenny Cooper. Es bleibt dabei: Der Dreier geht den Tigers in dieser Saison noch nicht leicht von den Händen. Mit durchschnittlich 32,5 Prozent Trefferquote liegen die Raubkatzen in dieser Statistik im hinteren Drittel. (ott)
»Es darf nicht sein, dass ein Spieler 41 Punkte gegen uns macht«, sagte Jönke sichtlich genervt über die sagenhafte Ausbeute des Düsseldorfers. Dass in der zweiten Halbzeit beim 24-jährigen Shooting Guard jedoch »nur« noch 14 weitere Zähler dazukamen, war auch ein Verdienst des 32 Jahre alten Tigers-Routiniers. Ganz dem Motto und den bekannten Liedzeilen des deutschen Schauspielers Christoph Maria Herbst »Lass das mal den Papa machen«, nahm sich »Oldie« Jönke diese Verteidigungsaufgabe gegen den US-Scorer als Chef ganz persönlich an. So lautstark der zweifache Familienvater auf der Bank Anweisungen an seine Mitspieler gibt, so energiegeladen machte der Tübinger Kapitän Sanni das Leben auf dem Basketball-Parkett über den Großteil der zweiten Hälfte zur Hölle.
»Ich war gerade selbst erschrocken, dass ich ihn 29 Minuten lang spielen lassen habe. Kann man für so etwas verklagt werden?«, fragte sein Trainer Domenik Reinboth ironisch in die Journalisten-Runde bei der Pressekonferenz und lachte. »Ich sehe doch noch ganz gut aus, oder?«, entgegnete Jönke, der neben einer überragenden Verteidigungsarbeit auch noch 14 Punkte erzielte, wenige Augenblicke später schlagfertig.
Die Geschichte wiederholt sich
Und doch wiederholte sich die Geschichte in der Begegnung gegen Düsseldorf. Einerseits, da Tigers-Spielmacher Kenny Cooper mit seinen 26 Punkten abermals Topscorer bei den Hausherren wurde. Andererseits, weil die Raubkatzen wie schon in der Vorwoche in Nürnberg erneut eine schwache erste Halbzeit (41:51) zeigten und lange Zeit einem Rückstand energieraubend hinterherlaufen mussten.
Und auch nach der Pause lief zunächst nicht viel zusammen. Nach 26 Minuten lagen die Neckarstädter bereits mit 49:65 zurück - zugleich der höchste Rückstand im Spiel. Dann aber machten sich die Hausherren auf zu einem beeindruckenden Comeback. Initialzündung war ein Steal des athletischen Forwards Melkisedek Moreaux, den er mit einem krachenden Dunking veredelte. Der 27-Jährige testete auch wenige Augenblicke später kraftvoll, ob der TÜV bei der Inspektion der Korbanlage sauber gearbeitet hatte.
Center Idowu sorgt für das große Highlight
Spätestens als der überragende Tübinger Center Samuel Idowu (22 Punkte, zwölf Rebounds und zwei Blocks) zwei Minuten vor Ende den Ball mit einem noch beeindruckenderen Dunking über Emil Marshall zur 85:79-Führung in den Ring stopfte, mutierte die Paul-Horn-Arena zu einem absoluten Tollhaus. Und doch mahnte Jönke trotz des beeindruckenden Comebacks (32:17 im Schlussviertel): »Wenn wir jedes Mal so schlecht starten, ist es schwierig jede Woche eine solche Energieleistung zu zeigen. Dann gehen wir im Dezember am Krückstock.« (GEA)