REUTLINGEN. Ein ganz gewöhlicher Vormittag, zehn Uhr in Reutlingen: Am Echazufer ist ein fleißiger Mitarbeiter der Technischen Betriebsdienste Reutlingen (TBR) dabei, mit Reisigbesen, Kehrschaufel und Müllpicker, die Fußwege zwischen Lindachknoten und Alte Mühle sauber zu halten. Die Wege, an denen auch der Lehrpfad Echazufer liegt, sind meist picobello sauber. Anders sieht es mitunter im Uferbereich und im Flussbett aus.
Lange muss man nicht nach alten Chipstüten, Plastikflaschen, Einkaufstüten, Styroporresten, Alufolie oder Getränkedosen suchen. Entweder liegen sie im Uferbereich, hängen an den Zweigen der dortigen Pflanzen oder glänzen am Boden des Flussbettes in der Sonne. Schön sieht das allerdings nicht aus und die Müllbilanz fällt mit Blick auf den Reutlinger Fluss ernüchternd aus: »Wir erkennen keine Verbesserung der Situation, im Gegenteil«, berichtet TBR-Chef Dirk Kurzschenkel im Gespräch mit dem GEA.
»Wir holen regelmäßig Einkaufswagen, Mülltonnen, Fahrräder, gewöhnlichen Hausmüll und Plastikmüll jeglicher Art aus der Echaz«, zählt er auf. Ganz besonders nervt ihn ein recht neues Problem: »Die zahlreichen, einfach achtlos in den Fluss geworfenen E-Roller. Sie sind seit Kurzem zum modernen Klassiker in Sachen Müllsünden geworden«, Kurzschenkel ist hörbar verärgert.
Chipstüten, Plastiktaschen, Alufolie, Autoreifen, Batterien, Fahrräder, Einkaufswagen
Er berichtet von speziellen TBR-Kolonnenteams zur Überwachung der Gewässer-Sauberkeit. »In unregelmäßigen Abständen begeben die sich in wasserdichten Anglerhosen in die Echaz, um den ganzen Müll herauszuziehen.« Besonders betroffen seien die Flussabschnitte an der Reutlinger Stadthalle, an der Emil-Adolff-Straße, an der alten Mühle und am Wasserwerk am Lohmühlewehr. Und tatsächlich: Genau an den genannten Stellen ist an einem ganz normalen Vormittag Müll jeglicher Art zu finden. Sogar eine alte Autobatterie, die mit ihrem ätzenden Säuregehalt so richtig umweltschädlich ist. Da wirken die alten Autoreifen, Plastik- oder Chipstüten fast schon wie harmloses Beiwerk.
»Unsere Teams holen bei jeder ihrer Säuberungsaktionen mehrere Müllsäcke an Material da heraus«, weiß Kurzschenkel. Eine Verbesserung der Lage beim illegal entsorgten Abfall in der Echaz sei nicht zu erkennen. Er weist darauf hin, dass es für die Täter richtig teuer werden kann: »Das kann ein Bußgeld zwischen 50 und mehr als 1.000 Euro bedeuten.« Bei E-Rollern werde es noch teurer.

Dass selbst kleinste Müllreste zu einer lebensbedrohlichen Gefahr für heimische Tierarten werden können, zeigt der Fall des Graureihers vergangene Woche. Das Tier war im Flussverlauf der Echaz an der Emil-Adolff-Straße aufgefallen, weil es zwar Fische fing, diese aber nicht fressen konnte. Sein Schnabel war umwickelt von Plastikmüll. Der Graureiher drohte zu verhungern.

In einer spektakulären Rettungsaktion fingen Berufsfeuerwehr Reutlingen und Teile des Tierheim-Teams den völlig geschwächten Graureiher ein. Beim Tierarzt wurde er vom Netz um seinen Schnabel befreit. Dennoch entschied der Tierarzt angesichts eines komplizierten Bruchs eines Flügels: Ein Weiterleben hätte eine Quälerei bedeutet. Deshalb schläferte er das Tier ein.
Graureiher sind weiterhin am Ufer und im Wasser zu beobachten, auch in unmittelbarer Nähe der Müllablagerungen. Es könnte also nur eine Frage der Zeit sein, wann der nächste Vogel gerettet werden muss. Müll in den Gewässern ist also nicht nur ein großes Problem in den Weltmeeren, sondern offensichtlich auch direkt in Reutlingen. (GEA)