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Kurzspieljahr für Amateur-Kicker in der Region eine reizvolle Idee

Im Amateurfußball wird fieberhaft nach einer Lösung gesucht, wie es spätestens im Sommer weitergehen soll.

Darf der Bezirksliga-Spitzenreiter und Vorrunden-Erste Young Boys Reutlingen in die Landesliga aufsteigen? Ebrima Camara (recht
Darf der Bezirksliga-Spitzenreiter und Vorrunden-Erste Young Boys Reutlingen in die Landesliga aufsteigen? Ebrima Camara (rechts) und Tim Löffler würden jubeln, Niko Petrovic (links) würde mit dem Zweitplatzierten SV Croatia Reutlingen leer ausgehen. FOTO: PIETH
Darf der Bezirksliga-Spitzenreiter und Vorrunden-Erste Young Boys Reutlingen in die Landesliga aufsteigen? Ebrima Camara (rechts) und Tim Löffler würden jubeln, Niko Petrovic (links) würde mit dem Zweitplatzierten SV Croatia Reutlingen leer ausgehen. FOTO: PIETH

REUTLINGEN. Der Württembergische Fußballverband (WFV) hat in einer Mitteilung an seine Vereine zuletzt nochmals unterstrichen, dass man die vorerst bis zum 19. April ausgesetzte Saison regulär zu Ende spielen will. Aber selbst den Funktionären ist mittlerweile klar, dass dies aufgrund der dynamischen Entwicklung der Corona-Epidemie von Tag zu Tag weniger vorstellbar erscheint. Man sucht intensiv nach einer Lösung. Eine Möglichkeit für die Spielklassen von der Verbandsliga bis zur Kreisliga B könnte ein Kurzspieljahr sein.

Zur Verlegung des Schuljahresbeginns auf den 1. August wurden unter anderem in Baden-Württemberg von April bis November 1966 sowie von Dezember 1966 bis Juli 1967 zwei Kurzschuljahre eingeführt. Was damals zur Vereinheitlichung des Schulsystems in Deutschland diente, könnte als Kurzspieljahr 2021 auch im Amateur-Fußball praktiziert werden. Die Vereine würden demnach die Runde bis zum Sommer unterbrechen. Das macht auch deshalb Sinn, weil in den nächsten Wochen, wahrscheinlich sogar Monaten, ein Spiel- und Trainingsbetrieb gar nicht möglich ist.

Saison-Fortsetzung könnte dann Mitte/Ende August sein. Bis Ende November müsste schließlich die Spielzeit 2019/20 abgeschlossen sein. Die Verbandsliga würde somit von August bis November ihre Spieltage 22 bis 34 und die Bezirksliga Alb ihre Spieltage 20 bis 30 absolvieren. Danach stehen die Auf- und Absteiger fest, Relegationsspiele würde es ausnahmsweise keine geben. Im Februar/März 2021 wäre der Startschuss für das Kurzspieljahr 2021. In einer einfachen Runde, wie es bereits im Jugendbereich praktiziert wird, müssten Meister, Absteiger und Relegations-Teilnehmer ermittelt werden. Ab Sommer 2021 läuft alles wieder wie gehabt.

»Das würde schon irgendwie gehen, aber es gäbe 1 000 Dinge zu beachten – auch formaler Natur«, erklärt Timo Schyska, Vorstandsmitglied des Verbandsligisten VfL Pfullingen und verdeutlicht: »Es gibt momentan ja gar keine Rechtsgrundlage.« Eine wie auch immer geartete Entscheidung ist ganz sicher auch nur dann sinnvoll, wenn sie verbandsübergreifend für den Spielbetrieb in der ganzen Republik Gültigkeit hat.

Goran Divljak, Co-Trainer des Verbandsligisten TSG Tübingen, spricht von einer »guten Idee«. Da durch die Aussetzung die Saison nun »eh schon zerrissen ist, würde ich diese – wie auch immer – auf alle Fälle zu Ende spielen lassen«. Divljak sieht aber, in welcher Lösung auch immer, »das Problem, dass man es nie allen Beteiligten Rechtmachen kann«. Aber bei einem Kurzspieljahr gäbe es möglicherweise eher weniger Kritiker.

»Das wäre eine Alternative«, könnte sich auch Josef Haug mit einem Kurzspieljahr anfreunden. Der Vorsitzende des Bezirks Alb favorisiert allerdings die Lösung, die aktuelle Saison zu beenden, für null und nichtig zu erklären und ab Sommer neu zu starten. Dann würden sich all’ die Vereine bedanken, die zurzeit in akuter Abstiegsnot sind. Und die auf Meisterkurs liegenden Clubs würden sich mächtig ärgern und um den Lohn ihrer Arbeit, den Aufstieg, gebracht sehen. »Alle derzeitigen Tabellenführer wären dann deine Gegner«, weiß Haug.

»Ich kann mich mit dem Vorschlag eines Kurzspieljahres nicht anfreunden«, erklärt Michael Grau, seines Zeichens Abteilungsleiter des Münsinger A-Ligisten SV Würtingen. Man müsste dann beispielsweise eine Lösung bei den Wechselbestimmungen finden. »Das könnte man aber hinbringen«, weiß Grau, dass Satzungs- oder Wettspielordnungsänderungen kein Hindernis sein sollten.

Auf- und Absteiger könnten auch mit Hilfe der Vorrunden-Tabelle ermittelt werden. In der Praxis würde es da aber Probleme geben. Beispielsweise in der Bezirksliga könnten die Absteiger gar nicht bestimmt werden, weil am 14. Spieltag (17. November 2019) die Begegnungen FC Engstingen gegen TuS Metzingen und TSG Upfingen gegen TV Derendingen abgesetzt werden mussten und bislang nicht nachgeholt wurden. Eine Goodwill-Lösung für die meisten Clubs wäre, die Erstplatzierten aufsteigen zu lassen (auch das birgt Probleme) und den Abstieg auszusetzen. Das wiederum hätte in der Münsinger A-Liga zur Folge, dass im Sommer 17 Teams am Start wären und 34 Spieltage absolviert werden müssten. Im vergangenen Jahr haben, als es Bezirksliga-Absteiger in die Münsinger A-Liga hagelte, alle Funktionäre unisono betont, auf der Alb könnten nie und nimmer 34 Spieltage durchgezogen werden. Also dürfte oder könnte eine Liga-Aufstockung nicht in Frage kommen. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Ein Kurzspieljahr ist eine reizvolle Idee. (GEA)