REUTLINGEN. Happy End für Jovan Djermanovic: Für den Oberligisten SSV Reutlingen darf der Stürmer aufgrund eines Wechselfehlers nicht auflaufen, dafür spielt er jetzt in der Baller League im Team von Weltmeister Christoph Kramer und der österreichischen Nationalspielerin Ana Maria Markovic. Konkret bedeutet das: statt am Samstagnachmittag im Stadion an der Kreuzeiche vor 700 Zuschauern auf Torjagd zu gehen, kickt der 23-Jährige nun montagabends vor hunderttausenden Fans, die die Matches online verfolgen.
Aber was bitte ist die Baller League? Bei dem Hallenfußball-Turnier, das Anfang des Jahres ins Leben gerufen wurde, geht es vor allem um eines: Action. In kurzen Partien treten Teams mit sechs Spielern in zwei Halbzeiten mit jeweils 15 Minuten gegeneinander an. Mitgründer des Events sind die Größen Lucas Podolski und Mats Hummels. Um das Event für ein junges Publikum noch spannender zu machen, gibt es besondere Regeln.
Beispielsweise zählen Treffer per Volleyschuss in der Schlussphase doppelt. Ein wenig erinnert das Ganze an den guten alten Bolzplatz - aber mit bekannten Gesichtern und ganz viel Show drumherum. Denn die zwölf Mannschaften werden von Promis wie Podolski oder Comedian Felix Lobrecht gecoacht. Auf dem Feld stehen neben Lokal-Sportlern wie Jovan Djermanovic und vereinslosen Spielern auch Ex-Profis wie Martin Harnik oder Aaron Hunt und bekommen dafür sogar Geld.
»Ich spiele plötzlich gegen Spieler, die ich nur aus dem TV kannte«
Genau das macht den Reiz aus. Die Kicker von nebenan messen sich plötzlich mit bekannten Größen. »Es macht richtig Spaß«, sagt Djermanovic. »Ich spiele plötzlich gegen Spieler, die ich nur aus dem TV kannte.« Unter anderem mit den ehemaligen Profis Julian Schieber, Gonzalo Castro und Moritz Leitner stand er schon auf dem Feld. Vergangenen Montag plauderte er in der Kölner Halle eine halbe Stunde mit Mats Hummels von Borussia Dortmund. Auch Florian Neuhaus von Borussia Mönchengladbach ließ sich die Show nicht entgehen und feuerte von der Bande aus an.
Der Spieler des SSV Reutlingen ist einer von 100 Kickern, die für die Baller League aus über 16.000 Bewerbern ausgewählt wurden. Dass er bei Kramer und Markovic landete, freut ihn besonders. »Es hätte nicht besser laufen können. Es war mein Wunsch, bei einem aktuellen oder ehemaligen Profi unterzukommen.«
»Chris ist total cool drauf. Ich kann ihn jederzeit anrufen«
Sportlich könnte es für sein Team, die »Golden XI«, ein wenig besser laufen. Auf dem achten Platz des Zwölfer-Tableaus steht die Mannschaft der Trainer Christoph Kramer und Ana Maria Markovic. Erst vergangene Woche setzte es eine knappe Niederlage im Spiel gegen die »Protatos«. Der Stürmer des SSV Reutlingen stand trotzdem plötzlich im Mittelpunkt. Gegen Ende des Spiels setzte Weltmeister Kramer sein volles Vertrauen in Djermanovic und stellte ihn als spielenden Torwart auf, um im Angriff mit einer Überzahl den Rückstand aufzuholen. Das gelang zwar, in den letzten Minuten unterlagen die »Golden XI« dann aber doch.
Trotzdem gab es Lob: »Chris ist zufrieden mit meiner Leistung«, erzählt der gebürtige Hechinger. Für ein Tor reichte es in sechs Spielen aber noch nicht. Das soll sich noch ändern. Denn er will mit seinem Team den Sprung unter die besten vier Teams schaffen, die in einer Endrunde dann den Sieg unter sich ausspielen.
Das ist auch der Anspruch seines prominenten Trainers. Zwar steht in der Baller League die Show über allem, trotzdem nimmt Kramer die Spiele nicht auf die leichte Schulter. Direkt nachdem bekannt war, wer in seinem Team spielt, gründete er eine Whatsapp-Gruppe und tauscht sich seit dem täglich mit seinen Kickern aus, die sich immer nur montags sehen, wenn die Matches in Köln stattfinden. Nach jedem Spiel schickt der Bundesliga-Spieler von Borussia Mönchengladbach Videoclips und versucht Djermanovic und seine Kollegen zu coachen, immer besser zu machen.
»Chris ist total cool drauf«, schwärmt der Spieler des SSV Reutlingen. »Er ist total nahbar. Ich kann ihn jederzeit anrufen.« Besonders interessiert es ihn, wenn Kramer über seine Karriere spricht und dem 23-Jährigen Tipps und Ratschläge mit auf den Weg gibt.
Dass Djermanovic in der Baller League mitmachen kann, ist nur möglich, weil er beim SSV Reutlingen nicht spielberechtigt ist. Als er in der Winterpause seinen Vertrag unterschrieb, wurde ausgemacht, dass eine Teilnahme nicht in Frage kommt, um sich auf die sportliche schwierige Situation bei seinem neuen Club zu konzentrieren. Dafür hat der Stürmer vollstes Verständnis. »Es ist ja auch ein Verletzungsrisiko, wenn man montags zusätzlich spielt.«
»Mir wäre es lieber, wenn ich samstags mit Reutlingen um Punkte kämpfen darf«
Dann aber wurde der Fehler bei der Abwicklung des Transfers bekannt. Die Vorzeichen änderten sich. Der Bosnier durfte doch »ballern«. »So kann auch ich wenigstens Woche für Woche um drei Punkte spielen und bleibe im Rhythmus.«
Allerdings sei das ein schwacher Trost. »Mir wäre es lieber, wenn ich samstags mit Reutlingen um Punkte kämpfen darf.« Das Gefühl im Stadion aufzulaufen, sei nicht mit den Hallenspielen zu vergleichen. Schließlich habe er von den hunderttausenden Zuschauern vor den Bildschirmen Zuhause nichts.
»Die meisten finden super, dass einer aus der Mannschaft mitmacht«
Thema sind die Auftritte Djermanovics, der im Trainingsbetrieb des SSV ganz normal mitmacht, dennoch. »Die meisten finden super, dass einer aus der Mannschaft mitmacht.« Der ein oder andere hätte auch Lust, mal an einem Spieltag dabei zu sein. Bei den Gesprächen in der Kabine hätte er schon einige Tipps für sein Spiel bekommen - vor allem von Torjäger Onesi Kuengienda. Na dann stehen die Chancen ja gut, dass das auch noch mit dem Treffer was wird. Christoph Kramer würde seinen Schützling abfeiern. (GEA)