REUTLINGEN-BETZINGEN. Die eigentliche Baumaßnahme – Abriss und Neubau der Echazbrücke samt Sperrung der Hoffmannstraße – kommt erst noch. Ärger und Irritationen gibt’s aber schon bei den vorbereitenden Arbeiten. Tonnenschwere Stahlteile für eine Kabelbrücke mussten am Dienstagvormittag per Kran auf den Kemmlerplatz gehievt werden, aus Sicherheitsgründen wurde deshalb die Kreuzung zur Steinachstraße ab Montagmorgen dicht gemacht – zur Überraschung von Anliegern und Einzelhändlern, die von nichts wussten. Die Stadt hatte sie nicht informiert, dass die Einkaufsstraße plötzlich Sackgasse wird.
Ungewohnte Ruhe
Leere Parkplätze, kein Mensch im Laden und auch sonst kaum Kunden unterwegs: Hans-Georg Nestel, Geschäftsführer der gleichnamigen Schuhhäuser in der Steinachstraße und Vorsitzender des örtlichen Gewerbevereins, wunderte sich am Montagmorgen über die ungewohnte Ruhe in der Einkaufsstraße.
Des Rätsels Lösung entdeckte er beim Gang vor die Tür: Die Kreuzung Hoffmann-/Steinachstraße war abgesperrt, für Autos aus Richtung Kreissparkasse gab’s kein Durchkommen. Nestel fiel aus allen Wolken, denn er war wie alle Anlieger von der Stadt zwar informiert worden, dass die vorbereitenden Arbeiten für den Brücken-Neubau in der Hoffmannstraße starten und deshalb die Brücke nicht mehr befahrbar ist. Von einer Sperrung der Kreuzung war aber keine Rede.
Hans-Georg Nestel rief bei der Stadtverwaltung an, um herauszufinden, was los ist. Und erlebte die nächste Überraschung: Man wisse nichts von einer Sperrung, hieß es. Der zuständige Sachbearbeiter setzte sich immerhin sofort ins Auto, um sich selbst zu überzeugen. Und musste feststellen, dass es die Sperrung tatsächlich gibt, die Schilder aber falsch aufgestellt sind. Was korrigiert wurde. Später sicherte man auch zu, eine Umleitung auszuschildern. Denn, so Nestel: »Wir sind ja anfahrbar.« Dass sich die Stadtmitarbeiter sofort kümmerten, sehr bemüht und freundlich gewesen seien, findet er löblich. Und dass die Sperrung sein muss –mehr als nachvollziehbar. »Sehr ärgerlich ist für uns aber, dass die Kommunikation gefehlt hat.«
Noch mehr Ungereimtheiten
Die fehlte offenbar nicht nur bei den Anliegern, sondern auch bei der RSV. Michel Ehinger, Inhaber des gleichnamigen Schreibwarenladens, berichtet von zwei Gelenkbussen, die am Dienstagmorgen in die Steinachstraße reinfuhren und mangels Wendemöglichkeit rückwärts wieder rausfahren mussten. Ohne Fahrgäste, denn die Haltestelle ist verlegt. Laut Aushang bis Freitag, 26. April, laut mündlicher Mitteilung des Ordnungsamtes aber bis 10. Mai, so Hans-Georg Nestel zur nächsten Ungereimtheit.
Fragen über Fragen. Auch im Bezirksamt ist man verwundert. Wie die Anlieger wurde es am vergangenen Mittwoch von der Stadtverwaltung über die vorbereitenden Maßnahmen samt Brückensperrung informiert. Dass das beauftragte Unternehmen einen Kran in der Hoffmannstraße und auch der Ecke Steinachstraße aufstellen darf, erfuhr es erst später und eher unter »ferner liefen«, berichtet Bezirksbürgermeister Friedemann Rupp. »Warum sagt man da nicht zwei Wochen früher: Achtung, an den und den Tagen ist die Steinachstraße nur von einer Richtung aus befahrbar, bereitet euch entsprechend darauf vor?« Wann die Bushaltestelle wieder angefahren wird – auch darüber weiß man auf dem Rathaus nichts. »Die Kommunikation«, so auch Rupp, »ist alles andere als eine Glanzleistung.«
Sperrung wieder aufgehoben
Am Dienstagvormittag ging dann das Spektakel über die Bühne, das ersichtlich machte, warum die Kreuzung gesperrt werden musste. Mit Tiefladern wurden die Stahlteile für die provisorischen Kabelbrücken bis zur Ecke Steinach- und Hoffmannstraße transportiert. Dort nahm sie der Kran an den 40-Meter-Haken, um sie auf den Kemmlerplatz zu bugsieren. In die beiden Stahlbrücken – eine über, eine entlang der Echaz – kommen wichtige Leitungen, die derzeit in der alten Brücke verlaufen.
Das Schwergewicht ist 28 Meter lang und wiegt 15 Tonnen, die kleinere Brücke bringt es auf 16 Meter und 11 Tonnen. Ein aufwendiger Kraftakt, der die Versorgung auch während der Bauzeit gewährleistet. Mit Abriss und Neubau der Brücke sowie den Straßenbauarbeiten wird nach der Fischschonzeit im Juni begonnen. Die Gesamtmaßnahme, die wichtiger Bestandteil des Betzinger Hochwasserschutzkonzeptes ist, soll im Oktober 2025 abgeschlossen sein.
Nico Gründler, Bauleiter der beauftragten Firma Leonhard Weiss, sagte auf GEA-Anfrage, die verkehrsrechtliche Anordnung für die Sperrung habe er vor über einem Monat bei der Stadt beantragt. Die Erlaubnis bekam das Unternehmen für die ganze Woche. »Zur Arbeitserleichterung und aus Sicherheitsgründen, der Kran muss ja noch abgebaut werden«, so Gründler. Dass die Betzinger nicht begeistert sind von den Beeinträchtigungen, sei der Firma klar. »Wir versuchen das Beste und sind auf die Anwohner zugegangen.« Deshalb und weil alles »extrem gut und schneller als erwartet« gelaufen sei, habe er schon am Nachmittag die Sperrung aufgehoben.
Am späten Dienstagnachmittag nahm die Stadtverwaltung per Mail Stellung zur Sperrung. Darin wird die Baumaßnahme beschrieben, unter anderem heißt es, dass die Errichtung der Kabelbrücke »im Zeitraum von 22. April bis voraussichtlich 10. Mai erfolgen soll«. Sobald der zweite Lkw mit den »Megablöcken« entladen werde, gebe man die Steinachstraße halbseitig wieder frei, lässt das Tiefbauamt zu einem Zeitpunkt wissen, als das längst passiert war. Und weiter heißt es: »Die Freigabe der halbseitigen Sperrung ist noch für heute geplant und dauert voraussichtlich bis Ende dieser Woche. Ab nächster Woche wird die Steinachstraße voraussichtlich wieder komplett freigegeben.« (GEA)


