REUTLINGEN. Jetzt hängen Politiker und Parteien wieder an den Laternen und versuchen sich ganz gegen ihre Natur in der Kunst, mit wenigen Worten das Wesentliche zu vermitteln. Was mal mehr, mal weniger gelingt.
»Nichts reimt sich auf Reutlingen. Aber die SPD passt perfekt«, behaupten die Sozis kühn und schmieden ihrerseits Verse wie »Fahrrad, Auto, Bobbycar: Gut geplant kommt jeder klar.« Volt versucht es hingegen mit knapper Prosa: »Sei kein Arschloch – Deine Stimme gegen Rechtsextremismus«.
Tierisch: »Die Partei« (die im Kreisvorstand übrigens eine Ministerin »für Menschen mit Menstruationshintergrund« hat) zeigt uns zu »Willkommen im Biosphärengebiet« einen toten Vogel. Quietschlebendig wirken hingegen die vierpfotig-flauschigen Spitzenkandidaten der FDP, die sich im Falle ihrer Wahl vermutlich für die Abschaffung des Leinenzwangs stark machen werden.
Klartext sprechen die CDU-Plakate: »Wir fahren mit dem Auto in der Stadt«, gestehen vier Kandidaten über ihren Konterfeis. Ein verdammt mutiges Outing für vier junge Menschen, die noch so vital aussehen, als könnten sie wenigstens ab und an mal das Rad nehmen. Mittels des – längst beschlossenen – Renommierprojekts Oberamteistraße buhlen die Christdemokraten um weitere Wählergunst. Das Plakat »Für Schulsanierungen statt Glashaus« steht zielgruppenorientiert unter anderem vorm Isolde-Kurz-Gymnasium – als Musterstück politischer Bildung für den Staatsbürgernachwuchs mit leicht verständlicher Aussage: Was gehen mich in der Demokratie Mehrheitsbeschlüsse an.
Wirklich ansprechend ist auch die FWV mit ihren Doppel-Plakaten. Da prangt beispielsweise der Kandidatenname »Jürgen U. Fuchs« auf der oberen Pappe und ab dem Hosenlatz unten ein zupackendes »Mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen«. Dazu hat der Soft-Terminator aus Orschel eine Bohrmaschine in der Hand. Wow! Gute Umsetzung, klare Botschaft: Politik braucht Unterleib. (GEA)