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Aktuell Hochwasser

Warum diese Betzinger Baustelle für gemischte Stimmung bei Geschäftsleuten sorgt

In Betzingen läuft die vorletzte Baumaßnahme für den Hochwasserschutz. Das hat Auswirkungen auf die Gewerbetreibenden. Warum die Stimmung trotzdem nicht schlecht ist.

Kleiner, aber feiner Betzinger Wochenmarkt: Die Sperrung der Hoffmannstraße macht den Beschickern  Probleme.
Kleiner, aber feiner Betzinger Wochenmarkt: Die Sperrung der Hoffmannstraße macht den Beschickern Probleme. Foto: Jürgen Meyer
Kleiner, aber feiner Betzinger Wochenmarkt: Die Sperrung der Hoffmannstraße macht den Beschickern Probleme.
Foto: Jürgen Meyer

REUTLINGEN-BETZINGEN. Die vorletzte Baumaßnahme im Hochwasserschutz-Entwicklungskonzept Echaz ist in vollem Gang. Doch diesmal bekommen die Betzinger die Auswirkungen deutlich zu spüren. Wegen der Brückenerneuerung ist die Hoffmannstraße zur Steinachstraße hin komplett dicht, ein wichtiger Zugang zur »Einkaufsmeile« im Ort ist damit gekappt – und das bis Oktober 2025. Einige Geschäftsleute beklagen Umsatzeinbußen, auch die Marktbeschicker vom Kemmlerplatz grummeln. Doch die Stimmung ist keineswegs nur düster. »Die Baustelle ist anstrengend für die Gewerbetreibenden«, räumt der Vorsitzende des Betzinger Gewerbevereins Hans-Georg Nestel ein, »aber sie muss sein, wir brauchen jegliche Maßnahmen für den Hochwasserschutz.«

30 Prozent weniger Umsatz

Der direkteste Anlieger der Baustelle scheint am stärksten betroffen: Aiman Jasin, Geschäftsführer der unmittelbar an der gesperrten Einmündung zur Hoffmannstraße liegenden Steinach-Apotheke, spricht von mindestens 30 Prozent Umsatzeinbußen. Vom Parkplatz an der Kemmlerhalle aus ist seine Apotheke nicht mehr erreichbar, Fußgänger müssen einen Umweg an der Echaz entlang übers Mühlenbrückle laufen – und kommen direkt bei der Konkurrenz raus. »Ich habe nichts gegen die Baustelle«, meint Jasin, »aber eineinhalb Jahre, das ist viel zu lange geplant.« Sein Eindruck: Es gehe nicht voran, nur vier Bauarbeiter seien zugange und das sei zu wenig. »Das ist ja kein Einfamilienhaus, sondern eine Brücke, das hätte man anders ausschreiben müssen.«

Alles im Zeitplan

Alles korrekt und alles im Zeitplan, heißt es aber seitens der Stadt. Der Bauleiter sei jeden Tag vor Ort und schaue, dass alles läuft. Die Anzahl der Arbeiter bemesse sich nach den Arbeitsabläufen. »Die Firma hat einen Bauzeitenplan, an den muss sie sich halten«, sagt Pressesprecherin Sabine Külschbach. Tue sie auch, wenn sie nicht ausgebremst werde: Mitte Juli war wegen starken Regens, der die Baustelle überschwemmte, eine einwöchige Zwangspause. Eine Verzögerung »im unteren Bereich«, so Sabine Külschbach, die aber wieder wettgemacht werden konnte.

Umwege für Fußgänger

Manuela Rein, Inhaberin der gleichnamigen Käsetheke auf dem kleinen Betzinger Wochenmarkt, registriert ebenfalls Umsatzeinbußen seit dem Start der Baumaßnahme im April. Weil die Firma den südlichen Teil des Kemmlerplatzes für die Baustelleneinrichtung braucht, wird’s in Schulzeiten mit dem Parken schwierig. Was Kunden ebenso abhalten könnte wie die Tatsache, dass aus Richtung Steinachstraße Umwege in Kauf genommen werden müssen. Auch für Fußgänger. »Den Leuten ist es zu umständlich, ums ganze Carré zu laufen«, moniert Manuela Rein. Was ihr besonders zu denken gibt: »Das dauert so lange, da ist kein Ende in Sicht.« Sollten mehr Kunden wegbleiben und die Umsätze einbrechen, werde sie reagieren und sich auf einem anderen Markt bewerben.

Wegen der aufwendigen  Arbeiten für den Brückenneubau ist der Kemmlerplatz nur von der Mühlstraße aus befahrbar und teils gesper
Wegen der aufwendigen Arbeiten für den Brückenneubau ist der Kemmlerplatz nur von der Mühlstraße aus befahrbar und teils gesperrt. Foto: Jürgen Meyer
Wegen der aufwendigen Arbeiten für den Brückenneubau ist der Kemmlerplatz nur von der Mühlstraße aus befahrbar und teils gesperrt.
Foto: Jürgen Meyer

Beschwerden wegen fehlender Parkplätze

Auch Hossein Dhahir vom benachbarten Feinkost-Stand Momeni berichtet von Einnahme-Verlusten in einer Größenordnung von etwa 20 Prozent. Die meisten Kunden-Beschwerden kämen wegen fehlender Parkplätze. »Aber da kann man nichts machen.« Christoph Kieß von der Gärtnerei Kieß in der Eckenerstraße bekommt die Baustelle weniger zu spüren als seine Mitstreiter. Seit 40 Jahren bietet er auf dem Betzinger Wochenmarkt selbst angebautes Gemüse, Obst und Blumen an. »Das ist ein Selbstläufer.« Klar sei es momentan unattraktiv für Kunden, dass die Hoffmannstraße nicht durchgängig befahrbar ist. »Aber die, die sich auskennen, kommen.« Und die Baumaßnahme müsse »ganz klar« durchgezogen werden. »Wir packen das schon.«

Wunderschöner Spaziergang

Ähnlich der Tenor bei Hans-Georg Nestel, Geschäftsführer des gleichnamigen Schuhhauses in der Steinachstraße. »Es ist eindeutig so: Wir haben Umsatzeinbußen in der Straße.« Hauptgrund ist seiner Beobachtung nach, dass die Kunden dort nicht genügend Parkplätze finden, und der Kemmlerplatz teils gesperrt ist. Für Fußgänger sei vom Kemmlerplatz aus der Zugang zu den Geschäften in der Steinachstraße außerdem »ein bissele schwierig«. Dafür aber reizvoll. »Sie können den Einkauf mit einem wunderschönen kleinen Spaziergang an der Echazaue verbinden: Ich sehe das alles sehr positiv.« Zwar bringe die Baustelle eine Zeit lang Nachteile mit sich, »aber hinterher haben wir’s besser«. (GEA)