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Mössinger spricht über Rassismus auf Fußball-Plätzen in der Region

Sami Hamze hat als jugendlicher Fußballer mehrfach erfahren, was Rassismus bedeutet. Heute ist er Trainer und will seine Spieler schützen.

Sami Hamze kämpft heute als Trainer für mehr Toleranz auf dem Fußball-Platz.
Sami Hamze kämpft heute als Trainer für mehr Toleranz auf dem Fußball-Platz. Foto: Privat
Sami Hamze kämpft heute als Trainer für mehr Toleranz auf dem Fußball-Platz.
Foto: Privat

REUTLINGEN. Es ist dieser eine Moment auf dem Fußball-Platz, der Sami Hamze immer und immer wieder durch den Kopf geht. Als Jugendspieler läuft der heute 34-Jährige für die Sportfreunde Dußlingen auf, schießt zwei Tore, doch freuen kann er sich nicht. Rassistische Anfeindungen und Bedrohungen von Fans des Gegners zerstören ihm den Tag. Sein Coach nimmt ihn zum Schutz sogar vom Feld. Hamze flieht, aber gibt nicht auf.

Mit Beleidigungen und unschönen Gesten ab der ersten Spielminute startete die Partie damals für den Kicker mit libanesischen Wurzeln. »Die gegnerischen Fans haben Affengeräusche gemacht«, erzählt Hamze über die Undinger Anhänger. Da er der einzige Ausländer auf dem Platz war, traf es ihn an diesem Tag besonders.

Mitspieler waren immer klasse

Schlimmer wurde es, als der begeisterte Kicker dann zwei Treffer erzielte. Plötzlich bekam er Dinge wie »wir werden dich jagen«‚»du Hurensohn« und »wenn du noch ein Tor schießt, bringen wir dich um« zu hören. »Es wurde immer schlimmer.« Sein Trainer reagierte wie beschrieben, um den damals B-Jugendlichen zu schützen. Der Vater eines Mitspielers fuhr ihn noch während der Begegnung mit dem Auto nach Hause - Hamze wollte nur noch weg. Was ihn bestürzt: »Das sind Erwachsene gewesen. Das prägt einen.«

Bei der einen Erfahrung blieb es allerdings nicht. Von der F-Jugend an, bis in den Aktivenbereich gab es immer wieder Vorfälle. Allerdings nie von Mitspielern aus dem eigenen Team. »Die waren immer klasse.« Dafür umso mehr mit Fans und auch den eigenen Trainern, die ihm nach eigener Aussage Angebote namenhafter Vereine einfach nicht kommunizierten oder den Clubs stattdessen zu anderen Spielern rieten, obwohl sich diese explizit nach ihm erkundigten. Das habe er erst später erfahren, als ihm Kollegen die Geschichten von damals berichteten.

Team vom Platz genommen

Dass die Geschichte des Mössingers kein Einzelfall ist, zeigen die vielen Schlagzeilen über Fremdenfeindlichkeit in den Medien im Profi-Bereich. Sicher ist sich der Inhaber einer Kfz-Werkstatt allerdings, dass es in den unteren Ligen noch heftiger zugehe und viele Ausländer von Anfeindungen betroffen seien. Auf einen GEA-Aufruf in den Sozialen Medien, um mit betroffenen Sportlern ins Gespräch zu kommen, meldeten sich allerdings nur vier Personen. Hamze jedoch war der einzige, der erreichbar war und sprechen wollte. Wundern tut das den 34-Jährigen nicht. »Es ist ein sehr schweres Thema, über das keiner gerne spricht.«

Dafür berichtet Hamze selbst von weiteren Vorfällen, von denen er später Zeuge wurde. Denn Aufgeben und seine Leidenschaft wegen der Anfeindungen bleibenzulassen, stand für ihn nie zur Debatte. Im Gegenteil. Er wollte es besser machen. Also wurde er Jugendtrainer und coachte unter anderem die Belsener A-Jugend. »Ich gebe jedem die Chance«, sagt er. »Bei mir spielt derjenige, der Leistung bringt.«

Rassismus will er keinen Raum bieten. Als ein Schiedsrichter gegen sein internationales Team besonders hart pfiff und zum gegnerischen Trainer sagte: »Genau so muss man mit denen umgehen«, nahm Hamze seine Kicker vom Feld. »Das hat mich sehr mitgenommen.« An diesem Punkt habe er sich gefragt: »Was mache ich hier in diesem Land.«

Trotzdem ist Hamze immer noch dabei, wird nun Trainer der zweiten Mannschaft der Spielgemeinschaft Mössingen/Belsen und will weiter einstehen für mehr Respekt und Toleranz auf dem Feld. Ein Problem bleibe allerdings aus seiner Sicht immer: »Sobald du einen Fehler machst, bist du leider gleich wieder der Ausländer. Das ist sehr schade.« (GEA)