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Tauben in Reutlingen: Erstmal kein Netz unter der Brücke

Sie erinnert langsam an eine Posse: Die Geschichte der versuchten Tauben-Vergrämung unter der Eisenbahnbrücke. Das Netz, das die Feuerwehr jüngst zur Tierrettung öffnen musste, wird erstmal nicht wieder angebracht. Was dahinter steckt und wie es weitergeht.

Die Eisenbahnbrücke Unter den Linden: Vor allem wegen ihrer gefiederten Bewohner aktuell im Gespräch.
Die Eisenbahnbrücke Unter den Linden: Vor allem wegen ihrer gefiederten Bewohner aktuell im Gespräch. Foto: Dieter Reisner
Die Eisenbahnbrücke Unter den Linden: Vor allem wegen ihrer gefiederten Bewohner aktuell im Gespräch.
Foto: Dieter Reisner

REUTLINGEN. Langsam ähnelt sie - auch bei gutmütiger Betrachtung - einer kleinen Lokal-Posse: die versuchte Taubenbekämpfung unter der Eisenbahnbrücke Unter den Linden durch die Stadt. Wer diese Unterführung mal durchschritten hat, der weiß genau, wieso Handlungsbedarf besteht: Taubenkot, Federn und immer wieder auch tote Tiere liegen auf der Straße und dem Gehsteig. Das sieht eher unschön aus und riecht noch viel unschöner.

Jahrelang verhinderte die Deutsche Bahn als Eigentümerin der Brücke zunächst sinnvolle Maßnahmen zur Taubenbekämpfung. Es wurden Spikes angebracht - die keine Wirkung zeigten. Dann wurden in aufwendigen Aktionen Taubeneier ausgetauscht, um die Montage eines Abwehrnetzes vorzubereiten. Die Tauben sollten aus Tierschutzgründen umgesiedelt werden. Das besagte Netz wurde schließlich auch angebracht - um nur einen Tag später von der Feuerwehr direkt wieder aufgerissen zu werden. Passanten hatten die Rettungskräfte gerufen, da sich noch Tauben hinter dem Netz befanden. Die Feuerwehrleute schritten zur Tat, das Netz war erstmal wieder Geschichte.

Interims-Taubenschlag wird geprüft

Und das bleibt es vorerst auch. »Wir haben uns entschieden, die Errichtung eines mobilen Taubenschlags in der Nähe der Brücke als Interimslösung zu prüfen, bevor das Taubennetz erneut angebracht wird«, teilt Stadt-Pressesprecher Dennis Koep mit. Diese Entscheidung scheint man im Rathaus ziemlich kurzfristig getroffen zu haben. Denn sowohl Lokalpolitiker als auch Tierschützer waren davon ausgegangen, dass das Netz am vergangenen Sonntag wieder montiert wird.

Die Initiative »Eine Stimme für Tauben« hatte deshalb direkt zur Mahnwache für die Tauben geladen, denen die Heimat unter der Brücke genommen werden sollte. Die Mahnwache hätte um 7 Uhr starten sollen - pünktlich zu Beginn der Vergrämungsarbeiten. Doch die Netzanbringung wurde am Samstagabend kurzfristig abgesagt. Und die Mahnwache daraufhin auch. Auf die Gründe für die doch sehr kurzfristige Absage geht die Stadt-Pressestelle in ihrer Stellungnahme an den GEA nicht ein.

Immer wieder säuberte eine Firma die Straße vom Kot.
Immer wieder säuberte eine Firma die Straße vom Kot. Foto: Dirk Böhm
Immer wieder säuberte eine Firma die Straße vom Kot.
Foto: Dirk Böhm

Generell lässt sich aber sagen, dass Rathauspersonal und Tierschützer in Sachen Traubenvergrämung eher gegensätzliche Meinungen haben. Die Tierschützer behaupten, die Tauben würden sich durch eine Vertreibung von der Brücke auf umliegende Gebäude verteilen und »unkontrolliert« vermehren. »Wir teilen diese Befürchtung nicht. Die Tauben unter der Brücke haben sich vor Beginn des Eiertausches bislang auch nicht in dem Maße vermehrt, wie hier von der Absenderin erwartet«, so Stadt-Pressesprecher Koep. Während die Tierschützer von 400 bis 500 Tauben sprechen, die unter der Brücke leben, operiert die Stadt mit anderen Zahlen. Im Rathaus geht man von 200 bis 300 Tauben aus.

Qualvoller Tod der Tauben befürchtet

Eine Sprecherin der Initiative »Eine Stimme für Tauben« befürchtet, dass durch eine Vergrämung bei »diesen frostigen Temperaturen« viele Tauben qualvoll sterben würden. Auch das sieht die Stadt anders: Man habe die Maßnahmen mit der unteren Naturschutzbehörde abgesprochen und mit dem Veterinäramt abgestimmt. Deshalb sei sichergestellt, »dass unsere Maßnahmen im Einklang mit den Tierschutzvorschriften stehen«.

Zusätzlich zum Interims-Taubenschlag, der nun geprüft wird, wird ein weiterer Taubenschlag in der Nähe der Brücke gebaut. Ob er das Problem lösen kann? Die Stadt gibt immerhin zu Bedenken, dass auch Essensreste unter der Brücke wie ein Magnet für viele Tauben wirken. (GEA)