TÜBINGEN. Wenn die Tigers Tübingen am Freitagabend (18.30 Uhr, Dyn) in der Paul-Horn-Arena die MHP Riesen aus Ludwigsburg zum kleinen Derby in der Basketball-Bundesliga (BBL) empfangen, dann wird auch Center Daniel Keppeler beim Aufsteiger mit von der Partie sein. Soweit keine spektakuläre Nachricht. Doch auf eine gewisse Art und Weise eben schon. Schließlich wäre es das achte Spiel in Folge, in dem der 27-jährige Center für die Raubkatzen auf dem Parkett steht. Das gab es für Keppeler in dieser Saison bislang noch nicht.
Was daran liegt, dass der Franke, der seit 2020 für die Tigers aufläuft, an der traurigen Spitze der beispiellosen Tübinger Verletzungsmisere in der bisherigen Spielzeit trohnt. Und dabei sinnbildlich für die große Inkonstanz der Neckarstädter steht, die dieser Umstand als logische Konsequenz mit sich bringt. Keppelers persönliches Seuchenjahr startete bereits in der Sommervorbereitung nach dem wenige Wochen zuvor perfekt gemachten Aufstieg und der lang ersehnten Rückkehr in die Bundesliga nach fünf Jahren. Es ist eine Verletzung, die einen kopfschüttelnd zurücklässt. Frei nach dem Motto: Wie viel Pech kann man haben?
Wärmeflasche zerplatzt auf Bauch: Verbrennungen und Not-OP
Auf dem Bauch des Tübinger Big Men zerplatzte eine Wärmeflasche. Die dramatische Folge: Keppeler erlitt Verbrennungen zweiten Grades, musste im Krankenhaus sogar notoperiert werden und war wochenlang raus. »Dadurch hatte ich keine richtige Vorbereitung«, berichtet der 27-Jährige im Gespräch mit dem GEA. Das Problem: »Ich wollte unbedingt so schnell es geht zurück sein. Das ist eben das Profi-Business: Wenn es geht, dann will man direkt auch wieder rein und da sein.« Doch seine persönliche Verletzungsmisere schlug weiter wild um sich und nahm seinen freien Lauf.
Einige Zeit später machte ihm dann eine Corona-Infektion das Leben schwer. Als Keppeler diese überstanden hatte, folgte prompt der nächste Schlag ins Gesicht. Wortwörtlich: Teamkollege Mateo Seric hatte ihm einen Tag vor Silvester im Hinspiel gegen Ludwigsburg beim Kampf um den Ball den Finger versehentlich ins Auge gestochen. »Was will man da als Spieler machen?«, fragt der 2,05 Meter große Tigers-Center fast sarkastisch. Eine zweiwöchige Pause war die Folge. »Und im ersten Training danach knicke ich dann nach wenigen Minuten mit dem Fuß um.« Geht's noch?
Keppeler zieht gemeinsam mit Trainer Jansson die Reißleine
Das dachte sich auch Keppeler. Und entschied sich gemeinsam mit Headcoach Danny Jansson für einen harten Cut: Der achtbeste Shot-Blocker der BBL (1,1 pro Partie) wurde für zwei Wochen aus dem Spielbetrieb genommen. »Ich habe dann für mich eine Art Mini-Vorbereitung absolviert, um wieder auf mein altes Niveau zu kommen und den Belastungen Stand zu halten. Denn wenn man eine ganze Vorbereitung im Sommer mitmacht, dann merkt man die krasse Belastung während einer Saison gar nicht, da es irgendwann normal ist.« Es mache sich erst richtig bemerkbar, wenn man sich wie er wieder reinkämpfen müsse, während das ganze Pensum für die Teamkollegen kein Problem sei. »Weil die ganzen Muskeln und Gelenke noch gar nicht bereit für die tägliche Belastung sind. Aber man will es ja trotzdem. Man ist ja schließlich Profi«, zeigt Keppeler das Dilemma auf.
Ein Teufelskreis. Der dazu führte, dass er bislang inkonstante Leistungen auf das Parkett brachte. Acht Mal erzielte der Center weniger als fünf Punkte und zweimal neun Zähler. Beim Sensationssieg im Derby gegen Ulm scorte er dann zum ersten Mal in seiner Bundesliga-Karriere zweistellig (15). Seine Erklärung für das Auf und Ab wirkt schlüssig: »Durch die vielen Pausen hat der Körper einfach keinen Rhythmus.«
Keppeler tickt anders als viele seiner Bundesliga-Kollegen
Aber vermutlich ist es auch unfair, die Leistungen des gebürtigen Nürnbergers ausschließlich anhand seiner Punkteausbeute zu bewerten. Zwar betont er selbst, dass er sich im Rebounding - seiner Kernkompetenz als Big Men - verbessern muss. Aber ob ein Zähler mehr oder weniger: Darum geht es der Nummer 31 der Tigers überhaupt nicht. In dieser Hinsicht tickt Keppeler anders als viele seiner Bundesliga-Kollegen. »Natürlich würde auch ich am liebsten ein Double-Double im Schnitt auflegen. Das ist das Perfekte, was man sich als Center vorstellt. Doch mir ist es viel wichtiger, dass ich wirklich Teil von etwas bin. So wie hier bei den Tigers in den vergangenen Jahren, als wir richtig etwas aufgebaut haben. Ich will einfach eine geile Zeit im Verein mit meinen Mitspielern haben und guten Basketball spielen«, sagt er.
Klar: Der Profisport lebt auch von reinen Individualisten und Ich-AG's der Sorte Michael Jordan, Christiano Ronaldo oder etwa Zlatan Ibrahimovic. In diesem Denken - von den prominenten Protagonisten mal ganz abgesehen - ist Keppeler aber nicht zu Hause. »Wenn ich lieber einen schönen Pass zum Teamkollege spiele, erfüllt es mich mehr, als wenn ich einen Korbleger selber erziele. Es kann sein, dass ich keinen Punkte mache, dafür aber zehn Assists gebe und am Ende sage: Das war ein mega geiles Spiel«, spricht der 27-Jährige ungewöhnliche Worte und ergänzt abschließend: »Ich habe angefangen Basketball zu spielen wegen des Spaßes und nicht wegen den Statistiken, Verträgen oder Geld. Aber das gehört inzwischen halt dazu. Man muss eine Balance finden zwischen der Liebe zum Basketball und dem Business.« Auf diesem nicht immer ganz einfachen Drahtseilakt benötigt es jedoch vor allem eines: Gesundheit. (GEA)