Löw hatte seine Mannschaft gegenüber dem enttäuschenden 0:0 gegen Polen überraschend auf zwei Positionen geändert. Mario Gomez von Besiktas Istanbul rückte für Julian Draxler vom VfB Wolfsburg in die Startformation. In der Abwehr bildeten Mats Hummels und Jerome Boateng die Innenverteidigung, Jonas Hector ist auf der linken Seite weiter ohne Alternative.
Aber auf der rechten Seite entschied sich Löw für mehr Geschwindigkeit, Joshua Kimmich vom FC Bayern München erlebte einen fulminanten Startschuss bei einem großen internationalen Turnier. Benedikt Höwedes vom FC Schalke 04 rückte auf die Ersatzbank. Die Nominierung von Kimmich bewies Löws Mut, der 21-Jährige hatte erst vor drei Wochen sein Länderspieldebüt gefeiert.
Der Münchner, ausgebildet beim VfB Stuttgart, war eine unglaubliche Belebung auf der rechten Seite. Defensiv sicher gegen Conor Washington, in der Offensive immer anspielbar, technisch phasenweise brillant und mit gefährlichen Flanken. Löws Schachzüge erwiesen sich vor 50000 Zuschauern als richtig, Chancen gab es im Minutentakt. In der 7.Minute ließ Thomas Müller freistehend seine erste Großchance aus, im Gegenzug nahm Mats Hummels unnachahmlich in höchster Gefahr Washington den Ball vom Fuß. Dann erneute Großchance durch Mesut Özil (11.), eine Minute danach vergab Mario Götze.
In der 23. Minute schlug Kimmich eine Flanke auf Gomez, der bringt mit der Brust Müller ins Spiel, und der vergibt seine zweite 100-Prozent-Chance, ein fantastischer Angriff. Nachdem Jamie Ward das erste Mal auf das Tor von Neuer geschossen hatte (26.), scheiterte erneut Müller mit einem wunderschönen Flugkopfball, ehe Gomez auf kurzes Zuspiel von Müller nach großartiger Vorbereitung von Özil endlich den hochverdienten Führungstreffer erzielte – ein Tor wie eine Erlösung (30.). Nur fünf Minuten später scheiterte Gomez an der Querlatte, kurz darauf nochmals überhastet. Aufgrund der Chancen hätte der Weltmeister bis zum Pausenpfiff von Schiedsrichter Clement Turpin aus Frankreich mindestens mit 4:0 führen müssen.
Im zweiten Durchgang setzte sich die Überlegenheit des Weltmeisters fort. Müller rückte jetzt noch häufiger in die zentrale Position hinter Gomez, wechselte sich dabei mehr oder weniger ständig mit Özil ab. Erneut Chancen im Minutentakt. Götze scheiterte selbst mit 1000-prozentigen Möglichkeiten, ideal freigespielt, aber immer wieder am nordirischen Torwart Michael McGovern (52./53.). In der 55. Minute kam dann André Schürrle für den Pechvogel vom FC Bayern, dessen Aktionen sich zwischen unglaublichem Pech und Unvermögen bewegten. Die Nordiren steckten in keiner Phase auf und versuchten, die souveräne deutsche Abwehr zu Fehlern zu zwingen. Vergeblich. In der 69. Minute kam Schweinsteiger für Khedira, in der 74. Minute verpasst Gomez eine Flanke von Hector und scheitert nochmals mit einem Kopfball (82.) an dem überragenden McGovern.
Im deutschen Angriff war Gomez zwar zwischenzeitig erwartet worden, ehe es wieder unwahrscheinlicher wurde. Löw stellte mit Gomez einen ausgebildeten Mittelstürmer auf, Mario Götze, zweimal als »falsche Neun« eingesetzt und zweimal auffällig unauffällig, besetzte für Draxler den linken Flügel. Gegen Polen (0:0) hatte es der Bundestrainer bei zwei Wechseln belassen. André Schürrle kam für Götze (66.), Gomez für Draxler (71.). Auf Nachfragen hatte Löw gesagt: »Es muss der richtige Moment kommen.« Gegen Nordirland war die Zeit reif. (GEA)