PLIEZHAUSEN. Sie ist zuhause auf den Laufbahnen der Welt, üblicherweise in Brüssel, Berlin oder Zürich. Jetzt ist sie im Pliezhäuser Schönbuchstadion unterwegs, im Rennen über 1.000 Meter. Mit wehendem Pferdeschwanz, ihrem Markenzeichen, und langen Schritten. Eine Weltklasseläuferin in der Provinz. Nicht zum ersten Mal, denn schon zum Beginn ihrer Karriere war Konstanze Klosterhalfen vor acht Jahren am Schönbuchrand gelaufen.
Mit fünf Jahren hat sie mit der Leichtathletik begonnen und ihr großes Talent war bald entdeckt. Die Läuferin von Königswinter am Rhein eilte von Sieg zu Sieg, lief Rekorde und holte Medaillen am Fließband. Klosterhalfen galt als »deutsches Laufwunder«, als »Jahrhunderttalent«. Sie gewann Bronze über 5.000 Meter bei der Weltmeisterschaft in Doha 2019, dreimal Silber bei den Hallen-Europameisterschaften und wurde Europameisterin 2022 in München. »Das war der schönste Moment in meinem Leben, ich war unfassbar glücklich«, befand die heute 27-Jährige damals im Olympiastadion.
Klosterhalfen heißt nicht nur laufen: Sie stand schon als Model bei der Fashion Week in Berlin auf dem Laufsteg, sonntags leistete sie als Ministrantin in der Kirche in Königswinter ihren Dienst. Ihr vielleicht größtes Rennen lieferte sie 2019 mit dem Deutschen Rekord über 5.000 Meter (14:26,76 Minuten) im Berliner Olympiastadion ab. Inzwischen war sie in das umstrittene Nike-Projekt in Portland (USA) gezogen und trainierte unter dem mit Dopinggerüchten behafteten Alberto Salazar.
Auch Klosterhalfens Karriere war mit Hochs und Tiefs behaftet. Nach Auflösung des Nike-Projekts wechselte sie zu Puma, war im vergangenen Jahr lange verletzt. Mit drei Rennen auf der Straße (in Dubai, Spanien und Paderborn) und einem Trainingslager in Äthiopien ist sie ins Olympiajahr eingestiegen. In Pliezhausen nimmt sie Kurs auf die EM in Rom (7. bis 12. Juni) und die Olympischen Spiele in Paris (1. bis 11. August).
Die Normen über 5.000 Meter (14:52,00 Minuten) und 10.000 Meter (30:40,00) verlangen auch von Klosterhalfen einiges ab.
Bachelor im Sportjournalismus
Letzte Runde im Schönbuchstadion: »Koko«, wie sie in der Szene nur genannt wird, läuft auf Platz neun. »Koko, Koko«, feuern die Zuschauer an. Drei Weltklasseathletinnen wie Malaika Mihambo, Gesa Krause und Konstanze Klosterhalfen in der Provinz sind spektakulär, hat es so noch nicht gegeben. Hier wird Sport auf allerhöchstem Niveau geboten.
»Ich bin zufrieden«, sagt Klosterhalfen. »Das ist ein schönes Stadion in dieser Gegend und ich mag die vielen Menschen die hier sind«, fügt sie an. Das Meeting sei noch professioneller geworden, seit sie vor acht Jahren hier war. Danach badete sie in einer Traube von Autogrammjägern. Nach dem Verletzungsjahr 2023 nimmt sie Kurs auf die EM in Rom.
»Natürlich sind die 5.000 Meter meine Lieblingsstrecke«, sagt sie, schließlich ist sie Titelverteidigerin. Klosterhalfen liebäugelt mit einem Doppelstart über 5.000 und 10.000 Meter. Mit Bundestrainerin Isabelle Baumann analysiert sie ihre Rückkehr auf die Bahn. Gerade hat sie ihre Bachelorarbeit im Sportjournalismus abgeschlossen. Sie wird wohl noch genauer auf die Artikel der Kollegen schauen. (GEA)